Der Frühling kommt – und geht ...
wie junge Liebe, die noch auf dem Prüfstein steht.
Ich denke oft an meine Heimat im April:
Die Wiesen lagen meist verlassen brach und vogelstill.
Und unter grauen Himmeln
schien der Winter Dauergast,
geduldet zwar, doch ungeliebt …
wie' s eigene Grab, dafür manch einer schon bezahlt.
Die Sonne war ein schöner Traum von gestern.
Ich trug die Kleider auf von meinen großen Schwestern,
hab still am Tisch gehockt und
bunte Bilder aufs Papier gemalt
und in Gedanken mir
den grünen Lenz herbeizitiert:
die alte Unke, Maßlieb, Disteln und Ophelia* …
Laertes' Schwester, die im Bach ertrunken war.
Selbst wenn der Totengräber sang beim Graben,
weil er nach Branntwein hat gegiert …
soll ihr Begräbnis sich wohl christlich zugetragen haben.
Ich malte Büsche, darin keine Früchte brannten ...
und Vogelnester, unbehaust, nachlässig hingestreckt,
viel zarte Knopsen, schlafend, von der Sonne ungeweckt,
die Flut der Tränen, die den Himmel übermannten.
Kurzum, ich malte, was ich draußen sah:
den Frühling, der noch in den Kinderschuhen steckt.
Den Frühling … wie er kommt und geht ...
gleich junger Liebe, die noch auf dem Prüfstein steht.
Ich denke oft an meine Heimat im April:
Schwer hing der Dunst des Nebels überm Fluss.
Die Sonne rang sich händeringend durch zum Morgenkuss.
Gar nagelrostig stak so manches Brett im grauen Sand …
Und Circes Lachen drang sirenenhaft und schrill
mir ins Gemüt, wenn Blut gesickert kam
aus meiner bleichen Hand.
*Ophelia heißt ein Gemälde von John Everett Millais, das 1852 fertiggestellt wurde. Es stellt die gleichnamige Figur aus Shakespeares Tragödie Hamlet dar, wie sie in einem Fluss treibt, kurz bevor sie ertrinkt. Im Stück wird dies in der Rede (4. Aufzug, 7. Szene) von Hamlets Mutter Gertrude beschrieben, Quelle: Wikipedia.