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PROLOG
Kafkas Roman-Fragment „Der Verschollene“ (von ihm selbst so betitelt, bekannter jedoch unter dem Namen „Amerika“) fortzuführen, zu einem Abschluss zu bringen, mag vielen Lesern als ein Sakrileg gelten. Ich habe nicht den Anspruch und auch nicht das Talent, mich mit dem Meister zu messen, noch an ihm gemessen werden zu wollen. Ich setze lediglich, in ernsthafter Manier, fort, was ich selbst schon so oft mit großer Liebe zum Detail gelesen habe. Hat sich das nicht Jeder schon einmal gefragt, während der Lektüre: Wie könnte diese Geschichte denn wohl ausgehen?
Ich unterteilte meine Arbeit in insgesamt 4 Kapitel: I = Die Reise, II = Die Ankunft, III = Arbeitstage, IV = Die Wiedervereinigung. Mein Appendix schließt genau dort an, wo das Fragment Kafkas endet. Der Zugreise von Clayton nach Oklahoma City. Dort soll Negro, so nennt sich Roßmann hier, einen technischen Arbeiter beim Natur-Theater von Oklahoma ersetzen bzw. die dortige Crew vergrößern. Eine Erklärung, warum es Karl Roßmann beim Personalchef der 10. Werbetruppe als „Negro“ versuchte, hat es nie gegeben. Mir war bewusst, dass Roßmanns fehlende Papiere in Oklahoma City dazu führen würden, seinen Weg zurück verfolgen zu müssen. Und ohne Zweifel wären die Behörden auf das Hotel Occidental gestoßen, und auch auf den Senator, Edward Jakob. Man hätte demnach einen Verbleib Roßmanns beim Natur-Theater Oklahoma auf gar keinen Fall dulden können. Wie wollte er das Pseudonym denn erklären? Da es damals genug Menschen gab, die eine Arbeit suchten, hieß es bei solch delikaten Fällen: Im Zweifel gegen den Arbeitswilligen. Ein anderer hätte diesen Posten erhalten. Und Karl Roßmann wäre erneut, wie einst nach dem Rauswurf beim Onkel, in die Obdach- und Mittellosigkeit, hinein in dieses so gewaltige Land Amerika (dem Land seiner Träume und der grenzenlosen Möglichkeiten), entlassen worden.
Mir gefiel jedoch der Gedanke, dass Roßmann nun endlich auch einmal Fuß fasst. Nach dem Scheitern A (Senator/Onkel), dem harten Rauswurf B (Hotel Occidental) und der Beendigung des Dienstverhältnisses C (Brunelda), wollte ich, dass dieser gebeutelte, so junge Mann endlich seine Bestimmung, seinen Platz im Leben findet.
Für mich erschloss es sich, ihm beim Natur-Theater Oklahoma einen festen Platz zu geben, eine Arbeit, die er mit Zufriedenheit und leichten Glücksgefühlen erlebt - und ausführt. Er hat jedoch einen heimlichen Traum, will seine großen Möglichkeiten, den vielen Talenten entsprechend, ausschöpfen. Ohne dabei Verpflichtung und Demut zu vernachlässigen. Konsequent und stringent geht er seinen Weg... Eine Bemerkung noch: Sollte ein Verlag Interesse zeigen, werde ich die 4 Kapitel deutlich auszubauen wissen, gegebenenfalls auch noch ein 5. Kapitel anhängen (Eine neue Periode/New period). Die Romanlänge dürfte damit dann auch erreicht werden.
Man muss „Amerika“ nicht gelesen haben, um meinen Protagonisten R zu verstehen, seine Handlungsweise nachvollziehen zu können. Man muss nur eine gewisse Liebe zu Franz Kafka „mitbringen“, um Freude an dieser Lektüre zu haben. Ich habe meine Sprache der des Dr. Franz Kafka zu seiner Zeit angeglichen. Ich schreibe also vom „Mute der Verzweiflung“, „Er befand sich im Hause“ oder auch von einer „Melodei“. Die Schneeketten kommen darin vor (Anitderapants), und auch das Portefeuille. Ein Sessel heißt, folgerichtig, Fauteuil.
Völlig antik ist der Stil jedoch nicht. Es sollten ja nur Ähnlichkeiten daran erinnern, in welchem Stil Kafka einst schrieb, eben der eigenen Epoche gemäß. Nebenbei: Dass er Jiu Jitsu erwähnt, gehört mit zum Bild eines „aufgeschlossenen Europäers“ seiner Zeit. Ich habe mich im Gegenzug dazu entschlossen, den jungen Karl Roßmann Cola trinken zu lassen. So gleicht sich denn alles aus im Leben. Aus dem Europäer wird, mit den Jahren, ein junger Amerikaner, der es versteht, sich den Gegebenheiten sehr gut anzupassen. Kafka-Kenner sollten mich nicht verdammen, es wäre ja, wie schon erwähnt, vermessen, sich mit Kafka in einem Satz nennen zu lassen (und diejenigen, die Dr. Franz Kafka noch gar nicht kennen, sollten sich vielleicht zum Einstieg gerade „Amerika“ einmal vornehmen; dieses Roman-Fragment bietet eine ergötzliche Reise in eine recht bizarre Welt - wortgewaltig, phantasievoll und so reich an Wendungen).
Dies ist Version II, da ich die erste Version aus einem Gefühl heraus sofort auf einem Stick abgespeichert hatte und diese Datei hernach nicht wieder öffnen konnte. Leider hatte ich dann im PC alles gelöscht. Da der Stick nicht mehr funktionierte, wurde die vorliegende Version völlig neu geschrieben. Merke: Kaufe keine billigen USB-Sticks... Man mag sich in etwa meinen Frust ausmalen, als ich gute 32 Seiten verschwinden sah. Den Mut, völlig neu anzusetzen, hatte ich erst nach über 2 Wochen der Trauer.
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Historisches: Prag war insgesamt 173 Jahre lang Hauptstadt des Deutschen Reiches (länger als Berlin, sogar mit der Wiedervereinigung). Von 1347 - 1400, und nochmals von 1526 -1649. Berlin: Von 1867 (1871) bis 1945 Reichshauptstadt, also bestenfalls 78 Jahre. Während diese Geschichte spielt, ist Prag eine enorm wichtige Stadt in der k. u. k. Doppelmonarchie, aus dem Deutschen Bund heraus entstanden, mit etwa 60 Prozent deutscher und rund 40 Prozent tschechischer Bevölkerung.
Die erste deutsche Universität wurde 1348 von Kaiser Karl IV. In Prag gegründet. Drei deutsche Kaiser liegen in Prag begraben: Karl IV., Ferdinand I., Maximilian II.
Angesichts der Tatsache, dass einige der wichtigsten Literaten deutscher Sprache aus Prag kamen respektive durch Prag stark geprägt wurden (Kafka, Brod oder Rilke) und dass zu den einflussreichsten Zeitungen des gesamten deutschen Sprachraums das „Prager Tagblatt“ gehörte, ist Prag zweifellos stark von der deutschen Sprache und durch das Habsburger Reich geprägt. Dr. Franz Kafka liegt im Neuen Jüdischen Friedhof in Prag begraben, schrieb seine bekanntesten Werke in deutscher Sprache. Ihm zu Ehren verfasste ich diese Fortsetzung seines Amerika.
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Teil I - Die Reise (Journey)
Ihre Zugreise begann in Clayton, Missouri. Das Ziel würde in 2 Tagen und 2 Nächten erreicht werden, Oklahoma City, Heimat des Natur-Theaters Oklahoma. Karl war froh und sogar ein wenig glücklich darüber, Giacomo, seinen Freund aus der Zeit im Hotel Occidental in Ramses, bei und um sich zu haben. Wie ein Welpe hüpfte und sprang Giacomo, sah aus dem Fenster, zupfte Karl am Ärmel, wenn er etwas Aufregendes zu vermelden hatte, das gerade an ihnen vorbei zog, oder rannte im Gang, aufgeregt und kaum zu bremsen, auf und ab. Er flitzte und hüpfte, sprang und tobte herum, so dass Karl, nur