Es war so schön - und kommt nicht wieder

Bild zeigt Annelie Kelch
von Annelie Kelch

Gestern ging ich mal wieder in die Stadt,
erst zu meinem Postfach, dann in die Bank.
Nein, nein, keine Sorge, ich plante keinen Überfall,
mich interessierte lediglich der neueste Kontoauszug -
total harmlos.

Es war warm - sehr warm, ein schöner
Frühlingstag – so, wie er sein sollte.
Dieser sonnige Nachmittag erinnerte mich
an glückliche Tage in Heiligenhafen;
ich verbrachte sie dort mit meinem Jüngsten;
er war damals höchstens acht. -
Das ist so lange her ...

Weshalb vergeht die schönste Zeit so schnell?
Weshalb vergesse ich manche Dinge und
manche nicht? Ich habe so vieles vergessen …
befürchte ich.

Aber niemals diese Tage mit „Pummel“
(der gar nicht dick war) in Heiligenhafen.

Wir trafen dort sogar Prominez: Hans Apel
(„Ich dacht', mich tritt ein Pferd ...“)
nebst Frau, aber ich machte Pummel nicht darauf
aufmerksam. - Wozu? - Sie lachten uns an …
hätten ebensogut Herr und Frau Krause aus
Neuwiedenbrück (?) sein können.

Wir spazierten auch oft in der Natur umher,
Pummelchen und ich, und pflückten eimerweise
wilde Kamille. Das brachte uns Spaß. Wir haben
hernach ein ganzes Jahr Kamillentee getrunken –
bis er uns zum Halse heraushing.

Pummel machte mich auf die Nackten aufmerksam,
die unterhalb der Steilküste ihre mehr oder weniger
schönen Körper präsentierten – eher weniger …
Wir kicherten eine Weile – na, ja …
Ich nahm das „Ereignis“ zum Anlass, „Die Nackten
und die Toten“ von Norman Mailer wiederzulesen.

Unser Quartier war super: Mit Ausblick auf einen See,
drei Zimmerchen, Küche, Bad, alles schön eingerichtet.
Aber das beste war die von Elke Heidenreich besprochene
Kassette, darauf sie „Else Stratmann“ mimt. Sie lag auf
einem Sideboard und ich platzierte sie in den Recorder.
Pummel und ich haben uns mehrmals am Tag darüber schlappgelacht.

Einmal ging ich mit Pummel-Paul in einen Vortrag über Ozeane.
Das war eine gute Sache und hat uns sehr gefallen.
Wir guckten auch ein sehr wichtiges Tennis-Match;
ich weiß aber nur noch, dass Martina Navrátilová
gespielt hat und dass es sehr spannend war.

Am Strand holte ich mir einen fetten Sonnenbrand,
und Pummel fühlte sich von Mücken belästigt. Aber sonst …

Ich kaufte in einem der Geschäfte auf dem kleinen
Boulevard ein paar preiswerte Strandkleider, die ich
später als Nachthemden trug. Das war praktisch.
Pummel bekam Eis und Süßigkeiten. Er war ein
sehr schlankes Kind, aber selten wild.

Ich wollte unbedingt witzig sein und Pummel zum
Lachen bringen. Ich glaube, das ist mir damals gelungen.
"Else Stratmann" half auch kräftig mit.

Nach einer guten Woche holte Pummels Papa uns ab,
und wir fuhren noch zur Oma nach Glückstadt, die
sich freute und Kaffee und Kuchen bereithielt.
Dann war auch diese schöne Zeit vorbei und lebt jetzt
nur noch in meiner Erinnerung weiter.

geschrieben am 16.05.2017

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