Umworben vom Herbstwind
die steinernen Engel
bewachen Gräber
flüstern Gebete
im „Garten der Frauen" ...
Nebel über Ohlsdorf …
staut sich in Schluchten
zwischen Hügel und Hügel
wispert gefallenes Laub
liegt auf den Wassern
bronzener Brunnen ...
Vor Liebe sterben und
unterm Schnee begraben werden
irgendwann möcht ich dort
nach dem letzten Backenstreich:
leicht mit zwei Fingern wie vom Bischof
und schlafen – in der Mulde
zwischen Kopf und Flügel
eines Wanderfalken
Trägt er mich mit sich fort
sobald wir zwei erwacht sind im Frühjahr
lässt er mich fallen sanft irgendwo in der Welt
zwischen Toten, die leben
und Lebenden, die längst tot sind
such ich mir ein Haus in den Straßen,
darin gefeiert wird – Passah* und Purim*
trag noch die Wintermaske
reiß ich vom Kopf aus Stein
mir endlich: Seht her! Ein gefallener
Engel mit gestutzten Flügeln
aus dem „Garten der Frauen“
gone with the wind ...
sag ich leise, frag eine schöne
Orthodoxe mit „Scheitel“*
nach dem Schalom:
Ma hascha'a, yedyda shely*?.
Passah: einwöchiges Frühlingsfest, das an die Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei erinnert und zeitlich mit dem christlichen Osterfest zusammenfallen kann, auch „Pessach“ genannt.
Purim: Jüdischer Karneval
Ma hascha'a, yedyda shely*,
zu Deutsch: Wie spät, welche Stunde ist es, meine Freundin?
Scheitel: Immer mehr orthodoxe Jüdinnen tragen Perücken. Sie folgen dem religiösen Gebot, ihr Haar zu bedecken und orientieren sich gleichzeitig an Trends. Denn die traditionellen »Scheitel«, wie Perücken auf Jiddisch genannt werden, sind ein Prestigeobjekt.
"Garten der Frauen" - ein "Abschnitt" auf dem Parkfriedhof Ohlsdorf