graublaue Fadenscheinigkeit
jener Nebelschlieren, die immer
noch an meiner alten Seele nagen
an verregneten Sonntagsfrühstücken
irrational predigtloser Vergesslichkeiten,
euer blasses Himmelsgeschwätz schöpft mir
kein Wasser mehr, doch suche ich immer weiter,
wandere in gewohnter gedanklicher Ungeordnetheit,
kristallisiere blinde Tassen Gesänge, bis sie zu Staub
zerfallen, Kaffeesatz aller gerösteten Unwahrheiten,
nun sieben Wochen Lügenfasten, sieben Wochen
Neidenfasten, nun sieben Wochen Hämefasten,
sich lieben, umarmen, ist Leben, nur das
zählt in der vor-österlichen Fastenzeit
des fressmüden verzichten Wollens,
wenn die Gewissen erwacht sind
Kommentare
Es gilt gar in der Fastenzeit:
Ein guter Text ist stets gescheit!
LG Axel
Dass Du Dich meldest, bringt mir Freude - ich grüß’ Dich in den Sonntag heute;
ja, sich besinnen, mal nicht hasten – das ist der tiefe Sinn vom Fasten …
Marie
Tatsächlich, liebe Marie, es wird gefastet ... 40 Tage lang, vom 06. März an. Und danach wird wieder gefressen, was das Zeug hält. ... Wäre es nicht besser, sich das ganze Jahr über zu mäßigen ... Und ja, dieses blassblaue Himmelsgeschwätz ... Was für gute Metaphern Du wieder gefunden hast. Ich bin begeistert von diesem super Revoluzzergedicht ... obwohl ich irgendwann mal, vor langer Zeit, eine wirklich schöne kleine Bibel in einem Antiquariat in Hamburg gekauft habe und jetzt fast täglich Himmelsgeschwätz lese - die schönen Bilder schaue und mich täglich auch erschrecke über die Kriegslust Gottes, der die Israeliten immer wieder angestiftet hat, fremde Völker zu überfallen (AT: z.B.: Du wirst die Midianiter niederwerfen, erklärte Gott Gideon). Und dann dieses Fasten, ich hab mir vorhin eine dicke Stulle mit dickem Emmentaler (45 % Fett) aus echter, österr. Heumilch geschmiert. Lecker! - Fressmüder Verzicht, Lügenfasten, blinde Tassengesänge - einfach super, Marie, ich grinse immer noch vor mich hin ... Danke, für dieses ausgezeichnete Gedicht,
Liebe Sonntagsgrüße,
Annelie
DANKE, Du hoch gebildete Annelie, ja, das ganze Schlachten im Namen aller Götter, an die je geglaubt wurde, auch im Namen des EINEN, eine einzige Menschenschande, so sind wir, ich achte Religionen aber keineswegs gering, es geht nicht ohne diese Stabilisatoren, und auch die Bibel schätz ich sehr hoch ein, nicht nur, aber auch ein Geschichtsbuch, das AT, und aus dem Neuen hole ich mir immer wieder Trost aus einzelnen Kapiteln, zum Beispiel aus der Bergpredigt; hin und wieder höre ich gute Predigten, die mir Rat für den Alltag geben, durchaus, aber oft ist es auch routinemäßiges Immerschongesagtes, das die Jungen nicht mehr anzieht; und ich begreife die total unchristlichen Menschen verachtenden Regeln zumindest der katholischen Kirche überhaupt nicht, Kinderschändung ohne Sühne, klein-klein karierte Vorschriften für Geschiedene, Nichtzulassung der Frauen zum Priesteramt, und, und und, könnte Seiten füllen, bringt aber nichts; dennoch finde ich Fastenzeiten gut, bewusst Verzicht in dieser reichen Gesellschaft, Plastiktütenverzicht für immer und-so-weiter …
Dir einen frohen Sonntag!
Fasten, den Reichtum hinterfragen,
Genügsam sein, mal nicht zu klagen,
Dem Geist 'ne Fastenkur verpassen,
Verzicht auf Zorn, Gewalt und Hassen,
Der Liebe dienen, Wort ohne Krallen:
So würde mir Fasten gefallen.
Gern hielt ich an, zu Gast, bei Dir,
Die Zeilen, die gefallen mir :)
Liebe Grüße
Ella
"Worte ohne Krallen" - das trifft es besonders gut, wir könnten und müssten auf vielfältige Art dauerhaft fasten, danke, danke, Ella,
auch für das gekonnte Rückgedicht, liebe Grüße zu Dir, Du begabte Reimerin ...
Marie
sehr wahre Worte!
LG
Alf
danke, Alf, freut mich!
LG Marie
Heilfasten, sich an Grenzen bringen,
die Seele spürt man anders schwingen,
tiefere Erkenntnisse – sie werden wach,
das hat mir mal eine Fasterin gesagt …
Herzliche Grüße und danke für dein nicht nur zur Osterzeit passendes und gutes Gedicht, liebe Marie
Soléa
Mein herzlicher Dank fliegt zu Dir zurück, liebe Soléa, Recht hast Du, wir sollten nicht nur zur Osterzeit fasten und uns nicht nur beim Essen und Trinken mäßigen - dieser Erde und der Zukunft derer, die nach uns kommen zuliebe ...
sei lieb gegrüßt - Marie