Ich nahm, ich gab

Ich nahm, ich gab. Da ist dein Grab. Da waren Worte zwischen uns, die heilten, die selten eilten; Sprache der zugeneigten Treue, ja, stets auf’s Neue; ich weiß genau, bin eine Frau und reich an Jahren, Vergänglichkeit der raschen Zeit ist mir bewusst

und die Gefahren der schnellen Lust; mal bin ich wild, mal bin ich zahm, bin ruhelos und manchmal lahm; obwohl ich oft genug geliebt, frag’ ich mich, ob’s die Liebe gibt und ob sie wärmt, die Sehnsucht stillt, und ob sie unvergänglich ist; ich bin ein Pessi-Optimist;

seh’ schwarz, seh’ bunt und manchmal rot, was mich nicht ängstigt, ist der Tod; will Nähe aus der Ferne spüren, Erinnerungen, die mich rühren; da ist ein Abgrund, er ist tief, ich hock darin, nicht, dass ich schlief; es ist ein Graus, ich bitte dich, hol mich da raus;

ich weine, weine, bin so alleine; es geht treppauf, es geht treppab. Da ist dein Grab. Ich nahm, ich gab. Hab nur Geduld, sagst du zu mir, vergiss die Schuld, das rat ich dir, blick nicht auf Mauern, fühl’ kein Bedauern und sei nicht bang, weil’s oft misslang;

verfall nur nicht in Selbstbetrug – das, was du lebtest, war genug; du tatst’s mit Mut, so war es gut und richtig; sei zuversichtlich. Was morgen kommt, du weißt es nicht. Entzünde nun getrost dein Licht und finde ein dir eignes Glück – in diesem einen Augenblick.

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