Wie er mich ansieht! Dieser Blick!
Eine Mischung aus Abscheu und
Fragen und Angst und aus Fremde.
Und ich sehe auf seinen Mund.
Mir ist, als würde grad jemand
mein Herz umklammern. Die Tränen
muss ich unterdrücken, nur ich
weiß etwas von meinen Plänen.
Du Junge, mit dem schwarzen Haar,
mit den dunklen Augen, Brauen,
der unantastbaren Liebe,
dich sehen Männer und Frauen.
Wer wagt es, sich dir zu nähern?
Ist es Liebe, die in mir entbrannt?
Wie kommt es, dass ein Kind, wie du,
mit seiner Stille jeden bannt?
Beides bist du, ein Mann, ein Kind.
Deine halbdunkle, reine Haut
könnt mich verführen, ja, auch mich.
(Ich wüsst´, ich hätte auf Sand gebaut!)
Tod in Venedig, Reykjavik,
Oldenburg … überall stirbt man.
Ist der Unterschied zu dir nun
mein Tod oder die Lepra dann?
Jetzt ist es nur die Entfernung,
die ich spür´. Je größer meine
Gefühle, Sehnsüchte zu Dir,
je fremder, ängstlicher Deine.
Oh, wie schmutzig ich mich fühle,
so viel Dreck auf meiner Seele.
Und du? Du spielst mit der Unschuld.
Ich verzeih dir das Gequäle.
Sterbe ich, weil der Tod es will?
Oder weil die Schmach es so bringt,
die du über mich gießen kannst,
weil mir mit dir nichts, nichts gelingt?
Das ewige Lied, ewige:
Irgendwann trifft jeden ein Speer!
Der eine fängt ihn als Waffe.
Der andere blutet so sehr …
(19.September 1978 in Oldenburg)