Was ich alles Schizophrenes erlebe

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von Alf Glocker

Ich erlebe nicht was ich erlebe, ich bin nicht was ich bin – und außerdem sollte man sich nicht als Schizophrener unter Schizophrenen aufhalten! Solange keiner weiß was er tut, kann ich nicht abschätzen was ich am besten tun kann, ohne Gefahr zu laufen, jemandem zu begegnen, der mich oder mein Tun nicht einschätzen kann.

Die Lage ist prekär. Man muss ja nur das Radio oder den Fernseher anmachen und schon wird man angemacht ... unzählige Schizophrene erzählen Schizophrenes, zeigen Schizophrenes und lassen uns Schizophrenes hören. Da vergeht einem ja alles nicht Schizophrene!

Schützen kann man sich davor leider nicht, außer man fängt an, sich vorbehaltlos mit seiner fleischlichen Existenz zu Identifizieren ... falls man das nicht schon immer getan haben sollte. Manche behaupten ja auch, es gäbe da außerdem nichts. Das ist nett gemeint, aber nicht besonders hilfreich, wenn es um die Beurteilung von Schizophrenen geht.

Die sind nämlich absolut von der Ausschließlichkeit ihrer fleischlichen Existenz überzeugt, handeln aber nicht danach. Sie bringen sich selbst in Gefahr ohne Suizidabsichten zu hegen, sie werden krank, ohne sich mit einem Virus infiziert zu haben – ihr eigener Geisteszustand hat schon genügt, um sie in die Enge zu treiben.

Und dort treiben sie es ausgiebig, uneinsichtig, verbohrt, besessen und nicht ansprechbar, wenn es darum gehen sollte, ihren Zustand richtig zu beschreiben. Denn die Mehrheit der Schizophrenen – was wiederum die Mehrheit aller Menschen ist – ist der Meinung, daß IHRE Form der Schizophrenie keine ist, sondern, im Gegenteil, nur eine ausgefeilte Art der besseren Gesundheit darstellt.

Die Wirkung ihrer ausgefeilten Art der besseren Gesundheit auf das Gesamtbild der Menschheit und deren eventuelles Fortkommen, in eine, oder in einer Zukunft beachten sie nicht. Von ihrer Schizophrenie, pardon, von der „ausgefeilten Form ihrer besseren Gesundheit“, irritiert, pflegen sie ihre Geisteskrankheit bis in tatsächlich höhere Regionen hinein – wo sie allerdings dann völlig den Überblick verlieren.

Dieser Zustand wird unter den Schizophrenen, die ihre Krankheit als besondere Form der besseren Gesundheit bezeichnen (das sind praktisch die meisten Menschen auf der Welt, oder nein, eher in den zivilisierten Teilen derselben) wird als up to date, also immer auf dem neuesten Stand der Zeit, bezeichnet. Wer den erreicht hat ist, genau genommen, reif um abtransportiert zu werden!

Das geschieht in den meisten Fällen durch die Folgen ihrer Irrtümer, manchmal aber auch durchaus mithilfe weißgekleideter Zeitgenossen in weißen Turnschuhen ... allerdings geschieht Letzteres viel zu selten. Sonst würden wir nämlich über kurz oder lang einen ganz anderen Eindruck von uns unserer jeweilgen schizophrenen Prägung erhalten!

*

Die erlauchte Schizophrenie

„Ich bin gar nicht schizophren!“
(Ach ist das nicht wirklich schön?!),
Sagen jene Besserwisser,
die Schwachmaten, Windelnpisser,
die uns schaden wo es geht -
was ein Schizophrener nur versteht.

Die andern schütteln Herz und Kopf,
landen jedoch in dem Topf,
wohinein man Gauner wirft -
nur weil wer nicht tiefer schürft,
als bis in den seichten Grund.
Und der „Weise“ hält den Mund!

Niemand will verdächtigt werden,
mehr zu sein als Depp auf Erden.
Ja, der kluge Mann kriecht überall,
denn er hat den großen Knall
leider nicht im Geist gehört -
weil er auf Schizophrenes schwört!

Schizophrie und schizophra,
an die Front geht’s mit „Hurra!“
Und gestorben wird zum Spaß -
mach dir nicht die Hose nass,
wenn der Teufel dich jetzt braucht ...
wer schizophren ist, ist erlaucht!

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