Geheimnisse

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Sprich nicht über alles
Bewahre, was Du weißt
Ergründe niemals alles
Bezähme deinen Geist

Teile nicht mit jedem
Behalte einen Rest
Die tiefe inn're Kammer
In der bleibe man fest

2016

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Kommentare

hcheim
15. Sep 2016

In unserer Zeit, in der man der Natur ihre letzten Geheimnisse entreißen und stets auch die innersten Gefühle aussprechen will, spricht dieses Gedicht in sprachlich eindrücklicher Form eine sehr berechtigte Warnung aus - danke!

Über Geheimnisse zu schweigen, bewahrt sie, sie den Falschen zu erzählen, zerstört sie, beides habe ich erfahren.

Doch ein wunderbares Geheimnis mit anderen Menschen zu teilen, kann auch bedeuten, ihr Vertrauen ins Leben zu stärken, hilfreiche Erfahrungen weiterzugeben oder sich gemeinsam über ein Wunder zu freuen.

Wann ist Schweigen, wann ist Reden wichtig? Patentrezept gesucht!

15. Sep 2016

Der Anstoß zu den Versen kam von Lame Deer, einem Nachfahren des berühmten Häuptlings, der in einer Vision seines Urgroßvaters dessen Namen übertragen bekam und zum Medizinmann berufen wurde:

"Der Mensch kann ohne Geheimnisse nicht leben".

Nun hat ein Schamane sicher noch andere Dinge zu hüten als der Normalbürger, aber ich denke, es gilt auch für uns, dass da, wo sich uns ein besonderes Tor öffnet, wir ebenfalls zum Schweigen verpflichtet sind. Man sollte über eine lebendige Liebe, eine bekommene Gabe, ein Widerfahrnis nur reden, wenn die Voraussetzungen dafür wirklich gegeben sind. Ansonsten wird man es beschädigen - oder entblößen.

Auch die Religionen haben ihre Arkandisziplin, ihre Symbole, die sie nur unter bestimmten Bedingungen teilen: z.B. im Christentum Tod und Wiedergeburt in der Taufe und die innige Verbindung mit Jesus im Abendmahl. Das ist heute natürlich im Zeichen von Kirchenaustritten und schwindendem Einfluß nicht gerade Schwerpunkt kirchlicher Lehre - er war es aber in der Alten Kirche. Keiner bekam in den ersten Jahrhunderten Anteil an den Mysterien, der nicht einen glaubwürdigen Bürgen (Paten) hatte und sich einer Unterweisung unterzog.

Danke für die ergänzenden Gedanken! Jürgen Wagner