ZUA HÖLLE MIT EICH OIN

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H E L L Y E A H !

– HOT CHILI SAUCE VERSION –

Der Türsteher lächelt. Das ist ungewöhnlich. Ein recht kantiger Typ mit Bürstenhaarschnitt und gewaltigem Sixpack-Oberkörper. Seine Pranken gleichen Omelette-Bratpfannen und in seinen Kurzhaarschnitt ist das Nacken-Sätzchen „I love to hate“ kunstvoll eingearbeitet. Er weist nach links. Dort ist die Kleiderkammer. Fast alle Weltsprachen sagen es: „One Size Fits All!“ Man nimmt seinen Overall, grellrot, entgegen. Ob ein Mann oder eine Frau den Overall annimmt, wirklich jedem passt er. Auf dem Rücken jeweils eine Nummer, anscheinend fortlaufend, pechschwarz und wahrlich riesengroß. Und diese Nummer soll man sich, laut Auskunft des Personals, gut einprägen.

An der Rezeption steht ein leicht schwindsüchtig ausschauender Mann, eher ein Männlein, mit Brille, Typ „Buchhalter“, etwas verlegen grinsend, und verteilt Info-Broschüren, nimmt kurz von jedem Neu-Ankömmling die wichtigsten Daten, vergleicht sie mit einer Wisch-Liste am Tablet S-Bildschirm, hakt ab und murmelt ein schüchternes „Willkommen“. Man wird weitergereicht, zum persönlichen, direkt und unmittelbar geführten Einzelgespräch. Ein >Unterteufel< bittet darum, Platz zu nehmen. Knapp, sachlich, unpersönlich. Es ist die Hölle.

„Tupfinger, Josef?“ Der so Angesprochene nimmt Platz, nickt. „Ah, Propangas-Unfall auf dem Zeltplatz in Nußdorf am Attersee… soeben verstorben im Krankenhaus Vöcklabruck, ja, schön-schön…“ Der Teufel, übrigens ganz in mattes Weiß gekleidet, keine Hörner, keine Hufe, kein Schwefelatem etc., eher ein reichlich bieder wirkender Abteilungsleiter, will seine Belustigung über diesen Tod gar nicht verstecken. Seine Heiterkeit steckt an, der Tupfinger Sepp grient nun auch: „Jo sopperlot, dös wor a Spektokel, jo mei, bronnt hots olleweil, bis in´d Nocht nei no…“ Amüsiert betrachtet der Tupfinger Josef den Unterteufel. Merkwürdig, der hatte keinen Schwanz. Der jüngst Verstorbene hatte immer geglaubt, alle Teufel hätten einen Schwanz und, je nach Rang, auch wenigstens den Ansatz von Hörnern. Nichts jedoch von alledem bei diesem Administrations-Hilfssheriff.

Der Unter-Verwaltungs-Teufel räuspert sich kurz: „Wir haben beschlossen, aufgrund der uns vorliegenden Erkenntnisse über Ihren Lebenswandel, Tupfinger, eine hübsche Strecke des Weges hier, in der Hölle, die im Übrigen Ewigkeiten Ihr Zuhause bleiben wird, so furchtbar das jetzt auch für Sie klingen mag, Sie im Werk-Bereich „P“ unterzubringen. Wenigstens 100.000 – 150.000 Erdenjahre. Hier rechnen wir aber anders. Bei uns sind 1000 Erdenjahre lediglich EIN Tag. Können Sie folgen, Tupfinger?“ Tupfinger, ein eher langsamer Denker mit schlichtem Gemüt, nickt bedächtig. Sehr bedächtig. Wie jetzt? Tausend Erdenjahre sind hier 1 Tag? Jo mei... Das kann ja heiter werden.

„Fein-fein… Alsdann, 100 – 150 Tage verbringen Sie im Bereich „P“, Tupfinger. Ja, das klingt doch schon sehr viel kommoder, richtig? Host mi?“ Tupfinger nickt wieder, dankbar für ein wenig Lokalkolorit, auch, wenn man deutlich merkte, dass dieser Unterteufel hier dem Ostschleswig-Holsteinischen oder dem vielleicht auch dem Nordschleswig-Holsteinischen entstammte. Sein „Host mi?“ wirkte bemüht, der Tupfinger Sepp nahm es jedoch als nette Geste. „Bereich P? Wos muss I mir darunter vorstell´n??“ Jener Tupfinger Josef hatte sein allerbestes Amts-Hochdeutsch aus dem Ärmel bemüht, besser ging es gar nicht. Von seiner Warte aus gesehen. Aus der Sicht eines Bazis.

„Na, Tupfinger, was hassen Sie am meisten, was hassen Sie so sehr, dass Sie sich bereits beim bloßen Gedanken daran übergeben möchten, speiben müssen?“ „Jo mei, Fiaß mog I ned…“ „Füße?“ „Jo, der Herr…“ „Nun, Bereich „P“ ist die Abteilung Pediküre. Sie werden dort 100 – 150 Tage lang, und stellen Sie sich besser auf 150 als auf nur 100 Tage ein, das sage ich Ihnen gleich, die Füße der alten bis sehr alten Höllenbewohner pflegen. Sie wissen schon… Nägel schneiden, Hornhaut raspeln, Füße massieren, Fußreflexzonenmassage etc., die ganze Palette, den ganzen lieben langen Tag, 14 Stunden, täglich, 7 Tage die Woche, keine Pause… Füße, Füße, Füße... Haxn, Haxn, Haxn...“

„Uijegerl…“ entfuhr es da dem Tupfinger Sepperl. „Gibt 's do aa wos zum Dringa, zum Ess´n aa??" „Eine Art Manna oder Anti-Manna? Eine Halbe obendrauf? Bruuuu-ha-ha-ha-haaaa… Gnaaaa-ha-ha-ha-ha, huja-hoja-hoja-hoja-hoooo… Huhuhu... Hehehehehe… Hoooojoooohahahaha… Hihihihi… Oij, so a Gaudi au...“ Der Teufel hielt sich den Bauch, konnte sich gar nicht mehr beruhigen. „Ein Anti-Manna, a Holbe oda gor a gonze Moß no glei obendrauf, wos?“ Der Tupfinger dachte nur: Wenn dieser Teufel in Menschengestalt doch bloß diese derbleckte Scheiße mit dem 'Imi-Bayerisch' sein lassen würde. Ich bete darum, dass er es endlich lässt. Flehentlich bete ich.... Doch da wurden seine solchermaßen flehentlich ausgeworfenen Gedankengänge auch schon abrupt beendet:

„Das Beten mögen wir hier unten gleich gar nicht, Tupfinger. Damit Du es nur weißt, ja? Und, richtig, ich kann Gedanken lesen. Das wird Dir hier unten noch mancherlei Verdruss bereiten, darauf kannst Du aber Deinen feist-fetten Wamperlfriederl-Lederhosen-Breitarsch verwetten, Du Truderinger Bürscherl, du stinkertes, boarisches! Du devastierender und defäkierender Hilfsstrizzi-Blädbatz!“ Da ist man schon mal in der Hölle gelandet, um sich nun auch noch von den peinlichsten Unterteufeln dermaßen beleidigen lassen zu müssen. Diese Schande, diese Demütigung, diese entsetzliche Erniedrigung... Der Tupfinger Sepp konnte kaum seine Tränen zurückhalten. Ein Hilfsstrizzi-Blädbatz also war er? Was "devastierend" und natürlich auch "defäkierend" überhaupt bedeuten mochte? Darüber sinnierte der frisch Verstorbene, als er nach dem Aufnahme-Gespräch dann in seinen Wohn- und Aufenthaltsbereich geführt wurde, reichlich barsch und wortkarg übrigens.

So zog denn also der alte verstorbene Tupfinger Sepp im schlecht sitzenden, neongrellroten Overall mit der Rückennummer 140304237/P in seinen Wohn- und Aufenthaltsbereich ein. Eine arg schlichte Schlafkammer mit nur kleinem Tischchen, darauf nur ein Blechgeschirr. Kurz nachdem er seine Decke ausgebreitet hatte, er wollte seine Schlafkoje gerade testen, wurde er zum Dienst gerufen. Eine Riesenschlange Wartender vor einem Tor mit dieser Aufschrift: „Fußpflege“, alles Senioren – alles seine Kundschaft. Der Tupfinger schluckte. „Mei, d´ Zenzi, de Zenzi häd i aba ned vagewoidign dürfa. Mei o mei, bei meiner Trei, I Depp, I damischer depperter, bläder Depp I…“ Er bereute bitter, was er der Magd damals angetan hatte. Und er sah noch, wie das arme Mädchen schwanger vom Hof gejagt wurde, vor seinem geistigen Auge. Er wusste um die Tat – o ja, er wusste um seine Schuld. Er wusste ja, warum er in der Hölle gelandet war. Aber Fußpflege? Diese Strafe schien ihm gar zu hart. Immerhin hatte er noch zwei Assistentinnen, Doris Day und Hannelore Elsner. Aber

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