Die Macht des Mythos

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von Jürgen Wagner

Ein Mär-chen, das mag jeder hören,
doch eine Mär, die wird auch stören
'Vom Himmel hoch' kam eine her,
gesungen leicht - doch mächtig schwer

bedrückte sie die Menschheit eben:
sie würde schlecht und sündig leben
mit falschen Göttern, falschem Glauben
Ein jeder würde lügen, rauben

Nur dieser Gott, der könnte retten
und sie befreien von den Ketten
mit blut’gem Opfer, wie man hört,
das sich der Gott noch selbst beschert

Den Irrsinn kann man schon durchschauen,
kann wieder sehen, hör’n, vertrauen,
die Welt so lassen, wie sie ist:
den Glanz, den Wandel und den Mist

und dies an einer Knospe lernen:
das Wunder kommt ja von den Sternen
und weckte Mutter Erde auf
So nahm das Leben seinen Lauf

und hat sich lange schon erhalten
Es mag vorangeh’n, sich entfalten
Es ist es wert, dass man es liebt
und dankbar etwas von sich gibt

Das Christuslicht wird weiter scheinen
Und bist du mal mit Dir im Reinen,
so kannst Du frei auf Erden wandeln,
kannst leben, sterben, ruhen, handeln

'Mär' war im Mittelhochdeutschen die Erzählung, Kunde: 'das war aber eine erbauliche Mär!' So verwendete es auch Luther in seinem Weihnachtslied: „Vom Himmel hoch, da komm ich her, ich bring’ euch gute neue Mär“. Das Mär-chen ist die Verkleinerungsform: die kleine Geschichte, die kleine Kunde. Das kann wertschätzend gemeint sein - oder auch kritisch: 'das war ein märchenhafter Tag!' - 'Erzähl mir keine Märchen!'

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Musik: Robert Gass; Gestaltung: Jürgen Wagner
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