Vor dem Kadi ( ein Kriminalgedicht )

Bild von Ekkehard Walter
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"Euer Ehren, würden Sie mir freundlicherweise gestatten,
Ihnen zu berichten, warum ich mich entledigte meines Ehegatten?"
Der Richter sprach: "Nun gut,
wenn es Ihr Gewissen entlasten tut."
"Das Hauptproblem, Herr Richter, war, dass mein Ehemann
sich immer mehr entwickelte zum Haustyrann."
"Auch wenn ich versuche zu verstehen Ihre Sicht,
so rechtfertigt dies doch seine Ermordung nicht."
"Ermordet habe ich ihn nicht, Euer Ehren,
nur etwas nachgeholfen,weshalb wir höchstens bei Totschlag wären.
"Nachgeholfen, wie bitte soll man dies versteh'n,
was ist denn an diesem Abend bloß gescheh'n?"
"Wissen Sie, Herr Richter, mein Mann hatte es etwas mit dem Herz
und deftiges Essen, wie er es mochte, verstärkte stets noch seinen Schmerz.
Obwohl ich dies wusste, versorgte ich ihn also weiter
mit ungesundem Essen, bis er dann fiel von der Sprossenleiter."
"So ist es also gar kein Mord, sondern ein Unfall gewesen?"
"Genau, Herr Richter, er fiel und ist nimmermehr genesen."
"Ja, aber warum lautet dann diese Anklage auf Mord?"
"Wahrscheinlich weil jemand sah, wie ich ihn blutend trug hinfort."
"Was haben Sie denn dann mit ihm gemacht?"
"Ich hab ihn bis zum Fahrradschuppen dann gebracht."
"Der Schuppen, in welchem man ihn dann fand?"
"Jawohl, Herr Richter, der Schuppen, der danach hat gebrannt."
"Sie haben auch noch den Schuppen in Brand gesteckt?"
"Nun ja,ich wollte nicht, dass jemand ihn vorab entdeckt."

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