Das Droodtelland

Bild von Alf Glocker
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Damals, als es noch Rassen gab, da herrschte die Rasse der Droodteln über einen vielschichtigen Wirtschaftsraum. Sie fütterten Börsen, verschifften oder bewegten auf andere Weise Waren aller Art hin und her und sie waren auch militärisch den anderen haushoch überlegen. Darüber freuten sich die Droodtlen so sehr, daß ihr Leben sehr bald einer einzigen Party glich, auf der die Schönsten der Schönen den Reichsten der Reichen wohlfeil angeboten wurden. Jedermann fühlte sich sicher und wohl, und wohl auch zu sicher, um nicht zu spüren, was er für ein Droodtel war.

Nachdem ein paar wenige Jahrhunderte, mit immer dem gleichen Ergebnis, daß die Droodteln siegten und reich und immer reicher wurden, vergangen waren, da fühlten sie etwas, das wohl nur Droodteln verspüren können: Stolz und Überlegenheit. Deshalb hörten sie auch auf, die anderen zu bekämpfen und beschlossen stattdessen, sich ab sofort nur noch selber zu drangsalieren. Wo sie sich trafen, maßregelten sie sich und schilderten einander wie toll doch die anderen, die Nichtdroodetln waren. „Droodtel“ wurde zu einem Schimpfwort.

In aller Öffentlichkeit schrien sich die Droodtlen gegenseitig an: „Du bist doch ein Droodtel!“ Aber sie bekamen stets nur entgegengeschleudert: „Nein, du bist ein Droodtel!“ Bis plötzlich wieder die Meinung aufkam, die Droodteln würden sich gegenseitig mit dem Wort „Droodtel“ verherrlichen. Insgeheim waren die Droodteln nämlich immer noch der Ansicht, daß sie es zu etwas gebracht hatten – gaben aber, aus nicht nachvollziehbaren Gründen, wie irre zu, daß sie dies nur durch die Nichtdroodtel geschafft hätten. Diese seien deshalb auch die besseren Menschen.

Bald war es egal, was ein Nichtdroodtel anstellte – es war alles entschuld- – ja sogar noch ganz einfach erklär-bar! Jeder, der kein Droodtel war, genoss Narrenfreiheit und wurde als ein noch typischerer Droodtel als der echte Urdroodtel angesehen. Überall entstanden Schmähreden auf Urdroodteln und Lobeshymnen auf diejenigen, welche Narrenfreiheit gegenüber den Original-Droodteln genossen … und dabei handelte es sich sehr bald um die erdrückende Mehrheit der Menschen, auf einer Erde, der es nicht mehr gelingen wollte, so richtig zu verdroodteln.

Nach und nach wurden die Droodteln selten! Sie wurden von den Narrenfreiheitlichen überpflanzt, so daß für echte Droodteln einfach kein Platz mehr auf einer einst völlig verdroodtelten Welt verblieb, sondern die Übermacht der Narren kurzerhand ein herrlich strenges Regime installieren konnte. Darin war es, bei Todesstrafe, verboten ein Droodtel zu sein, einen zu beherbergen, zu sagen, daß man einen beherbegen wolle, oder gar die Unterbringung eines Droodtels auch nur zu befürworten, denn Fürworte sollten rar werden im nunmehrigen Narrenland.

Aus Droodteln waren inzwischen sogar Oberdroodteln geworden! Das sind allwissende Buchstabenverdreher, die befugt sind, gewöhnlichen Droodteln entweder die Verrdrehung der Buschateben zu befehlen, oder die Zurückverdrehung von bereits verdrehten Buchstaben, allgemein unter Strafe zu stellen. Droodtel oder Oberdroodtel – beide hatten sich danach zu ausrichten, was ein vorbildlicher Droodtel zu sein hatte und was nicht. Und das bedeutete – ganz allgemein gesprochen –: nichts. Jedermann hatte ein Nichts zu sein – ein Hilfswichtel für eben jene, die nichts von Droodteln hielten.

Es durfte nichts mehr erfragt werden! „Wir, Ihr, Sie“? Nein, das waren die Droodteln gewesen. „Ich, Du, Er, Es“? Darauf kam es jetzt auch nicht mehr an! Wer die meisten Nümmerchen geschoben hatte, der drückte das Sein nur noch in Zahlen aus! Zu zahlen aber hatte jeder … an Gott, die Partei, an die Bestimmung der Masse, oder an die insektoiden Chimären, die alles andere waren als die Droodteln von einst, die sich schließlich selbst besiegten, indem sie allem und keinem eine große Bedeutung zumaßen, die sich in völlig verdroodtelten Verallgemeinerungen auszudrücken hatten.

Ja, das schließliche Endprodukt aus der Entdroodtelung der Völker auf Erden gipfelte nur zunächst in prophetischen Orgien, reifte jedoch, in schier endlosen Verrücktheitsepochen, wo unsichtbare Hirngespenster mehr Einfluss auf Neugeborene hatten als das Wissen um unnütze Computersprachen – man entwickelte sich, am Ausgang der Geschichte, von Menschen- oder menschenähnlichen Wunderwesen, hin zu einer seelenlosen Gesellschaft, die keine war, weil man dafür eben eines am dringendsten braucht: Unverbesserliche Droodteln!

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Kommentare

15. Okt 2019

Weiß man nicht, wo man hingehört,
Wird jeder Standpunkt sehr erschwert ...

LG Axel