Zimmer 12

Bild von Soléa
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Weiße Haare schütter, gekraust
fahl das Gesicht und Hände voll Flecken
sie ängstlich zu der Tür hin lauscht
gleich kommt das Pflegepersonal sie wecken…

Tonloses „Morgen“ schallt mit Routine
hängt zügig ein „gut geschlafen“ mit dran
und dabei verzieht sie keine Miene
bleibt kurz angebunden, man kaum reagieren kann.

Anteilslos wird die von Zimmer 12 gewaschen
grob gebürstet ihr dünnes Haar
keine Zeit sich mit dem Mensch zu befassen
schon gestern verhärmt in ihrem Bette sie lag.

Die Nahrung ist flüssig, wird gespritzt
so gerne würde sie mal wieder was schmecken
will das nicht, ist vor Aufregung verschwitzt
resigniert... denkt an kommende Zeit mit Schrecken.

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Kommentare

26. Dez 2016

Zeit ist Geld, leider leidet der Mensch darunter. Die Alten kennen ja noch das ruhigere Leben und wollten bestimmt nicht das es einmal so weit kommt.
Die Altenpflege ist leider auch zum Kommerz abgedriftet. Es tut in der Seele weh , wie die Menschheit sich vom Mammon blenden lässt...

LG Micha

26. Dez 2016

In Pflege und der Medizin wird immer mehr eingespart, Personal zu Überstunden gedrängt und kaum Ausgleich gewährt. Von der Bezahlung mal ganz abgesehen. Vom schaffen wird fast keiner reich und schon gar nicht Pflegepersonal... die können schauen wie sie das immer größer werdende Pensum bewältigen Sie stumpfen mit der Zeit alle mehr oder weniger ab… und die zu Pflegenden und Kranken haben das böse Nachsehen…“ Geld regiert die WELT...“, leider sehr wahre Worte. LG Soléa

02. Apr 2017

Liebe Solea, wenn man das liest, möchte man nicht alt werden... leider ist es vielerorts Realität, was du da eindrucksvoll beschreibst und es jagt mir ein Schaudern über den Rücken. Alte werden so oft ausrangiert als sei es ein Zeichen mangelnder Qualität, nicht mehr jung zu sein..
Und der Mensch wird oft so wüdelos behandelt in derlei Institutionen
Dein Gedicht wühlt einen auf
lG
Anouk

03. Apr 2017

Liebe Anouk, vielen Dank für Deine Worte
Gerade die 3te Generation sollten wir besonders Wertschätzen. Sie haben was zu erzählen und geben an uns weiter was wichtig war und ist… ihre Siege und Niederlagen, Glück und Leid, Erfahrungen. Es gibt Momente wo ich verzweifeln könnte, das ich meine Eltern nie mehr was fragen kann. Und alleine dieses Gut ist mit nichts zu ersetzten. Eine nahe Verwandte arbeitet in einem Pflegeheim und das (noch) mit Leidenschaft. Sie erzählt nicht viel von ihrem Tag, meint aber " wenn ich so weit bin geht meine aller letzte Reise in die Schweiz …“ Weitere Worte bedarf es, glaube ich, nicht.
Dir einen schönen Abend und liebe Grüße
Soléa