Leben in Zeiten der Massenpsychose - Page 3

Bild von sheogorath
Bibliothek

Seiten

Meine Atemwege waren in der Folge der Erkrankung noch auf Monate
nicht ganz dieselben. Aber am Ende war doch alles gut überstanden und
vergessen.

Im hier und heute wunderte ich mich, wofür man diese Erbsenzählerei einzelner
CoronaInfizierter in den verschiedensten Ländern und Regionen der Welt
betrieb. War das nun nur dem Nachrichtengeschäft geschuldet, oder hatten diese
Daten einen tatsächlichen Wert für die Verantwortlichen bei den Behörden
überall auf der Welt? Der Gedanke, zu versuchen, eine räumliche Ausbreitung
des Virus zu verhindern, erschien mir illusorisch. Es war mir offensichtlich,
dass dieses Virus längst so gut wie den ganzen Planeten erreicht hatte und
sich nicht mehr einfangen lassen würde. Gerade der meist symptomlose oder
milde Verlauf der Krankheit war ja geradezu ein Garant dafür, dass das Virus
unbemerkt seine Reise nach überall hin bereits abgeschlossen hatte, bevor
aufgeregte Medien und Behörden überhaupt mit dem Zählen anfangen und Gebiete
abriegeln konnten.

Immer wieder stolperte ich in Leserkommentaren auf den Namen „Drosten“, bei
dem es sich um einen Virologen an der Berliner Charité handelte. Ich hörte,
dass dieser Herr Drosten seit einiger Zeit durch alle möglichen Massenmedien
gereicht wurde und seine Meinung zu der Corona-Thematik zum Besten gab. Er
schien die Hysterie in den Medien mit seinen Aussagen noch zu befeuern. Er war
also eine Art Bundesvirologe in diesem Land. Ich hatte mich mit diesem
Experten noch nicht weiter auseinandergesetzt, doch war er für mich zu diesem
Zeitpunkt bereits „verbrannt“, denn wer sich so durch die Medien schleifen
ließ, wirkte auf mich notgedrungen nicht mehr unabhängig, sondern stand unter
dem Eindruck der Berichterstattung, von der er selbst ein Teil war. Wie ich
erst später erfahren sollte, hatte Herr Drosten an seinem Institut an der
Berliner Charité auch jenes Testverfahren mitentwickelt, mit dem Menschen auf
Corona-Erreger getestet wurden. Dieses Verfahren wurde von der
Weltgesundheitsorganisation akzeptiert und spülte nun auch Geld in die Kassen
der Berliner Charité, da Millionen dieser Tests auf der ganzen Welt
durchgeführt wurden. Damit war Herr Drosten also tiefer in den „Fall Corona“
verstrickt, als mir zu diesem Zeitpunkt bekannt war. Außerdem war Herr Drosten
auch über zehn Jahre zuvor bereits einmal Protagonist beim Thema
„Schweingegrippe“ gewesen. Seinerzeit herrschte eine wochenlange Impfhysterie,
der man sich anschließen sollte, um dieser gefährlichen Erkrankung zu
entkommen. Die Erkrankung stellte sich rückblickend als nicht besonders
gefährlich heraus. Jedoch hatten Staaten riesige Gelder ausgegeben, um
Impfungen und Medikamente anzuschaffen. Und auch in meiner Firma konnte man
immer noch Aufklärungsplakate und Desinfektionsmittel finden, die von dieser
Zeit herrührten.

Da sich hier eine immer aufregendere „Erzählung“
entwickelte, durfte natürlich ein Widersacher des Experten Drosten nicht
fehlen. Das war ein gewisser Herr Kekulé, der teilweise abweichende Meinungen
veröffentlichte. Scheinbar war er zu dieser Zeit aber in den Massenmedien
schon nicht mehr gefragt. Der Medienapparat hatte sich offenbar bereits für
„seine“ Corona-Interpretation entschieden und selbst leicht abweichende
Darstellungen waren nicht mehr gut gelitten. In einem Internetkommentar zum
Thema stieß ich auf die provokative Frage: „Wo ist Kekulé?“. Wurde er etwa
ermordet, beiseite geschafft, eingekerkert? Mittlerweile schien man mit allem
rechnen zu müssen. Ob Kekulé nun gebraucht wurde, um die Lage zu beruhigen,
oder weiter und schneller zu eskalieren, war mir nicht ganz klar. Und
vermutlich auch dem Kommentator nicht. Ich selbst jedenfalls hatte es bis zu
diesem Zeitpunkt geschafft, noch von keinem dieser beiden Experten einen
Beitrag zu konsumieren und war auch nach den Hinweisen unter den
Internetnutzern nicht erpicht darauf.

Unsichere Urlaubspläne

Unser Sizilienurlaub stand in Kürze bevor. Seit einigen Tagen wurden wir von
meiner Schwiegermutter telefonisch bedrängt, doch diesen unsinnigen Urlaub in
Italien abzusagen. Wir würden in Quarantäne kommen und unsere Arbeitsplätze in
Gefahr bringen. Unablässig versicherten wir ihr, dass dieses Thema doch nur
in den Medien übertrieben wird. Wir wollten uns unseren Ausflug in den
Mittelmeerfrühling nicht davon kaputt machen lassen. Ich spreche auch etwas
Italienisch und unterhielt mich mit den Vermietern der Unterkunft in Sizilien
bereits einige Tage vor dem geplanten Aufenthalt auf elektronischem Wege. Von
ihnen kam zunächst die beruhigende Meldung, dass es vor Ort keine an Corona
Erkrankten gebe und alles gut sei. Gleichzeitig wollten sie jedoch von mir
wissen, ob es denn dort, wo ich lebe „Fälle“ gebe. Offenbar herrschte hier
schon einige Unsicherheit in den Köpfen: Importierte man sich da eine Seuche
mit den Touristen?

Die schlechte Nachricht erreichte mich schon wenige Tage später am neuen
Heimarbeitsplatz: Italien werde jetzt landesweit abgeriegelt. Was hieß das nun
für unseren Urlaubsaufenthalt? Noch hatte ich etwas Hoffnung. Die Italiener
haben ja ein etwas anderes Verhältnis als die Deutschen zu dem, was *verordnet*
wird und dem, was tatsächlich *gelebt* wird. Die Ernüchterung erfolgte jedoch
kurz später durch eine Nachricht unserer Gastgeber: „Purtroppo stanotte tutta
Italia è diventata zona rossa“ also ganz Italien war leider über Nacht zur
roten Zone erklärt worden. Auch Italien hatte schon einen eigenen Wortschatz
im Corona-Komplex entwickelt. Dort ging es im Moment um diese roten Zonen, die
von der Lombardei im Norden aus nun tatsächlich entgegen meiner Erwartung in
Windeseile über das ganze Land ausgeweitet worden waren. Innerhalb dieser
Zonen sollte nun kein unnötiger Verkehr mehr stattfinden. Selbst wenn wir noch
mit dem Flieger ankommen könnten, so die Gastgeber, wäre die Rückreise nicht
gesichert. Die Gastgeber nahmen das Thema also sehr wohl ernst. Die Absage des
Flugs durch die Fluggesellschaft erfolgte nur wenige Stunden später.

Hiermit war das Corona-Thema nun endgültig in meinem persönlichen Leben
angekommen. Unser Mittelmeerurlaub wurde davon ruiniert. Da ich insbesondere
das Zusammenstellen von Urlaubsreisen hasse, war dies ein großer Jammer für
mich, so wenige Tage vor dem geplanten Beginn der Reise. Die kostenlose
Stornierung aller Buchungen gelang überraschenderweise zunächst problemlos und
kulant. Hier waren bereits die ersten Anzeichen einer gesellschaftlichen
Veränderung zu bemerken: Geld spielte im Moment nicht mehr die wichtigste
Rolle. Schnell prüfte ich alternative Reiseziele im Mittelmeerraum.

Zu diesem Zweck musste ich in die Leitmedien eintauchen, um die jeweils
tagesaktuellen (man könnte hier besser sagen *minutenaktuellen*) Informationen
zu bekommen. Ich tat dies, obwohl mir selbst die meisten alternativen Medien
zu diesem Zeitpunkt schon einfach nur noch mit dem Corona-Thema auf den Geist
gingen. Zu meinem Erschrecken musste ich feststellen, dass in allen möglichen
Ländern bereits aufgeregte Maßnahmen beschlossen wurden, so zum Beispiel auch
in Portugal, Spanien oder in Griechenland. Ein paar kleinere Länder wie Malta
oder Montenegro versicherten noch, dass alles unter Kontrolle sei und keine
großen Beschränkungen erlassen werden würden. Insgesamt schien die
Reisesituation in diesen Tagen jedoch schon so unsicher, dass wir uns lieber
auf ein inländisches Alternativreiseziel festlegten. Wenn wir schon nicht ans
warme Mittelmeer fahren konnten, so wollten wir denn wenigstens an unsere
heimische deutsche Nordsee fahren. Die Aussicht auf das nordische Wetter dort
Mitte März fand ich nicht besonders rosig, obwohl ich die Nordsee sonst sehr
mochte. Sehr

Seiten