Zipperlein

Bild zeigt Corinna Herntier
von Corinna Herntier

Es war einmal ein Zipperlein,
das war noch harmlos und ganz klein,
es konnte nur ein wenig Zwicken
beim „Kopf zur Seite dreh'n" und Nicken.

Es fühlte sich nach kurzer Zeit
schon nicht mehr wohl – aus Einsamkeit.
Welch Glück, ein Fußpilz kam vorbei,
da waren's der Zipperlein jetzt zwei.

Doch nicht für lange, denn im Nu
kam noch ein drittes frech dazu.
Der Mensch verspürte mit Verdruss
im linken Ohr 'nen Tinnitus.

Das Pfeifen, Summen – Tag und Nacht
hat den Erkrankten wild gemacht.
Von Arzt zu Arzt ist er gerannt,
doch keiner hat den Grund genannt.

Der Mensch, er arrangierte sich
und dachte: „Mist, alt werde ich."
Mit fünfzig wurd ein Frontzahn lose,
und ein Jahr später: Hüftarthrose!

Der Club der Zipperlein wuchs weiter.
Mit sechzig kam, das war nicht heiter,
noch die Tomatenallergie,
gefolgt von einem Schmerz im Knie.

Der Mensch rief: „Ach, das ist perfide,
ich bin schon fast multimorbide!"
Bald ließ er sein das Rumgewimmer
und saß oft still im Wartezimmer.

Die Zipperlein in froher Runde
belästigten zu jeder Stunde –
und wurde eines ausgemerzt,
so kam ein neues – frisch, beherzt.

Der Mensch blieb trotzdem Optimist,
weil Altern nichts für Memmen ist.
Man hörte ihn auf „Wie geht's?"-Fragen
„Die beste Krankheit taugt nix" sagen.

Gedichtform: 
Thema / Schlagwort: