Ihr fragt, was muss der Dichter haben,
Welch Wissen wohl sein eigen sein?
Um tausend Herzen zu erlaben,
dazu gehört ein Zauberstein.
Und doch ist’s wenig, was zum Bauen
Der Dichter zu dem Werke nimmt,
Wie er die sonnenhellen Auen
Mit seinem Geiste nur erklimmt.
Wenn nach des Tages Last schon lange
Euch still umfängt ein Schlummer süß,
Stöhnt er in heißem Schöpfungsdrange
Nach dem verlornen Paradies.
Sein Busen ist gefüllt mit Sehnen,
Nie wird ihm Ruhe, nirgends Rast,
Er weint um alle Menschen Tränen,
Und trägt der Menschheit schwere Last.
Er tauchet in den Born des Schönen
Und nimmt das Edelste heraus,
Und fleht in tiefsten Herzenstönen
Für euch bei Gott um einen Strauß.
Nicht sich gedenkt er zu beglücken,
Ihm ist’s genug, wenn es gelang,
Mit seinem Lied euch zu erquicken,
Er fordert weder Lohn noch Dank.
Mit seinem Herzblut färbt er Rosen,
Mit Tränen bleicht die Lilie er,
Die kleinen Blättlein all‘, die losen,
Sind seine Seufzer tief und schwer.
Nicht achtet er der Locken Bleichen,
Das tiefe Weh, das ihn verzehrt,
Nur and’ren Herzen Labung reichen
Ist, was sein Genius ihn lehrt.
Tragt seine Lieder dann im Herzen
Auch liebreich ihr, wie euer Kind,
Weiß keiner doch, mit wie viel Schmerzen
Sie all‘ zur Welt gekommen sind!