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Verstehst Du die Krähensprache, dann will ich besser erzählen!«
»Nein, diese habe ich nicht gelernt!« sagte Gretchen, »aber die Großmutter konnte sie, und auch die P-Sprache konnte sie sprechen. [Fußnote] Hätte ich es nur gelernt!«
»Schadet gar nichts!« sagte die Krähe. »Ich werde erzählen, so gut ich kann, aber schlecht wird es immer!« Dann erzählte sie, was sie wußte.
»In diesem Königreich, in welchem wir jetzt sitzen, wohnt eine Prinzessin, die ist ganz außerordentlich klug, aber sie hat auch alle Zeitungen, die es in der Welt giebt, gelesen und wieder vergessen, so klug ist sie. Vor Kurzem sitzt sie auf dem Throne und das ist doch nicht angenehm, sagt man, da fängt sie an ein Lied zu singen: ›Weßhalb sollte ich mich nicht verheirathen?‹ ›Höre, da ist etwas daran‹, sagte sie, und so wollte sie sich verheirathen, aber sie wollte einen Mann haben, der zu antworten verstand, wenn man mit ihm sprach, einen, der nicht nur stand und vornehm aussah, denn das ist zu langweilig. Nun ließ sie alle Hofdamen zusammentrommeln, und als diese hörten, was sie wollte, wurden sie sehr vergnügt. ›Das mag ich leiden!' sagten sie, ›daran dachte ich neulich auch!‹ – Du kannst glauben, daß jedes Wort, was ich sage, wahr ist!« sagte die Krähe. »Ich habe eine zahme Geliebte, die geht frei im Schlosse umher, und die hat mir Alles erzählt!«
Die Geliebte war natürlicherweise auch eine Krähe. Denn eine Krähe sucht die andere, und das bleibt immer eine Krähe.
»Die Zeitungen kamen sogleich mit einem Rande von Herzen und der Prinzessin Namenszug heraus. Man konnte darin lesen, daß es jedem jungen Mann, der gut aussah, frei stehe, auf das Schloß zu kommen und mit der Prinzessin zu sprechen, und derjenige, welcher rede, daß man hören könne, er sei dort zu Hause, und der am besten spreche, den wolle die Prinzessin zum Mann nehmen! – »Ja, ja!« sagte die Krähe, »Du kannst es mir glauben, es ist so gewiß wahr, als ich hier sitze. Die Leute strömten herzu, da war ein Gedränge und ein Laufen, aber es glückte nicht, weder den ersten noch den zweiten Tag. Sie konnten Alle gut sprechen, wenn sie draußen auf der Straße waren, aber wenn sie in das Schloßthor traten und sahen die Wachen in Silber und die Treppen hinauf die Diener in Gold, und die großen, erleuchteten Säle, dann wurden sie verwirrt; und standen sie vor dem Throne, wo die Prinzessin saß, dann wußten sie nichts zu sagen, als das letzte Wort, was sie gesprochen hatte, und sie kümmerte sich nicht darum, das noch einmal zu hören. Es war gerade, als ob die Leute dadrinnen Schnupftabak auf den Magen bekommen hätten und in den Schlaf gefallen wären, bis sie wieder auf die Straße kamen; dann konnten sie wieder sprechen. Da stand eine ganze Reihe vom Stadtthor an bis zum Schloß. »Ich war selbst drinnen, um es zu sehen!« sagte die Krähe. »Sie wurden sowohl hungrig wie durstig! Aber auf dem Schloß erhielten sie nicht einmal ein Glas Wasser. Zwar hatten einige der Klügsten Butterbrod mitgenommen, aber sie theilten nicht mit ihrem Nachbar, sie dachten: Laß ihn nur hungrig aussehen, dann nimmt die Prinzessin ihn nicht!«
»Aber Karl, der kleine Karl?« fragte Gretchen. »Wann kam der? War er unter der Menge?«
»Warte, warte, nun sind wir gerade bei ihm! Es war am dritten Tag, da kam eine kleine Person, ohne Pferd oder Wagen, ganz fröhlich gerade auf das Schloß marschirt; seine Augen glänzten wie Deine, er hatte schöne, lange Haare, aber sonst ärmliche Kleider.«
»Das war Karl!« jubelte Gretchen. »O, dann habe ich ihn gefunden!« und dann klatschte sie in die Hände.
»Er hatte ein kleines Ränzel auf dem Rücken!« sagte die Krähe.
»Nein, das war sicher sein Schlitten,« sagte Gretchen, »denn mit dem Schlitten ging er fort!«
»Das kann wohl sein«, sagte die Krähe, »ich sah nicht so genau darnach; aber das weiß ich von meiner zahmen Geliebten, daß, wie er in das Schloßthor kam und die Leibwache in Silber und die Treppe hinauf die Diener in Gold sah, er nicht im mindesten verlegen wurde, nickte und zu ihnen sagte: ›Das muß langweilig sein, auf der Treppe zustehen, ich gehe lieber hinein!‹ Da glänzten die Säle von Lichtern; Geheimräthe und Staatsräthe gingen auf bloßen Füßen und trugen Goldgefäße; man konnte wohl bedenklich werden; seine Stiefel knarrten gewaltig laut, aber ihm wurde doch nicht bange!«
»Das ist ganz gewiß Karl!« sagte Gretchen. »Ich weiß, er hatte neue Stiefel, ich habe sie in der Großmutter Stube knarren hören!«
»Ja, sie knarrten«, sagte die Krähe, »und fröhlich ging er gerade zur Prinzessin hinein, die auf einer großen Perle saß, welche so groß wie ein Spinnrad war. Alle Hofdamen mit ihren Jungfern und den Jungfern der Jungfern, und alle Ritter mit ihren Dienern und den Dienern der Diener, die wieder einen Burschen hielten, standen ringsherum aufgestellt; und je näher sie der Thür standen, desto stolzer sahen sie aus. Des Dieners Dieners Burschen, der immer in Pantoffeln geht, darf man kaum anzusehen wagen, so stolz steht er in der Thür.«
»Das muß gräulich sein!« sagte das kleine Greichen. »Und Karl hat doch die Prinzessin erhalten?«
»Wäre ich nicht Krähe gewesen, so hätte ich sie genommen, und das ungeachtet ich verlobt bin. Er soll ebenso gut gesprochen haben, wie ich spreche, wenn ich die Krähensprache rede, das habe ich von meiner zahmen Geliebten gehört. Er war fröhlich und niedlich; er war gar nicht gekommen zum Freien, sondern nur, um der Prinzessin Klugheit zu hören, und die fand er gut, und sie fand ihn wieder gut.«
»Ja, sicher, das war Karl!« sagte Gretchen. »Er war so klug, er konnte die Kopfrechnung mit Brüchen! – O, willst Du mich nicht auf dem Schlosse einführen?«
»Ja, das ist leicht gesagt!« sagte die Krähe. »Aber wie machen wir das? Ich werde darüber mit meiner zahmen Geliebten sprechen; sie kann uns wohl Rath ertheilen; denn das muß ich Dir sagen, so ein kleines Mädchen, wie Du bist, bekommt nie Erlaubniß, hineinzukommen!«
»Ja, die erhalte ich!« sagte Gretchen. »Wenn Karl hört, daß ich da bin, kommt er sogleich heraus und holt mich!«
»Erwarte mich dort am Gitter!« sagte die Krähe, wackelte
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Wer liebt dieses Märchen nicht?
LG - Marie
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