Wissenschaft und Genialität

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von Alf Glocker

Kann man Genialität wissenschaftlich begründen, oder ist eine Wissenschaft, die plausible Erklärungen dafür finden kann, eine Farce? Kommt es drauf an wer, wissenschaftlich verbrämt, an Lösungen arbeitet, die Voreingenommenheiten ermöglichen, oder kommt es drauf an, wie man ein Vorurteil erzeugt, das vorgibt vorurteilslos zu sein?

Ist es z.B. wirklich „genial“, wenn man die Bibel, den Koran, das Kamasutra und das Telefonbuch von San Francisco vorwärts und rückwärts aufsagen kann? Muss man, um materiell reich werden zu können, die Wurzel aus Millionenbeträgen, mit 20 Stellen hinter dem Komma, im Kopf ausrechnen können, oder braucht man überhaupt Geist, um so viel Geld ansammeln zu können?

Was ist klüger – wenn man das Rätsel der Sphinx löst, seinen Vater erschlägt und seine Mutter heiratet, um danach König zu werden, oder wenn man kein König wird und im Armenhaus komplizierte Orakel verkündet, die danach Wirklichkeit werden, ohne auch nur im Geringsten Ähnlichkeit mit selbsterfüllenden Prophezeiungen zu haben?

Sollte ein Mensch/ eine Menschin über genug Schönheit verfügen, die schlau eingesetzt werden kann, damit spätere Generationen ein „vernünftiges“ Aussehen erhalten, oder genügt es nichts zu haben, dies jedoch so geschickt zu verbergen, damit eine vernichtende Moral daraus gesponnen werden kann? Die Variationen der Genialität sind anscheinend unendlich.

Und die Interpretationsmöglichkeiten, was nun Wissenschaft und/oder Genialität ist, wohl auch. Vermutlich kommt es wieder mal nur auf den Standpunkt an. Für einen Schimpansen mag der Gebrauch von einfachen Werkzeugen bereits genial sein, für einen hysterisch Gläubigen erscheint eine Erscheinung, die von jemandem gehabt zu sein scheint, außergewöhnlich ...

Was aber ist nun tatsächlich „genial“? Ist es womöglich das bislang nicht Gewusste – ist es ein Anflug von Wissen (nicht zu verwechseln mit einem Anflug von Wissenschaft)? Dann hätte es ja nichts mit anerkannter Intelligenz zu tun, sondern eher mit einem Geschenk ... Wissenswert in diesem Zusammenhang wäre dann nur noch, WER solche Geschenke bekommen kann! Ein Verrückter?

Sind Menschen, die das Kamasutra, den Koran und das Telefonbuch von San Francisco mitsamt Bibel, vorwärts und rückwärts aufsagen können, verrückt, oder sind es Träumer, die plötzlich mit der Mona Lisa, bzw. mit einer Dampfmaschine daherkommen und sagen „tut mir leid, aber mehr hatte ich einfach nicht drauf?!“ Das würde bedeuten, daß es genial war so etwas wie den Koran oder die Bibel (in hoffentlich guten Absichten – was womöglich zu bezweifeln ist) aus dem Nichts zu erfinden, nicht aber sie vorwärts und rückwärts aufsagen zu können.

Das allerdings wäre eine Katastrophe für das von der Wissenschaft als Richtschnur verbreitete Weltbild! Niemand würde sich mehr auskennen, wenn der klüger wäre, der die meisten Stellungen des Kamasutra schon virtuos ausgeführt hat ohne sie zu kennen, als einer der weiß, welche Stellung wo genau im Kamasutra zu finden ist. So wäre dann auch der genialer, der imstande ist, intuitiv die erotischsten Adressen des San Franciscoer Telefonbuchs herauszufinden, als einer, der weiß, welcher Name auf welcher Seite steht, ohne damit etwas anderes als das Aufsagen anfangen zu können.

Am schlimmsten zu nennen ist aber ganz sicher eine Kreatur, die öffentlich behauptet, sie wolle erst gar nicht wissen, was in der Bibel oder dem Koran steht, sie vermute aber, daß es sich um mehr oder weniger geniale Erfindungen aus dem Nichts handelt. Sollte dieses verabscheuungswürdige Etwas, dieses „Ding“, dann auch noch behaupten, es lohne sich nicht, derlei Kram auswendig zu lernen, sondern viel eher, sich während eines Liebesaktes, zu einer neuen Entdeckung, sprich „Erfindung“ inspirieren zu lassen, dann haben wir es mit einem Ausbund an Pfuiteufel zu tun, der, die, das, schnellstmöglich von der Erde herunter katapultiert werden MUSS!

So, jetzt wissen wir, was wissenschaftlich korrekt und genial einwandfrei ist, zu sein hat, was man als wünschenswert bezeichnen kann, darf, muss und woher der Wind weht – aus dem Leichenschauhaus nämlich!

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