Tag eins. Herbstbild. Abschiedswalzer.
Meine müden Füße in Wanderschuhen führen mich durch das mecklenburgische Wäldchen. Der Herbst nimmt Abschied. Die kühle Luft wird trotz des Sonnenscheins spürbar kühler, der Himmel tauscht sein schönes Blau gegen unscheinbares Grau, der Wind nimmt zu, entkleidet Äste uralter Bäume. Letzte bunte Blätter tanzen ihren Abschiedswalzer. Ich verabschiede mich von meiner Lieblingsjahreszeit mit Wehmut und Dankbarkeit. Dem Altweibersommer, dem goldenen Oktober, mit seinem großzügig ausgebreiteten kupferroten Teppich trauere ich nach. Dankbar bin ich der Zeit für viele unvergleichliche und beseelende Augenblicke und das Bild, das der Herbst wie ein begnadeter Maler mit seinem Pinsel entwarf. Im Herbst entstanden die besten Werke vieler Klassiker, in der Literatur, Malerei und Musik.
Weshalb schreibt, malt, komponiert es sich so gut in dieser Jahreszeit? Liegt es an den langen dunklen Abenden, an der Gemütlichkeit und Wärme des vertrauten Heimes, wo du dich geschützt und geborgen hinter dem Fenster fühlst, wenn der Wind tobt und Regen die Scheiben peitscht? Ist es eher die Mannigfaltigkeit der Farben durchflutet vom milden Sonnenlicht, die Ruhe der Natur, die sich auf dich überträgt? Meinen Geist regt die herbstliche Natur stärker an als das Frühlingserwachen. Im Herbst sehe ich nichts Endgültiges. Die Hoffnung, dass nach der Ruhe, die sich die Natur gönnt, alles wiederkehrt, stimmt mich gelassen und zuversichtlich. Wozu regt mich der heutige Spaziergang an?
Kasachstan im Kochtopf. Rezepte & Geschichten. ISBN 978-3-7502-0101-9, 2019
Kommentare
Sehr gerne gelesen !
HG Olaf
Dankeschön, Olaf!
HG Lena
Auch gern gelesen - denn Dein Blick
Verdient den Klick - für sein Geschick!
LG Axel
Das freut mich, danke!
LG Lena