Haptikerin

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von Marie Mehrfeld

die Welt versinkt in düsterem Grau, in zu lautem Klagen;
Schönheit ist virtuell verfügbar - doch ich bin Haptikerin;
brauche Berührung; mein gebrauchtes Gesicht halte ich
dem Spiegel entgegen in der Dämmerung des neuen Tags,

warte auf Wunder; Schatten greifen nach mir, ich will, ich
will das Licht sehen am Ende des Tunnels; weißt du, was
richtig, wichtig ist im Strom wütender Halbwahrheiten?;
der gute Geist der Zeit schwankt, und ich hoffe vergebens

darauf, dass Uhren sich rückwärts drehen - sie könnten es,
doch sie wollen es nicht; heilende Winde sollen das Blatt
wenden, bevor die schwarzen Vögel, die ängstlich in mir
flattern, das letzte Feuer gelöscht haben; das ist Einsamkeit

pur; mein Heißhunger auf Nähe und Liebe verwandelt sich
in einen struppigen Kater; doch sieh die Tulpen im Garten
und die jungen Knospen, die nichts von der Seuche wissen,
meine hoffende Seele streicheln und mich lächeln lassen …

6. April 2021

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