Würde und andere Gebrechen

Bild von Alf Glocker
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Manche Menschen sind an einer Sache interessiert – das „artet“ meistens in Leistungen aus. Andere tun etwas, weil sie sich dabei würdig fühlen: „Ich habe das gemacht, weil ich das kann, womöglich auch noch besser als XY, und deshalb besitze ich eine Würde“. Das bereitet zwar großen Spaß und vertreibt sogar hin und wieder die Angst vor dem Tod, aber es macht unsensibel!

Unsensibel ist blöd! Ist Würde deshalb auch blöd? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – ja! Würde ist etwas für einen Hirsch. Er muss stolzieren, um die Kühe zu beeindrucken. Auch Löwen sieht man es an, daß sie bisweilen stolz sind. Stolz verleiht ihnen sozusagen Flügel. Stolz ist der Flügel des Flegels!

Denn – ist es nicht flegelhaft, sich „würdig“ zu fühlen? Zugegeben, das ist ein höheres Niveau als jemanden aus Stolz, oder der Würde wegen, umbringen zu wollen, eine echte Ehre ist es jedoch nicht! Die echte Ehre verleiht ein richtiger Gedanke, der dem eigenen Hirn entsprungen und auch noch zu gebrauchen ist. Das ist selten genug!

Aber diese Ehre bedeutet nicht automatisch auch Würden. Sie bringt keine Ämter ein, ja, sie muss nicht einmal honoriert werden – weshalb dann gesagt werden muss: Es handelt sich dabei um eine stille Ehre, die weder gefühlt noch belohnt sein muss, um zu existieren. Sie besteht, weil etwas Besonderes geleistet wurde.

Das geschieht, unabhängig aller Anerkennung, unabhängig davon, ob man später oder gleich heilig dafür gesprochen wird und wohl auch unabhängig davon, ob sie Liebesbekundungen und Anträge auslöst. Die wirkliche Ehre ist würdelos, und sie ist darüber hinaus nichts weiter als virtuell! Damit muss man sich abfinden können. Ein Hirsch ist dazu ganz sicher nicht imstande.

Wenn wir uns einmal umschauen, und die vielen Träger von Würden erblicken, dann fragen wir uns: Wer ist das überhaupt? Kritisieren wir die verirrten Leutchen nicht auch noch unnötig. Sie haben schwer zu schleppen an ihrem großen Ansehen. Und das brauchen sie auch dringend. Denn wer an sich eigentlich nichts ist und nichts weiter als ein gewisses Maß an Würde vorweisen kann, der ist bedauernswert!

Geben wir also diesen seltsamen Geschöpfen eine Chance – sehen wir sie bewundernd an, wenn sie an uns vorbei- defilieren, im vollen Ornat ihrer Einbildung, und nehmen wir es ihnen nicht übel, daß sie, mangels Geist, eine Krücke brauchen, um nicht weinend zu Boden sinken zu müssen, wenn sie die Wahrheit im Spiegel sehen: einen (h)ausgemachten Wicht!

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