Das angetane Unrecht

Bild von Alf Glocker
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Wenn ich konsequent in meinem Leben zurückdenke, was ich übrigens nicht so gerne mache, dann stoße ich immer wieder auf Situationen, in denen ich jemandem ein Unrecht zugefügt habe. Das geht so weit, daß mir bisweilen die Tränen in die Augen schießen – und ich weiß nicht einmal, ob es nun Krokodilstränen sind oder echte, menschliche. Denn zu allen Zeiten war ich Einflüssen unterworfen, die ich nicht kontrollieren konnte.

Da wäre, unter anderem, meine geistige Unreife zum entsprechenden Zeitpunkt, zum anderen meine Ungeduld, mein Ekel, meine Furcht vor etwas, oder jemandem, meine mangelhafte Intelligenz (Intelligenz ist IMMER mangelhaft!), oder ganz einfach mein schlechter Charakter. Und den hatte ich stets und oft genug bewiesen. Meine Eltern konnten ein Klagelied davon singen …

Nie bin ich, ihrem Dafürhalten nach, gut gewesen. Immer wurde ich, zu Recht, misstrauisch beäugt, denn nie tat ich das, was sie sich vorgestellt hatten. Dafür hat man mich täglich zur Rechenschaft gezogen und mir deutlich vor Augen geführt, wie schlecht ich doch war. Dabei wurde die eine oder andere Ohrfeige fällig. Und wer musste es büßen? Natürlich jemand, der noch schwächer war als ich: Schnurri, meine überaus liebenswerte Katze!

Ihr verpasste ich so manchen Tritt, wenn ich gerade eine Zurechtweisung durch meinen Vater erhalten hatte. Das tat mir zwar später in der Seele weh, aber leider halt erst später. Schnurri hingegen war der beste „Mensch“ den man sich vorstellen kann. Sie schmiegte sich an mich, schnurrte mir zärtlich ins Gesicht und sie beschützte mich nachts vor den „bösen Geistern“, die es gar nicht gab.

Ich war eben ein ausgesprochener Feigling! Wenn Schnurri mal nicht da war und sich, um Mitternacht, mit lautem Knacken, der Schlüssel im Schloss der Kleiderschranktüre drehte und die dann quietschend aufging, dann musste ich schon sehr aufpassen, daß ich nicht ins Bett nässte. Dabei war ich schon 10 Jahre alt und hätte, der Meinung meiner Eltern nach, längst ein Mann sein sollen.

Kurz, ich habe nicht nur sie, sondern auch meine komplette Verwandtschaft enttäuscht, als ich nichts als ein paar schöne Aquarelle und vielleicht einen oder zwei phantasievolle Aufsätze zustande brachte, was natürlich weit hinter den schulischen Glanzleistungen meiner Cousinen und Cousins zurückstand. Dafür bin ich ein absoluter Versager gewesen. Aber es ging durchaus so weiter.

Ich blieb lange klein und dünn. Meine Beine sahen aus wie Storchenbeine, mit den stark betonten Knien, weil einfach nichts an mich hinwuchs. Essen wollte ich aber auch nichts und so bekam ich eben überall von den stärkeren Jungs Prügel, weil ich mich halt nicht verteidigen konnte. Aber zum Ausgleich zeigte ich mich unfair und ließ meinen schlechten Charakter heraushängen, indem ich die Stärkeren anschwärzte, wo es ging.

Leider verfuhr ich später mit den Mädchen nicht viel besser. Nachdem ich das Mädchenverbot meiner Eltern endlich durch den Tod meines Vaters (der aus Gram über mich starb) überwunden hatte, enttäuschte ich das andere Geschlecht fortwährend durch ungewöhnliche Reaktionen. Ich wollte immer nur Spaß haben, aber keinerlei Verantwortung für die Entscheidungen der Frauen übernehmen, die ich (die Frauen sind gemeint) traf.

Ich ordnete mich keinem (Über)Lebensprinzip unter, lehnte jeden Kinderwunsch kategorisch ab, nahm mich jedoch selbst in meinen Ansprüchen nicht zurück und beutete das „Material“ sexuell schonungslos aus! Manchmal scheute ich sogar vor ganz besonders wilden Geschöpfen zurück, obwohl diese doch von Natur aus durchaus ansehnlich waren. Alles, was ich tat, erscheint mir heute unverzeihlich!

Ich hatte sogar auch versucht, meinen künstlerischen Beruf (wo ich meinen Vater voll enttäuscht hatte, weil ich keine Heiligen modellieren und in Stein formen wollte) zu verlassen und anderweitig tätig zu werden. Doch auch das ging gründlich schief, denn ich maßte mir an, gegenüber meinen Arbeitgebern, keine Erniedrigungen dulden zu wollen.

Nichts an mir passte ins Prinzip der mich umgebenden Gesellschaft! Nie und nirgends! Deshalb kann ich heute auch gut verstehen, wie sich ein Mörder fühlen muss: ratlos! Er ist einfach wie er ist und nichts weiter … Und dafür soll er nun verurteilt werden, wo er nie und nimmer anders konnte, als auf die geeignete Chance zu warten, sein ganz spezielles Verbrechen zu begehen.

Klar ist, daß man jeden nur von seiner Art her beurteilen darf. Daß dabei Fehler gemacht werden, ist nichts als nur menschlich. Die größten Fehler macht man, wenn man keinen Verstand hat. Aber das weiß man ja nie vorher. Später wird uns dann schmerzlich klar, was wir angerichtet haben – oder eben auch nicht!

Achtung: Dies ist eine Satire!

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Kommentare

03. Jul 2018

Wie Krause als Kind war, möcht ich gar nicht wissen!
(Sie hat die Hebamme gebissen ...)

LG Axel

03. Jul 2018

wer auf diese Weise schlüpft,
der ist fröhlich reingehüpft!

LG Alf