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(Ausschluss von
sog.höheren Weihen)
9. Unwürdige Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern zum Wohle der
Wohlhabenden
10. Die weit verbreitete Unterdrückung völkischer Minderheiten
11. Die Handlungsweisen verantwortungsloser Politiker, welche nur deren
Machtstreben und deren materiellen Vorteilen dienen
... u.s.w. ...
All diese unwürdigen Auswüchse haben zwei Dinge gemeinsam:
a) sie waren schon immer so und
b) einigen geht es (nur deshalb) gut, weil sie die anderen am Wohlergehen
nicht teilhaben lassen
Auch der Carnismus lässt andere - die Nutz-Tierwelt - an einem würdigen Leben nicht teilhaben. Er spricht von „Produktion“, „Erzeugnissen“, „Effektivität“ und wendet, um diese zu steigern, Gewalt an. Gewalttätig, wie er ist, nutzt er die ihm geistig unterlegenen Kreaturen bis zu deren unvermeidlichen körperlichen Ruin aus, wo sie selbst als Leichen noch nutzbringend weiterverarbeitet werden können. Das Empfinden von Schmerzen - auch seelischen – wird bewusst verniedlicht. Das Abschlachten in Rekordzeiten verhindert oftmals eine wirksame Betäubung, auf Fangschiffen werden die Fische, denen es meist schon die Schwimmblase zerrissen hat, ohne Betäubung im Akkord ausgeweidet. Sie haben Glück, wenn sie vorher schon erstickt sind! Fangnetze und deren Teile treiben unkontrolliert in den Meeren und bilden qualvolle tödliche Fallen für Wasserbewohner ...
Niemand kann sich heute mehr darauf berufen, von genannten Greueln nichts zu wissen, denn inzwischen liegt offen, was früher verheimlicht wurde.
So muss sich der Carnismus zumindest Unwissenheit, Gedankenlosigkeit und Desinteresse, aber auch Gleichgültigkeit, mangelndes Einfühlungsvermögen, fehlende Feinfühligkeit, Genusssucht, Ichbezogenheit und geistige Bequemlichkeit bis hin zur bewussten Gewalttätigkeit vorwerfen lassen. Er stellt ein brutal lebensverachtendes Prinzip dar und passt damit paradoxerweise „wunderbar“ in unsere unvollkommene Welt. Deshalb wird er auch - außer die menschliche Evolution macht einen emotional-intellektuellen gewaltigen Sprung in Richtung „echte Menschlichkeit“ - noch lange Bestand haben...
Erst wenn die Achtung eines jeden Menschen vor dem unwahrscheinlichsten Kleinlebewesen soweit gediehen ist, dass er dessen Lebensrechte bewusst anerkennt und zu verteidigen bereit ist, wird seine Selbstachtung in die Bahn gelenkt sein, dass er auch seinen Mitmenschen aus Überzeugung achtungsvoll begegnen kann, was die Voraussetzung für ein friedvolles Miteinander wäre. Traurigerweise aber braucht man nur Nachrichten zu hören, um zu verstehen, wie weit wir von dieser Vorstellung entfernt sind ...
Aber: es gibt kleine Lichter am finsteren Horizont. Menschliche Ideen (gute und böse) hatten es seit jeher an sich, nicht vergeblich gedacht worden zu sein. Es gibt hoffnungsvolle Zeichen – zugegebenermaßen viel zu wenige – aber sie begegnen uns überall. Was kann der Einzelne schon ausrichten, fragt man sich oft. Ich glaube, sehr viel, denn er kann Hoffnungsträger sein und viele Einzelne ergeben letztlich eine Mehrheit …
Gewissenskonflikte, Widersprüche und Inkonsequenzen
Nichts gibt es umsonst: das scheinbar kostenlose Denken kostet Energie und oft (wenigstens zu Beginn einer Problemlösung) Lebensfreude.
Fall 1: Einem Veganer wird Inkonsequenz vorgeworfen, weil er einen kleinen Molch aus einer unabsichtlichen Nachzucht mit Drosophilas aufzieht. Dieser Vorwurf scheint berechtigt zu sein, zumal der Tierhalter mit der Lösung ebenfalls nicht zufrieden ist. Warum soll ein Molch mehr Rechte haben, als unzählige kleine Fliegen? Der Veganer wird anscheinend unschuldig schuldig, denn egal, wie er sich entscheidet, er tötet gegen seine ureigenste Überzeugung.
Trotz allem ist der Vorwurf sachlich unbegründet, da der Pflegling, der Molch, 100%-ig auf diese Nahrung angewiesen ist, dagegen kann der Pfleger nichts unternehmen. Weder hat der Molch die Möglichkeit, eine Entscheidung für pflanzliche Kost zu treffen, noch darf dies der Veganer tun ... ganz einfach, weil es nicht funktioniert. Alleine der moderne Mensch ist in der Lage, sich fleischlos zu ernähren und dafür die Verantwortung zu übernehmen.
Fall 2: Ein Bewohner des Polarkreises ernährt sich ausschließlich von Fleisch.
Er liebt seine Schlittenhunde über alles und hält sich für einen Tierfreund. Kann man in diesem Falle von einer (verwerflichen) Doppelmoral sprechen?
Prinzipiell nicht, denn der Eingeborene wird in dieser unwirtlichen Dauerfrostgegend kaum Getreide anbauen können. Anders wäre die Situation zu bewerten, wenn er eines Tages seine Heimat verlassen und in eine Gegend ziehen sollte, in der ein reichhaltiges Nahrungsangebot bestünde.
Fall 3: Darf ich möglicherweise meiner Gesundheit durch Aufnahme rein pflanzlicher Kost Schaden zufügen, nur um meinem veganen Gewissen gerecht zu werden?
Wer für seine Überzeugung lebt, lebte immer schon gefährlicher. Man denke hier an die Märtyrer des Christentums, an Widerstandskämpfer in totalitären Regimen, an jemanden, der einen anderen vor dem Ertrinken rettet, an den Feuerwehrmann im Einsatz ... oder auch nur an einen mitleidigen Menschen, welcher ein verletztes Tier von der Straße birgt und dabei Gefahr läuft, selbst angefahren zu werden. Sie alle bringen ihrem Gewissen Opfer aber: es wäre ihnen auch nicht wohl, wenn sie sich anders verhielten. Millionen von Vegetariern leben (seit ca. 1870) gesund, auf alle Fälle gesundheitsbewusster als die Normalbevölkerung. Zudem ist man heute in der Lage, durch geeignete Nahrungsergänzungsmittel - natürlich in Verbindung mit einer ansonsten vernünftigen Lebens- und Ernährungsweise – mögliche Nahrungsmängel
mit einem vertretbaren Restrisiko auszugleichen. Gegen die allgemeinen Risiken, welche das Leben für uns bereithält, ist letzteres als gering einzuschätzen.
Hier begegnen wir dem Phänomen der subjektiven Bewertung unserer Ängste.
Solche Gefahren, denen wir dauernd ausgesetzt sind – beispielsweise im täglichen Straßenverkehr – erzeugen weitaus weniger Angstgefühle als wesentlich unwahrscheinlichere Risiken, welche uns nur gelegentlich begegnen.
Wer weiß schon, ob der Genuss von Fleischwaren (allgemein von Medikamenten und Antibiotika verseucht!?) keine Risiken birgt?
Wer vermag zu erahnen, ob der Tourenradfahrer oder der Jogger, welche
sich auf der Fahrbahn oder auf dem Radwege daneben bewegen nicht ein ungleich höheres Gesundheitsrisiko zu verantworten haben, alleine durch die Abgase der vorbeifahrenden Kraftfahrzeuge, welche sie, da sie sich ja sportlich anstrengen, unbedacht in vollen Lungenzügen einatmen?
Fall 4: Man darf nicht behaupten, dass Menschen gelegentlich nicht auch gute Ideen hätten, aber – die beste Idee läuft Gefahr, schlecht zu werden, sobald Geld mitspielt.
Ich denke an einen Bauernhof in unserer Nähe. In der Herbstzeit wähle ich regelmäßig einen Umweg, um nicht daran vorbeifahren zu müssen, denn auf riesigem, eingezäuntem Gelände laufen (noch) fröhlich schnatternd Unmengen von (noch glücklichen) Gänsen herum. Warum müssen immer Tiere sterben, wenn Menschen feiern – egal ob auf Volksfesten oder an Weihnachten ? Sind sie schon so arm, die Menschen, dass sie glauben, ohne Alkohol und Tiersterben gar nicht mehr fröhlich sein zu können?
Bei genannten Gänsen geht es jedenfalls nur um's Geld – sie sind eine verlässliche, zusätzliche Einnahmequelle. Gäbe es beispielsweise pro Gans einen staatlichen Zuschuss in dreifacher Höhe des Schlachttierpreises und zusätzlich eine Erstattung der jährlichen Futterkosten für jedes lebende Tier, dann mauserte sich unser Landwirt ganz schnell zum überzeugten Tierschützer par excellence und denen, welche ihm noch eine Weihnachtsgans abkaufen wollten, erklärte er mit den unschuldigsten Kinderaugen der Welt, dass man diese lieben, unschuldigen Tierlein doch nicht verspeisen dürfe.
Geld verändert (oder verdirbt) eben oftmals den Charakter, wird doch auch ansonsten die Geldkassette nicht selten zum Sarge der Moral!
In Dankbarkeit
Marion gewidmet, dafür, dass sie mich
an ihren ebenso durchdachten wie (selbst)kritischen
Überlegungen zu nämlichem Themenkreise teilhaben
ließ ...
den Nachwuchsvegetariern Susanne und Norbert P.
in Anerkennung ihrer aufrichtigen Bemühungen um eine
tierschonende Ernährungsweise ...
meiner Ehefrau Anni, welche es großzügig toleriert,
dass ich in dieser und ähnlichen Schreibarbeiten stunden- und
oft nächtelang meine Gedanken zu ordnen versuche ...
und unserer Resl, welche mich – erfindungsreich wie sie ist -
ständig mit neuen veganen Kuchenkreationen überrascht, obwohl
sie selbst „das Gelumpe“ nicht isst.
Alfred Krieger
Haselbach, 23.IX.2015