Die Schöne von der Post

Bild zeigt Horst Fleitmann
von Horst Fleitmann

Am öden Schalter sitzest Du
bei grellem Neonscheine;
Die Stifte liegen rings in Ruh‘ –
nur emsig schreibt der Deine.
Und wie ich trete jetzt heran,
hebst Du die Stirn, die bleiche,
und fast erschrocken nimmst Du dann
den Brief, den ich Dir reiche.

Und rasch umglüht Dein Angesicht
ein fliegendes Erröten –
doch ist es Deines Amtes Pflicht,
solch‘ holde Scham zu töten.
Und als die Marke Du benässt,
die Du gedenkst zu kleben
gibt mir das tatsächlich den Rest,
ich spür‘ es in mir beben.

Nein, diese Marke will ich nicht,
ich will die mit den Eulen
Du schaust mir nun ins Angesicht
willst lange dort verweilen.
Du spürst, ich ahn‘ es, tief den Bruch,
der sich in mir vollzogen.
Denn ich fühl' um den Sammeltrieb
mich beinahe betrogen.

Und dieser Sondermarkenkauf
er will mir fast nicht glücken
In mir tut sich ein Abgrund auf
Der Kauf steckt voller Tücken.
Wie sag ich‘s Dir, Du holdes Weib
mit Deinen Kulleraugen -
Du darfst hier nicht zum Zeitvertreib
mir schier die Sinne rauben.

Auch mein Begehr steht hinten an
ich sammle Sondermarken.
Die Eulen ham‘s mir angetan...
was anderes muss warten.
Und hab ich alle Eulen dann,
kommt anderes Gefieder
das man auf Marken finden kann.
Dann sehen wir uns wieder.

© Horst Fleitmann, 2020

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