Sturm im Wasserglas …?

Bild zeigt Annelie Kelch
von Annelie Kelch

Könnt ich mich wandeln wie das weite Meer,
Dann wählte ich die sanfte Dünung: Wellen ...
Orbital bewegt, dem Windgebiet der See entkommen,
Darin der alte Mond sich einst hat freigeschwommen
Und in der Morgenfrühe seine müden Krateraugen kühlt.

Könnt ich mich wandeln wie ein Schiff, das elbwärts fährt,
Wählt ich am Kai den Dampfer, der Bananen bringt aus Costa
Rica. – Ich tauchte ein in immergrüne Nebelwälder an der Küste.
Hält sich der Teufel fern von Orchideen? – Wenn ich das wüsste!,
Verführte ich wohl meinen Geist zu lieben Kletterer und Würger.

Könnt ich mich wandeln wie ein Feuer, möcht ich Asche werden,
Wenn mir die Uhr nicht weiter schlagen will und stille steht
Die Zeit: Fanal, das uns vernichten will und schweigt – zu Wassern,
Unnatürlich warm, Ölteppichen und Algenpest, zu Meereshassern,
Die, mit Wind und Wellen –, Endplastiklager im Pazifik schaffen.

Wär ich aus Liebe nur gemacht, dann könnt ich dich erweichen.
Und, cooler noch als du, dir gar das Wasser reichen ...
In einem Glas, darin der Sturm sich künstlich plustert.
Wär ich Soldatin, hätt man mich längst ausgemustert,
Weil ich zertrümmert hätt in der Kaserne alle Kriegsgewehre.
Wär ich ein Warnschild, stünde drauf:
Kommt mir ruhig in die Quere!

Dünung = moderater Seegang mit langen Wellen, entstanden aus einem Windsee
Kletterer und Würger = Schlingpflanzen im tropischen Regenwald

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