Was geschieht, nachdem wir geboren wurden?

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von Alf Glocker

Was geschieht mit uns, nachdem wir geboren wurden? Wir beginnen zu denken? Das ist vielleicht teilweise richtig, aber eigentlich beginnen wir Systeme zu erlernen! Zuerst kommt relativ fundamentales Wissen auf uns zu: Wir müssen Brüste finden (manche Männer sind in ihrem ganzen späteren Leben immer noch damit beschäftigt), wir lernen, wann man sie bekommt … nämlich wenn man schreit (darauf dürfen sich Männer in ihrem späteren Leben nicht verlassen) – wir bemühen uns aber auch bereits ganz raffiniert, andere Menschen zu täuschen, indem wir uns besonders niedlich geben. Das sind die vordringlichsten Intelligenzleistungen. Dann wird es ernst!

Denn die Bemühungen drehen sich um. War man zuerst vorrangig damit beschäftigt, unsere Bedürfnisse zu erfüllen, sehen wir bald darauf den Ansprüchen ausgesetzt, elterliche Anforderungen zu erfüllen. Man schickt uns in Schulen und Kindergärten, wo nicht besonders vorankommen, wenn wir einfach nur „etwas wissen“ wollen. Denn das Wissen ist an Bedingungen geknüpft. Niemand erklärt uns von Anfang an, wie die Welt funktioniert – und das nicht immer deshalb, weil das kaum einer weiß, sondern hauptsächlich, weil man uns Lebensanschauungen und Ordnungsmethoden aufs Auge drücken möchte, von denen wir freiwillig wohl nicht sehr viel halten würden.

Die Lehrpläne geben, je nach Kulturkreis vor, nicht DASS wir zu denken haben, sondern vor allem WIE. Ausschlaggebend für alles, was dann auf uns zukommt, ist die Vernunft derer, die uns vorausgegangen sind. Der Horizont der Vorfahren macht sich in uns breit und wartet, sofern wir uns in einem wenigstens relativ freien Land befinden, darauf, möglichst erweitert zu werden. In vielen Ländern jedoch geht man der Einfachheit (der Geister) wegen, aber eher gleich dazu über, in geradezu manisch anmutenden Pendelbewegungen des Oberkörpers Glaubensvokabeln auswendig zu lernen, die dort als höchstes Wissen gelten.

Und so formt sich dann der Verstand! Einerseits geben die Gene schon vor, womit man Zufriedenheit erlangt, und andererseits ist es jedoch auch willigen Experimentatoren verwehrt, die eventuell spärlich oder reichlich auftretenden Intuitions-Impulse in lesbare Zeichen umzusetzen, aus denen die armen Seelen lesen könnten, wie die „Realität“ tatsächlich aussieht. Echte geistige Beweglichkeit kommt also grundsätzlich zunächst von innen, um dann jedoch sofort auf diverse Systemgrenzen zu stoßen, die meist von einer langen Kette geistig minderbemittelter Machthaber und deren Knechte entworfen wurden.

Insgesamt erinnert diese Methode an den gemeinen Ameisenstaat! In ihm kann ein Individuum kein Individuum sein. Genau das wird aber auch in den meisten Zivilisationen angestrebt: die Mit-Wirkung anstelle der Wirkung. Das Handeln im Dienst vorherrschender Regeln, die sich manchmal auf die Psyche so tödlich auswirken wie Gift: Dabei gefallen sich vor allem herausragende Hohlköpfe ihrer künstlichen Bedeutung als Lehrer, Abgeordnete, Priester und Richter … wobei selbstverständlich nicht unbedingt gesagt ist, daß die genannten Berufe nur von Nullen besetzt sind. Zu beachten wäre allerdings das Maß der Verantwortung, welches einem gewissenhaften Mitglied einer systemtreuen Gesellschaft auferlegt ist. Das kann einen zu Boden drücken, wenn man nicht aufpasst!

Hier mit absoluter Ehrlichkeit zu agieren ist Selbstmord! Die – von staatlicher Seite aus so gesehene – Nichterfüllung der Pläne geht mit der Ausübung eines Amtes stets einher … was wiederum bedeutet: Daß Denker aus Überzeugung, auf Dauer, darin keinen Platz finden können. Durchbrochen werden kann dieser Teufelskreis nur, wenn wir uns eines klarmachen: Ein anerkanntes System darf immer nur der Anreiz für Neuerfindungen, für den gesellschaftlichen Wandel (und zwar ausschließlich hin zum Guten, nicht zum PROPAGIERTEN Guten) sein und kein Korsett, das uns am freien Atemholen hindert! Wer das jetzt nicht verstanden hat, der ist vermutlich ein sehr guter Systemschüler gewesen.

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