Als ich ging, war ich noch jung,
Freute mich auf reichen Segen;
Voller Tatendrang und Kraft,
Strebt' ich diesem Ziel entgegen.
Fragte nicht, was geb' ich auf,
Für die bunt gemalten Träume;
Wollte nur nach vorne schauen,
Ließ zurück der Heimat Bäume.
Fragte nicht nach meiner Sprache,
Hat sie denn auch einen Wert?
Wollte nur nach vorne schauen,
Und vergaß die Mundart schnell.
Fragte nicht nach meinem Glauben,
Dachte, den nehm' ich doch mit;
Wollte nur nach vorne schauen,
Ließ die Kirchenburg zurück.
Fragte nicht nach alten Liedern,
Nein, die störten nur den Blick;
Wollte nur nach vorne schauen,
Ließ die Gräber auch zurück.
Ordentlich, mit stetem Fleiß,
Schaffte ich ein neues Leben.
Bunte Träume wurden wahr.
Ist das nun der reiche Segen?
* * * * * * * * * * * * * * * * * * *
Die Zeit ließ mich reifen
Und nun wird mir klar,
Ich zahle den Preis,
Für der Träume Wahn.
Die Heimat
habe ich aufgegeben
Und mit ihr zugleich,
Einen reichen Segen.
Ein sehr hoher Preis
Für scheinbares Glück;
So sehr ich bedaure,
Kein Weg führt zurück.
Einst wird man sagen,
Sie wanderten aus
Und ließen zurück
Ihr Brauchtum, ihr Haus.
Im Buch der Geschichte
Kann man es lesen:
Sie sind nicht mehr,
Sie sind - Gewesen!
16.Februar, 2018
Es handelt vom Auswandern der Siebenbürger-Sachsen aus ihrer alten Heimat Transsilvanien, in die alte/neue Heimat Deutschland. Als ich damals, als sechzehnjährige, 1985, auswanderte, freute ich mich Ceaușescus Diktatur und Unterdrückung zu entkommen. Der Preis, den wir dafür bezahlen, ist hoch. Die Siebenbürger-Sachsen sind bald Geschichte.
Kommentare
Liebe Ella, alles, was ich sagen wollte, würde hohl klingen vor deinem tiefen Empfinden. Nur das: Von UNS hier (und wir sind bei lpro nicht die Blödesten der Nation) bist du herzlich aufgenommen, hier eine zweite Heimat zu finden.
Trost dir!
Uwe
Oh, wie schön! Ich danke Dir, lieber Uwe. Bin ganz ergriffen, froh und dankbar Teil dieses wunderbaren Kreises zu sein. :)
Ganz liebe Grüße,
Ella
Ella, Dein Gedicht geht wirklich sehr nahe. Und dass Du nach so langer Zeit noch so empfindest, ist eine wahre Schmach für das Land, das Du gewählt hast. Da muss man sich schämen. Es bestätigt mir aber auch, dass ich richtig liege mit meinen Gedanken, die mir manchmal kommen, wenn mich das Verhalten so mancher Mitbürger (Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Selbstverherrlichung) total abtörnt. Möglicherweise wäre es Dir in Deiner alten Heimat besser ergangen. Im Übrigen schließe ich mich Uwes Worten an. Ich bin froh, dass Du hier mitmachst.
Liebe Grüße zu Dir ... Ella,
unser transsilvanisches Prachtexemplar,
Annelie
Liebe Annelie,
vielen Dank für die einfühlsamen Worte und Dein Verständnis. Die meisten Menschen, denen ich hier begegne, sind freundlich und nett. Sie beurteilen mich nicht danach wo ich herkomme, sondern danach wer ich bin. Das ist toll.
Womit ich damals nicht gerechnet habe, war, dass wir "Sibis" zwischen den Stühle sitzen. In Rumänien waren wir die unliebsamen Deutschen und hier, die kriminellen Rumänen.
Dennoch ist Deutschland ein wunderbares Land, mit vielen schönen Menschen, so wie in diesem Kreis, die ich nicht mehr missen möchte :)
Ich bin glücklich, dass meine Kinder nicht in einer unterdrückenden Diktatur aufwachsen müssen, sondern in einem freien, demokratischen Land, dass ihnen viele Möglichkeiten eröffnet, die sie auch gerne nutzen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Es ist doch so: Jeder Wald hat sein trockenes Holz. Aber eine gute und starke Demokratie, so wie es Deutschland eine ist, kann das verkraften.
Ich bin niemandem böse, denn meistens steckt Unwissenheit dahinter.
Ganz liebe Grüße,
Ella
Liebe Ella, Dein Gedicht ...: Ist das nun der reiche Segen? Alles, was Du aufgegeben hast, dort? Kriminelle Rumänen?, spricht allerdings eine ganz andere Sprache ... Aus Deinen Zeilen weht mir eine große Wehmut entgegen. Unwissenheit? Braucht es denn überhaupt Gewissheit, wenn ich einem Menschen gegenüberstehe, der freundlich zu mir ist, der mir nichts getan hat, dem ich dann aber Ablehnung entgegenbringe, weil ich Vorurteile habe? Es ist richtig, dass man nicht jedem Menschen trauen sollte, aber ablehnen, weil ein Mensch aus einem Land kommt, das möglicherweise in Verruf steht ... ist Dummheit p u r. Man sollte mit solchen Menschen, die solche Vorurteile pflegen, gar nicht "verkehren".
Liebe Annelie,
mit Freude stelle ich fest, dass Du das Problem erkannt hast. Über dieses Thema könnte ich Romane schreiben, leider besitze ich nicht das Talent dazu, gute Texte zu schreiben, daher beschränke ich mich auf's Gedichte schreiben.
Dieses Gedicht greift verschiedene Facetten des Empfindens auf.
Als Ceaușescus unterdrückende Diktatur unerträglich wurde, beschlossen die meisten Siebenbürger-Sachsen auszuwandern, zurück in ihr Mutterland Deutschland, wie sie es nennen. Als ich damals mit meiner Familie auswanderte, war ich noch sehr jung. Ich freute mich einfach auf die neuen Möglichkeiten, ohne zu fragen,oder mir bewusst zu sein, was ich eigentlich zurücklasse.
Gereift, ziehe ich im zweiten Teil des Gedichtes ein Fazit:
Die Träume und die Sehnsucht nach einem besseren, freien Leben haben einen Preis. Indem ich meine Stadt / mein Dorf, also meine Heimat aufgab, gab ich auch das Vertraute, das Liebgewonnene, die Geborgenheit der Gemeinschaft und ein Stück Tradition, auf.
Da es in Rumänien kaum noch Siebenbürger-Sachsen gibt, verfallen viele Dörfer und Kirchenburgen. Obwohl wir entschieden zu gehen, tut dieser Verfall weh. Mit der Zeit verfallen nicht nur die Gebäude, sondern, so nach und nach geraten in der "Fremde" (also hier in Deutschland) auch die Bräuche, die Traditionen, die Mundart in Vergessenheit, weil die kommenden Generationen den Bezug dazu verlieren werden.
Das Ende des Gedichtes beschreibt auch das Ende der Siebenbürger-Sachsen. Irgendwann sind sie nur noch Geschichte - Gewesen also. So wie sie jetzt schon in Siebenbürgen nur noch "gewesen" sind, werden sie irgendwann gänzlich "gewesen" sein.
Daher die Wehmut, die auch Du im Gedicht spüren konntest.
Deutschland ist ein wunderbares Land in welchem die Siebenbürger-Sachsen eine schöne neue Heimat gefunden haben, dennoch bleibt die Wehmut über das Verlorene und das Heimweh nach all dem.
Da wir in Rumänien geboren wurden, nahmen und nehmen viele hiesige Deutsche an, wir seien Rumänen.
Und wer denkt nicht an die kriminelle Banden, wenn er das Wort Rumänien hört. Die Verwechslung macht vielen Siebenbürger-Sachsen zu schaffen, da sie ihren "Ruf" in Gefahr sehen. Um das zu vermeiden, sagen die meisten sie seinen in Siebenbürgen / Transsilvanien geboren.
Noch sind die Siebenbürger-Sachsen gut vernetzt, pflegen einige ihrer Bräuche, sprechen noch die Mundart, aber irgendwann sind sie nur noch Geschichte.
Habe versucht mich kurz zu fassen, es ist mir nicht so ganz gelungen, liebe Annelie.
Ganz liebe Grüße,
Ella
Liebe Ella, Ekki meinte eventuell mit "halber", dass es noch ein Kind ist, ein kleines, ein halber Mensch ... ach, das hört sich auch doof an. Aber Ella, danke für Deine Erklärungen, die ich alle gut nachvollziehen kann. Ich denke nicht an kriminelle Banden, wenn vom Land "Rumänien" die Rede ist. Ich denke an Paul Celan und Rose Ausländer und Ella Sander. Ich denke an liebe, interessante Menschen. Und das wird immer so sein, was auch immer dort geschehen wird. Rumänien ist ein relativ armes Land. Viele Menschen hungern dort. Kein Wunder, dass sich die Kriminalität dort ausbreitet. Allerdings gibt es auch eine Menge reicher Leute, die hochkriminell sind, in reichen Ländern. Und bedenke, was soll Deutschland denn sagen, wenn noch nach so langer Zeit Deine Tochter, die nichts, aber auch rein gar nichts mit den Naziverbrechen zu tun hatte, in Amerika gefragt wird, ob sie Hitler kenne. Das ist doch sowas von dusselig, und man fragt sich, ob sich da bereits der Einfluss Trumps bemerkbar macht. Ja, und Du solltest die Organisation, die Ekki Dir genannt hat, kontaktieren. Möglicherweise findest Du dort Menschen aus Siebenbürgen, mit denen Du Dich über die Heimat austauschen kannst.
Ganz liebe Grüße zu Dir,
Annelie
Liebe Annelie,
es ist schön zu wissen, dass es Menschen wie Dich gibt: klug und weise, herzlich und liebevoll mit einem großen Herz, nicht nur für die Poesie.
Ich bin gut vernetzt und mein Mann ist Mitglied in der HOG Roseln, dem Verein seines Heimatdorfes.
Dennoch leiden viele Sibis unter Heimweh und sind wehmütig. Es gibt so viele herzzerreißende Gedichte darüber. Meins ist nur eins von vielen, aber das mutigste, wie ich meine, weil es das Aussterben der Sibis prophezeit. Habe bis her noch kein Gedicht gelesen, das diesen Gedanken ausspricht.
Dankeschön , liebe Annelie, für alles was, und wer, Du bist.
Liebe Nachtgrüße,
Ella
Oh nein Ella, du irrst, die Siebenbürger Sachsen in Rumänien vielleicht, aber nicht hier in Deutschland. Meine Schwiegertochter ist auch eine ( ehemals eine Greger aus der Nähe von Herrmannstadt ). Sie stammt aus einer Großfamilie mit 6 Kindern und der Familienclan ist gut vernetzt und spricht immer noch das Sächsisch. Sogar mein Sohn musste es lernen und bald kommt das erste Enkelkind, da kannst du dir vorstellen was da los ist. Die Hochzeit vor einigen Jahren am Bodensee fand mit 120 bis 150 Gästen statt.
LG Ekki
Hallo lieber Ekki,
was meinst Du genau? Wobei irre ich mich? Möchte Dich nicht missverstehen. Beim Schreiben passieren recht schnell Missverständnisse und es wäre schade, wenn wir aneinander vorbeireden würden :)
Liebe Grüße,
Ella
Du schriebst vom Aussterben der Siebenbürger Sachsen, doch diese sterben nicht aus, höchstens in Rumänien. LG Ekki
Lieber Ekki,
Dein Wort in Gottes Ohr. Aber ich fürchte, dass das Schicksal der Siebenbürger-Sachsen schon besiegelt ist. Meine Kinder haben schon nicht mehr den Bezug dazu, wie ich den noch habe. Sie sind hier geborgen und aufgewachsen, kennen die Gemeinschaft nur so, wie sie hier möglich ist. Ihre Kinder wiederum, werden noch weniger davon mitbekommen und so weiter, bis, ja bis sie eines Tages nur noch Geschichte sind. So traurig das auch klingt. Ich wünschte ich würde eines besseren belehrt werden. Aber wer weiß, vielleicht entsteht auch was ganz neues, womit keiner gerechnet hat. Wünschen würde ich es mir. Das wäre schön :)
Ganz liebe Grüße auch an Deine Schwiegertochter, lieber Ekki. Ich habe in Mediasch gewohnt, unweit von Hermannstadt. Meine Eltern, die in Gummersbach leben, sind mit einigen Hermannstädtern bekannt.
Alles Gute,
Ella
Liebe Ella,
die Siebenbürger Sachsen sind gut aufgestellt. du musst nur einmal gut recherchieren. Es gibt sogar eine Siebenbürgengemeinschaft in Deutschland und wie gesagt, ich glaube nicht, das diese Menschen aussterben. Bald kommt mit meinem ersten Enkelkind ja auch wieder ein halber auf die Welt. LG Ekki
Ach, lieber Ekki, Du sagst es, ein "halber". was ich auf keinen Fall böse, oder abwertend meine. Bitte missverstehe mich nicht. Ein neuer, "ganzer" Mensch wird bald geboren und das ist wundervoll. Die Freude darüber ist bestimmt riesengroß und soll durch nichts und niemanden geschmälert werden. Ich gratuliere ganz herzlich. Es geht ja auch, in diesem Fall, nicht um Deinen Enkel, sondern um das Fortbestehen einer deutschen Minderheit.
Der Freund meiner Tochter ist Deutscher, dessen Wurzeln in Polen liegen. Ein wunderbarer Junge übrigens. Die Freundin meines Sohnes hat auch deutsche Wurzeln, die in Kasachstan liegen. Ein sehr liebenswertes Mädchen.
Merkst Du worauf ich hinaus will? Wir sind hier ansässig, was zur Folge hat, dass es immer mehr "halbe" und dann "viertel" "achtel" geben wird. (das klingt doof, weiß aber nicht wie ich es anders ausdrücken soll) Einerseits ist das nicht schlimm, wir sind ja Deutsche und bleiben es auch ( klingt auch doff, aber Du weißt sicher was ich meine) andererseits wird das Siebebürgischsein immer mehr "verdünnt" (klingt auch doof) bis es nicht mehr wahrnehmbar wird.
Die Landsmannschaft der Siebenbürger-Sachsen ist mir natürlich bekannt. Auch kenne ich viele Ortsvereine in denen die "Sibis" organisiert sind. Noch sind diese stark, da ja noch viele, in Siebenbürgen geborene, leben.
Meiner Meinung nach werden diese, mit der Zeit, weniger werden, nach und nach schwinden. Ich spreche nicht von den nächsten Jahren, sondern langfristig gesehen.
Aber Du hast recht. Vielleicht irre ich mich auch. Nichts wäre mir lieber.
Dennoch bleibt festzuhalten, dass es nicht mehr sein kann wie es mal war. Es hat sich ja schon verändert. In wie weit das Veränderte Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.
Lieber Ekki, ich bewundere Dein Vertrauen und Deine Zuversicht. Dein Blick in die Zukunft gefällt mir viel besser als meiner. Mögest Du Recht behalten und ich mich irren.
Herzliche Grüße,
Ella
Lieber Ekki,
es wäre interessant zu erfahren, wie Deine Schwiegertochter darüber denkt.
Aber das würde sicher zu weit reichen.
Nochmals Grüße,
Ella
Hallo Ella,
gerne schreibe ich dir noch einmal. Die Familie meiner Schwiegertochter war einst in Siebenbürgen eine riesige Großfamilie. Papa und Mama Greger hatten teilweise bis zu 12 Geschwister und das mein Sohn seine Tabea heiraten durfte als Nichtsibi war echt ein Familientreffen wert, so sehr halten sie noch an ihren Traditionen fest. Doch als sie uns kennen lernten,brach das Eis und da wir auch keine reinen Deutschen sind ( Omas stammen aus Südtirol, auch dies eine Minderheit ) und echt etwas wie Siebenbürgen aussehen ( also etwas dunkler ) wurden wir alle voll akzeptiert und herzlich aufgenommen. In Büchenbach im Frankenland existiert dort eine ganze Siedlung nur mit Siebenbürgen und wer nicht dazu gehört, hat keine Chance in diese Familien hinein zu kommen. Tabea war im Übrigen erst 5 Jahre alt, als sie 1989 aus Rumänien flüchteten und das nicht vor Ceaucescu und der Securitate sondern vor den diebischen und faulen Rumänen, die die Deutschen immer mehr drangsalierten und sich breit machten. Siebenbürgen und ihre Freunde helfen sich dagegen in ganz Deutschland und das macht mir große Hoffnung. Wenn ich ein Problem habe, so genügt ein Anruf und sie kommen. LG Ekki
Vielen Dank, lieber Ekki, dass Du nochmal geschrieben hast. Freue mich sehr darüber. :)
Ja, so sind sie, die "Sibis": Wenn sie Dich einmal ins Herz geschlossen haben, sind sie zuverlässige, hilfsbereite Freunde, die Dich nicht im Stich lassen.
Der Zusammenhalt ist da, eine tiefe Verbundenheit und Zuneigung wird spürbar und die Tanzbälle, die Tanzbälle sind einzigartig. Da wird getanzt bis die Sohlen qualmen und gesungen, bis die Kehlen heiser. Ich hoffe, Du hattest schon das Vergnügen. Wenn nicht, unbedingt nachholen :)
Herzliche Abendgrüße,
Ella
Liebe Ella,
schön, dass du bei uns bist mit deiner reichen Kultur. Zu erwähnen ist natürlich auch noch Herta Müller, durch die ich erstmals auf die Siebenbürger Sachsen aufmerksam wurde. Sie war lange im Lager wegen ihrer Unbeugsamkeit.
Dir LG
Angelika
Vielen Dank, liebe Angelika.
Herta Müller mag ich auch sehr gerne. Vor allem ihre Gedichte haben es mir angetan.
Sie sprechen oft von einer Welt, die ich sehr gut kenne.
Herzliche Grüße,
Ella