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und wartete auf die nächste Frage:
„Ich brauche Sie wohl nicht zu fragen, was Sie können, Sie sind offensichtlich einer dieser Computerfreaks und, wie wir wissen, ebenfalls mit einem IQ von 200 ausgestattet.
Mich würde nur noch eines interessieren. Was wissen Sie über den neuen Rohstoff?
Welcher neue Rohstoff?, log Gereon.
Sie wissen nichts über den neuen Rohstoff, an dem wir forschen sollen?
Nein, ich habe keine Ahnung, für was soll er denn verwendet werden?
Nun, dass sollen Sie herausfinden, Herr Rosenheim. Gehen Sie in das Zelt 4 und folgen Sie den Anweisungen. Als Thea Gereon ins Zelt kommen sah, war sie überglücklich. Nun waren Sie vereint, alle 200 Fugoten.
Bis zum Abend wurden Sie entkleidet und gewaschen, außerdem sollten Sie ihre Schmuckstücke, Amulette, Uhren abgehen und bekamen graublau gestreifte Arbeitsanzüge. Und am Abend trafen vier Busse ein, ein Bus für jedes Zelt. Die Fugoten wussten, was auf sie zukam und waren daher ruhig und gefasst. Selbst im Zelt 1 blieb es ruhig, nur einige Kinder schauten traurig auf ihre Mütter, weil sie nicht wussten, wann sie sie wiedersehen würden. Nur die anderen wussten, dass sie sie niemals wiedersehen würden. Aber auch sie blieben gefasst, weil sie sich darauf vorbereitet hatten. Die Reifen der Busse wirbelten den Staub auf den Straßen meterhoch in die Luft, während sie den Platz der Regierung verließen und in die dichten Wälder des Nordens aufbrachen.
4
Die Busse fuhren stundenlang durch die üppige Landschaft, vorbei an stillgelegten Fabriken, Kläranlagen, kleine Höfe huschten an den Fenstern der Busse vorbei. Mal ging es kilometerweit durch Alleen, dann wieder fuhr der Bus durch große parzellierter Felder vorbei. Je länger der Bus fuhr, desto unbefestigter wurden die Straßen, sie wurden kurvenreicher und enger, und dann verlief sich die Straße in das Waldgebiet, das zu den größten des Landes zählte. Wer dieses Waldgebiet nicht kannte, der lief Gefahr, dort umzukommen, so dicht und stockdunkel war der Wald und so unendlich groß. Das halbe Land war von diesem Wald bedeckt. Nur sehr kundige Leute waren in der Lage, die Orientierung zu halten und aus ihm herauszufinden. Und in diesem Wald sollten die Schneemänner arbeiten.
Die Busse blieben alle zwei Stunden stehen, damit die Schneemänner frische Luft schnappen und ihre kleinen und großen Geschäfte machen konnten. Auch die Busfahrer lehnten an den Türen ihrer Busse und rauchten selbst gestopfte Zigaretten. Merkwürdigerweise waren die Busse nicht von den Männern mit den schwarzen Anzügen bewacht. Es sollte ja auch nicht so aussehen, als müsse man die Schneemänner bewachen. Sie sollten ja je nach ihren Talenten im ganzen Land verteilt werden und in Kontakt mit anderen Experten treten. Wozu also sollte man sie bewachen. Die Busfahrer wussten ja nicht, dass die Fugoten längst wussten, dass sie keiner mehr wollte und in einem Lager tief in den nördlichen Tannenwäldern interniert werden sollten. Noch merkwürdiger aber war, dass die Fugoten keine Anstalten machten, selbst zu flüchten. Wohin sollten sie auch flüchten. Sie wollten nicht auf der Flucht sein, sie wollten die Herrschaft über das Lang gewinnen und die Welt vor dem Untergang retten. Und dazu mussten sie einen ausgeklügelten Plan finden. Nur in der Gemeinschaft war ein solcher Plan durchführbar und er war nur dort möglich, wo sie die Kontrolle über die Regierung mit den Männern in den schwarzen Anzügen hatten. Sie wussten auch, dass im Bus Nr. 1 Fugoten saßen, die recht schnell ermordet werden würden, sobald die Busse die Kaserne erreicht hatte. Es war Teil ihrer Strategie, dies zuzulassen. Der Preis war hoch, aber gemessen an der Macht über dieses Land war es ein angemessener Verlust. Die Fugoten fürchteten den Tod nicht. Das war ihr größter Vorteil im Kampf mit den Männern in den schwarzen Anzügen.
Gegen Mitternacht des zweiten Tages erreichten die Busse die Kaserne in der Region 24. Sie lag etwa zweihundert Kilometer südlich der Grenze zu Land 9 und etwas dreihundert Kilometer westlich der Grenze zu Land 7. Zum Land 6 waren es etwa eintausend Kilometer. In alle Richtungen durchzog sich dichter Wald, einer der größten Waldgebiete der noch vorhandenen Landoberfläche. Die Meere waren mehrere Tausend Kilometer entfernt und grenzten an den übrigen Ländern. Das Land 8 war nur von anderen Landesgrenzen umschlossen und hatte selbst keine Küste. Wer aus dieser Kaserne fliehen würde, käme nicht weit. In den Wäldern war es so dunkel, dass man kaum zwei Meter Sicht hatte, außerdem gab es Wölfe und Kojoten. Es war vollkommen unmöglich, aus der Kaserne heraus ein anderes Land zu erreichen. Aus diesem Grund gab es um die Kaserne herum auch keine Stacheldrahtzäune. Es war offenes Gelände.
Als die Busse vor dem Verwaltungsgebäude geparkt hatten, ließen sie die Schneemänner auf den Platz vor dem Verwaltungsgebäude aussteigen. Allerdings waren mit Kreide Flächen auf dem Boden markiert und mit Nummern von eins bis vier bezeichnet. Jeder Bus hatte sein eigenes abgestecktes Terrain, wo sich die Schneemänner je nach Busnummer aufhalten sollten. Die meisten ließen sich auf den Boden nieder und legten sich flach hin, sie waren alle erschöpft von der zweitägigen Busfahrt. Besonders der letzte Tag war anstrengend, denn die Straßen wurden immer enger und unbefestigter, gleich Straßenschluchten durch einen Nationalpark. Die Busse sanken immer wieder in Schlaglöcher ein und kamen nur sehr langsam weiter. Einige Fugoten mussten sich schon während der Fahrt übergeben, so dass die Busse nach Erbrochenem stanken.
Die Busfahrer verschwanden in das Verwaltungsgebäude und kamen nach einigen Minuten mit Wasserkrügen und Kisten mit Obst auf den Vorplatz zurück. Vor jedem Bus stellten Sie die Wasserkrüge und die Obstkisten ab und bedeuteten den Schneemännern, sie sollen sich erfrischen. Nichts ahnend tranken sie das Wasser und aßen Birnen und Äpfel. Nach einer Weile fielen sie alle in einen tiefen Schlaf. Mit dieser List gelang es den Männern mit den schwarzen Anzügen, die Fugoten aus dem Bus Nr. 1 im Vulkansee zu ertränken, wie es die Regierung vorgesehen hatte. Die anderen Fugoten wurden schlafend auf Karren aufgeladen und in die Wohnblöcke gebracht, wo jedem Schneemann ein eigener, spärlich eingerichteter Raum zugeteilt wurde. Dort wachten sie am nächsten Morgen auf. Sie wurden von einer Lautsprecheransage auf den Vorplatz des Verwaltungsgebäudes befohlen. Nur mühsam