Gone with the wind ...

Bild von Annelie Kelch
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Umworben vom Herbstwind
die steinernen Engel
bewachen Gräber
flüstern Gebete
im „Garten der Frauen" ...

Nebel über Ohlsdorf …
staut sich in Schluchten
zwischen Hügel und Hügel
wispert gefallenes Laub
liegt auf den Wassern
bronzener Brunnen ...

Vor Liebe sterben und
unterm Schnee begraben werden
irgendwann möcht ich dort
nach dem letzten Backenstreich:
leicht mit zwei Fingern wie vom Bischof
und schlafen – in der Mulde
zwischen Kopf und Flügel
eines Wanderfalken

Trägt er mich mit sich fort
sobald wir zwei erwacht sind im Frühjahr
lässt er mich fallen sanft irgendwo in der Welt
zwischen Toten, die leben
und Lebenden, die längst tot sind
such ich mir ein Haus in den Straßen,
darin gefeiert wird – Passah* und Purim*

trag noch die Wintermaske
reiß ich vom Kopf aus Stein
mir endlich: Seht her! Ein gefallener
Engel mit gestutzten Flügeln
aus dem „Garten der Frauen“
gone with the wind ...
sag ich leise, frag eine schöne
Orthodoxe mit „Scheitel“*
nach dem Schalom:
Ma hascha'a, yedyda shely*?.

Passah: einwöchiges Frühlingsfest, das an die Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei erinnert und zeitlich mit dem christlichen Osterfest zusammenfallen kann, auch „Pessach“ genannt.
Purim: Jüdischer Karneval
Ma hascha'a, yedyda shely*,
zu Deutsch: Wie spät, welche Stunde ist es, meine Freundin?
Scheitel: Immer mehr orthodoxe Jüdinnen tragen Perücken. Sie folgen dem religiösen Gebot, ihr Haar zu bedecken und orientieren sich gleichzeitig an Trends. Denn die traditionellen »Scheitel«, wie Perücken auf Jiddisch genannt werden, sind ein Prestigeobjekt.
"Garten der Frauen" - ein "Abschnitt" auf dem Parkfriedhof Ohlsdorf

Interne Verweise

Kommentare

30. Okt 2017

Viele sehen Schatten nicht -
Erkennen darum auch kein Licht ...

LG Axel

30. Okt 2017

Dank, lieber Axel, dir, für deinen Kommentar.
Auch Schopenhauer bei den Menschen
oft nur Schatten sah.
Die meisten hatten ja auch keinen Pudel,
doch Schopi... (Freude) hatte davon Rudel.
(Nämlich einen nach dem anderen, durch Tod bedingt.)
Saß also mit 'nem Pudel jeden Tag im Wirtshaus
und leuchtete die Schwächen anderer Menschen aus.

LG Annelie

30. Okt 2017

Ein starker Text, den ich mit Freude und Andacht gelesen habe.

LG
Willi

30. Okt 2017

Danke, lieber Willi, für dein großes Lob, über das ich mich sehr gefreut habe.

Liebe Grüße nach Schweden,
Annelie

31. Okt 2017

Ein nachdenklich stimmendes anregendes Annelie-Gedicht, danke dafür!

Liebe Grüße - Marie

31. Okt 2017

Danke, liebe Marie - und extra für dich: ganz ohne Coffein, damit dein Herz gesund bleibt.

Liebe Grüße,
Annelie