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und mehr und wurde zuletzt ein ganzes Frauenzimmer, in den feinsten, weißen Flor gekleidet, der wie von Millionen sternartiger Flocken zusammengesetzt war. Sie war schön und fein, aber von Eis, dem blendenden, blinkenden Eise, und doch war sie lebend; die Augen blitzten wie zwei klare Sterne, aber es war keine Ruhe noch Rast in ihnen. Sie nickte dem Fenster zu und winkte mit der Hand. Der kleine Knabe erschrak und sprang vom Stuhle hernieder, da war es, als ob draußen vor dem Fenster ein großer Vogel vorbei flöge.
Am nächsten Tage wurde es klarer Frost, – und dann kam daß Frühjahr, die Sonne schien, das Grün keimte hervor, die Schwalben bauten Nester, die Fenster wurden geöffnet, und die kleinen Kinder saßen wieder in ihrem kleinen Garten hoch oben in der Dachrinne über allen Stockwerken.
Die Rosen blühten diesmal prachtvoll. Das kleine Mädchen hatte in diesem Sommer ein Lied gelernt, in welchem auch von Rosen die Rede war, und bei den Rosen dachte sie an ihre eigenen, und sie sang es dem kleinen Knaben vor, und er sang mit:
»Die Rosen, sie blühen und verwehen,
Wir werden das Christkind wieder sehen!«
Und die Kleinen hielten einander bei den Händen, küßten die Rosen und blickten in Gottes klaren Sonnenschein hinein und sprachen zu demselben, als ob das Jesuskind da wäre. Was waren das für herrliche Sommertage, wie schön war es draußen, bei den frischen Rosenstöcken, welche mit dem Blühen nie aufhören zu wollen schienen!
Karl und Gretchen saßen und blickten in das Bilderbuch mit Thieren und Vögeln, da war es – die Uhr schlug gerade fünf auf dem großen Kirchturme – daß Karl fagte: »Au, es stach mir in das Herz! Und nun flog mir etwas in das Auge!«
Das kleine Mädchen nahm ihn um den Hals, er plinzelte mit den Augen, aber es war gar nichts zu sehen.
»Ich glaube, es ist fort!« sagte er; aber weg war es nicht. Es war eins von den Glaskörnern, welches vom Spiegel gesprungen war, dem Zauberspiegel, wir entsinnen uns seiner wohl, das häßliche Glas, welches alles Große und Gute, was sich darin abspiegelte, klein und häßlich machte, aber das Böse und Schlechte trat ordentlich hervor, und jeder Fehler an einer Sache war gleich zu bemerken. Der arme Karl hatte auch ein Korn gerade in das Herz hinein bekommen. Das wird nun bald wie ein Eisklumpen werden. Nun that es nicht mehr wehe, aber es war da.
»Weßhalb weinst Du?« fragte er. »So siehst Du häßlich aus! Mir fehlt ja nichts! Pfui!« rief er auf einmal, »die Rose dort hat einen Wurmstich! und sieh, diese da ist ja ganz schief! Im Grunde sind es häßliche Rosen! sie gleichen dem Kasten, in welchem sie stehen!« und dann stieß er mit dem Fuße gegen den Kasten und riß die beiden Rosen ab. »Karl, was machst Du?« rief das kleine Mädchen; und als er ihren Schreck gewahr wurde, riß er noch eine Rose ab und lief dann in sein Fenster hinein von dem kleinen, lieblichen Gretchen fort.
Wenn sie später mit dem Bilderbuche kam, dann sagte er, daß das für Säuglinge sei, und erzählte die Großmutter Geschichten, so kam er immer mit einem Aber; ja, konnte er dazu gelangen, dann ging er hinter ihr her, setzte eine Brille auf und sprach eben so wie sie; das machte er ganz treffend, und dann lachten die Leute über ihn. Bald konnte er allen Menschen in der ganzen Straße nachsprechen und nachgehen. Alles, was ihnen eigen und unschön war, das wußte Karl nachzumachen, und dann sagten die Leute: »Das ist sicher ein ausgezeichneter Kopf, den der Knabe hat!« Aber das war das Glas, was ihm in das Auge gekommen, das Glas, welches ihm in dem Herzen saß; daher kam es, daß er selbst das kleine Gretchen neckte, die ihm von ganzem Herzen gut war.
Seine Spiele wurden nun ganz anders als früher, sie wurden ganz verständig! An einem Wintertage, als es schneite, kam er mit einem großen Brennglase, hielt seinen blauen Rockzipfel hinaus und ließ die Schneeflocken darauf fallen.
»Sieh nun in das Glas, Gretchen!« sagte er, und jede Schneeflocke wurde viel größer und sah aus wie eine prächtige Blume oder ein zehneckiger Stern; es war schön anzusehen. »Siehst Du, wie künstlich!« sagte Karl. »Das ist weit hübscher als die wirklichen Blumen, und es ist kein einziger Fehler daran, sie sind ganz regelmäßig, wenn sie nur nicht schmelzen würden!«
Bald darauf kam Karl mit großen Handschuhen und seinem Schlitten auf dem Rücken und rief Gretchen in die Ohren: »Ich habe Erlaubniß erhalten, auf den großen Platz zu fahren, wo die andern Knaben spielen!« und weg war er.
Dort auf dem Platze banden oft die kecksten Knaben ihre Schlitten an die Wagen der Landleute fest und dann fuhren sie ein gutes Stück Weges mit. Das ging prächtig. Als sie im besten Spielen waren, da kam ein großer Schlitten, der war ganz weiß angestrichen, und darin saß Jemand in einen rauhen, weißen Pelz gehüllt und mit einer weißen, rauhen Mütze. Der Schlitten fuhr zweimal herum um den Platz, und Karl band seinen kleinen Schlitten schnell daran fest und nun fuhr er mit. Es ging rascher und rascher, gerade hinein in die nächste Straße; der, welcher fuhr, wendete das Haupt und nickte freundlich zu, es war gerade, als ob sie einander kannten. Jedesmal, wenn Karl seinen kleinen Schlitten ablösen wollte, nickte die Person wieder, und dann blieb Karl sitzen. Sie fuhren endlich zum Stadtthor hinaus, da begann der Schnee so stark hernieder zu fallen, daß der kleine Knabe keine Hand vor sich erblicken konnte, aber er fuhr davon. Da ließ er schnell die Schnur fallen, um von dem großen Schlitten loszukommen, aber das half nichts, sein kleines Fahrzeug hing fest, und es ging mit Windeseile. Da rief er ganz laut, aber Niemand hörte ihn, der Schnee trieb und der Schlitten flog von dannen; mitunter gab es einen Sprung, es war, als führe er über Gräben und Hecken. Er war ganz erschrocken, er wollte sein Vaterunser beten, aber er konnte sich nur des großen Einmaleins entsinnen.
Die Schneeflocken wurden größer und größer, zuletzt sahen sie aus wie große, weiße Hühner;
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Wer liebt dieses Märchen nicht?
LG - Marie
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