AU 2013 02 Eaglehawk Neck, Teil 1

Bild von Willi Grigor
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(Fortsetzung von "AU 2013 01 Schlüsselerlebnis in Hobart")

Tasmanien

Die ersten zwei Tage 14. - 15. Februar 2013

Am 14. Februar nach dem Frühstück brachten Bob und Tricia uns in ihr Ferienhaus in Eaglehawk Neck, ca. 80 km von Hobart entfernt. Ich saß mit Tricia in ihrem Kleinwagen, den wir die Woche über behalten werden. Gullan (meine Frau) fuhr zusammen mit Bob in dessen Geländewagen. Auf den letzten 20 Kilometern sahen wir die Spuren der verheerenden Waldbrände in letzten Wochen, denen in dieser Gegend auch viele Häuser zum Opfer fielen. Menschen kamen jedoch nicht ums Leben und Eaglehawk Neck wurde verschont. Tricia erzählte aber, dass sie mit den Enkelkindern in der "Hütte" waren und sie per SMS eine Evakuierungs-Aufforderung bekamen. Sie verbrachten, zusammen mit vielen anderen, viele angstvolle Stunden auf einer angewiesenen, baumfreien Fläche.

Die Wälder in Australien bestehen fast nur aus unterschiedlichen Eukalyptusbäumen (es gibt ca. 1300 verschiedene Arten, hatte Bob uns erzählt). Die Blätter enthalten ätherische Öle, die bewirken, dass bei extrem hohen Temperaturen (man hatte hier 43 0C) eine Selbstentzündung eintreten kann. Das Feuer rast mit großer Geschwindigkeit hinweg und kleinere Äste und Blätter verbrennen. Die Stämme verkohlen nur an der Oberfläche. Danach ist der Wald schwarz und sieht deprimierend aus, erholt sich aber nach einigen Jahren. Diese Eukalyptuswälder brauchen geradezu diese wiederkehrenden Brände für ihren Fortbestand im Kampf gegen andere Arten und sind so die dominierende Baumart in Australien geworden. Erst seit die Europäer das Land besiedeln, sind diese natürlichen Brände „Katastrophen“ geworden. Die Aborigines leben seit 60000 Jahren hier und haben so ein Wort wahrscheinlich gar nicht.

Halbwegs, in Sorell, machten wir eine Einkaufspause in einem großen Supermarkt. Wir brauchten Proviant, am besten für die ganze Woche. Außerdem kommen übermorgen der Sohn mit Familie aus Brisbane und campieren mit ihrem in Hobart geliehenen Wohnmobil zwei Nächte auf "unserem" Grundstück. In dem kleinen (aber wunderschön gelegenen) Nest Eaglehawk Neck gibt es nur einen kleinen Mini-Minimarkt.

Am Beginn des kleinen Ortes bogen wir rechts ab in die Waterfall Bay Road. Unser Haus ist eines der letzten an diesem Schotterweg, der nach weiteren zwei Kilometern bereits Teil des Tasman Nationalparks ist. Das grüngestrichene Haus sah so aus wie wir es vom Bild her kannten, das wir bekommen hatten. Es wurde 1978 in den Bush, d.h. den Eukalyptuswald, gebaut. Es machte einen ziemlich bescheidenen Eindruck, hatte aber eine große, einladende Terrasse in Richtung Meeresbucht, die aufgrund der Bäume des Nachbarn aber nur teilweise zu sehen war.

Es folgte ein schneller Durchlauf mit hastiger Einweisung, Tricia muss noch die Enkelkinder in Hobart von der Schule abholen.
Bobs Instruktion, wie man in das Haus gelangt, ist eine nähere Beschreibung wert. Die Haustür war auf der Rückseite. Es gab eine gut zugängliche Tür auf der Terrasse, die aber von außen nicht geöffnet werden konnte. Bob und Tricia hatten entweder einen schlechten oder gar keinen Architekt.

1. Öffnen des Garagentores: An der vierten Schraube von unten - an der linken Garagenkante - die Garagenöffner-Fernbedienung ansetzen, dann diese horizontal bis fast an das Garagentor verschieben und auf den „Open“-Knopf drücken. Diese etwas umständliche Verfahrensweise war notwendig, damit das Öffnen-Signal innen empfangen werden konnte. Das Tor ging reibungslos nach oben, beim vierten Versuch.

2. In der Garage den Sicherungskasten an der linken Wand öffnen, und den Warmwasserbereiter - durch Drücken des Kippschalters nach unten - einschalten. Alle anderen Schalter bleiben immer eingeschaltet, zeigen dabei allerdings nach oben. Dieser Hinweis war als Eselsbrücke gedacht.

3. Schließen des Garagentores:
Alternativ a) Noch in der Garage (besseres Signal!) auf die Fernbedienung drücken und die Garage verlassen bevor das Tor unten ist.
Alternativ b) Entsprechend der Öffnungsprozedur unter Punkt 1.
Alternativ c) Durch Umlegen eines Hebels an der Toroberseite konnte das Tor auch manuell herabgezogen werden. Dann war es allerdings nicht verriegelt. Diesen Hinweis vergaß ich schnell wieder und hoffte, dass die Batterie der Fernbedienung bei unserer Abreise in gut einer Woche noch genügend Strom hat.

4. Danach gingen wir weiter auf einem kleinen Waldpfad in Richtung Haustür. Bob ermahnte uns, beim Gehen immer kräftig auf den Boden zu treten. Dies verscheucht eventuell hier schlummernde Schlangen. Dass es in Australien viele Schlangen gibt und dass fast alle sehr giftig sind, weiß ja jeder. Es ging vorbei an einem braun gestrichenen Schuppen, (dieser wird enorm wichtig im Zusammenhang mit dem Duschen) und einer großen, hässlichen Regenwasserzisterne aus Beton, unsere Wasserversorgung. An einem grünen Holzschuppen mit blauem Plastikvorhang machten wir einen zweiten Stopp. Ein riesiger Baumstumpf direkt neben dem Schuppen erregte meine Aufmerksamkeit. Bob erklärte mit Worten wo im Schuppen sich der Hausschlüssel befindet. Ein Griff mit der rechten Hand links oben durch den Vorhang, ein bisschen Herumtasten und schon fühlte ich ihn, auf einem horizontalen Holzbalken unter dem Blechdach. Triumphierend zeigte ich ihn Gullan, die jedoch mehr nach Schlangen Ausschau hielt als sich meinem Schlüsselerlebnis zu widmen.

5. Jetzt war die Haustür fast in Sichtweite. Wir wandelten nun auf einem kurzen, farnbesäumten, Pflasterweg, an dessen rechter Seite die Bepflanzung mit Blumen seit 1978 in Planung ist. Zwei Mülltonnen deuteten an, dass wir fast am Ziel sind. Eine Betonrampe führte in einen kleinen Vorbau, wir waren am Ziel.

Dieses Haus war eindeutig das schlichteste, das wir bisher in Australien bewohnten. Bob und seine damalige Frau bauten es 1978. Es war alles ziemlich muffig und schlampig, eine nennenswerte Instandhaltung hat offensichtlich seit 1978 nicht stattgefunden. Es lag aber an einer naturschönen und historisch bedeutenden Stelle Tasmaniens, dass dies keine große Bedeutung hatte.

Innen sah es nicht besser aus. Die Möbel im Hobart-Haus machten den Eindruck als wenn sie von Bobs Vater stammten, der das Haus in den 1950er Jahren baute. Die Möbel hier müssen von seinem Großvater sein. Der Fernseher war jedoch ein moderner einer.
OK, wir gingen durch die Zimmer, hatten kaum Kommentare, hier müssen wir durch. Als wir in der Topfabteilung der spärlich ausgerüsteten Küche nur einen einzigen kleinen Topf sahen, fragten wir nach. „Da müssen zwei sein“ sagte Bob. Tricia meldete sich und erklärte, dass sie den größeren nach Hobart gebracht hat. Sie müssen unsere Verwunderung gemerkt haben. Ein Angebot uns den Topf zu bringen, oder ein anderer Vorschlag, kam jedoch nicht.
Übermorgen kommen Sohn Axel mit Frau und die Enkelsöhne für zwei Tage. Ich hatte geplant - und entsprechend eingekauft - einen großen Topf mit Pastasoße zu machen.

Tricias Iphone klingelte. Ihre Tochter erinnerte sie an die Kinder, die sie in Hobart von der Schule abholen sollte. Jetzt hatten sie es eilig und wir keinen weiteren Bedarf an An- und Einweisungen. Wir wussten, dass wir hier an einem schönen Fleck in Tasmanien waren und unsere Ruhe haben werden. Das hat mehr Bedeutung als ein schmuckes Haus mit perfekter Einrichtung. Außerdem hatten wir keine andere Wahl.
Im Nachhinein betrachtet - ich schreibe dies vier Wochen später in Redcliffe, nicht weit von Brisbane - hatten wir in Eaglehawk Neck, abgesehen von den Mängeln des Hauses, aber eine schöne und abwechslungsreiche Woche nach unserem Geschmack, was aus den weiteren Beschreibungen hervorgehen wird.

Wir nahmen eine kurze Auszeit auf den weißen Metallstühlen (kein Plastik!) auf der Terrasse. Die Schiebetür hatte kein Schloss. Sie war innen gesichert mit Hilfe einer Holzleiste in der unteren Spur. Wenn man die Tür öffnen wollte, musste man erst die Leiste herausnehmen. So sind auch die Schiebefenster gesichert, das kannten wir schon von Carrickalinga.
Das laute Vogelgezwitscher in unterschiedlichen und unbekannten Tonarten munterte uns auf. Wir hörten deutlich das Rauschen der Wellen in der nahen Meeresbucht.

Mit dem Auto machten wir eine erste kleine Testfahrt hinunter zu dem schön geschwungenen Sandstrand. Wir vergaßen die Mängel des Hauses und genossen den Ausblick. Schöne Ausblicke werden wir zuhauf erleben in diesem, UNSEREM, kleinen Teil von Tasmanien, in dem wir uns bewegen werden.
Wieder zurück in unserer Hütte ging es weiter mit der Bewältigung der Anlaufschwierigkeiten, die hier etwas größer waren als gewohnt. Wir fingen mit der Dusche an. Da wir nur einen Regenwasserspeicher hatten und in Tasmanien in diesem Sommer extrem wenig Niederschlag hatte, mussten wir sparsam sein mit dem Wasser. (Das waren wir auch, wir hatten ständig Angst, dass uns das Wasser ausgeht. Einen Pegelstandmesser an der Zisterne gab es nicht. Diese Erfahrung haben wir schon einmal gemacht, 2008 in der einsamen Farm am Sugarloaf Mountain, nicht weit von Toowoomba.)

Das Wasser in Küche, Waschbecken und Toilette lief sachte - nur durch den hydrostatischen Druck im Speicher - durch die Rohre. Zum Duschen brauchte es eine Pumpe, die sich im besagten braunen Schuppen befand. Sie ist abgestellt, da sie sonst unnötig viel Wasser an die Kräne liefert. Zum Einschalten der Pumpe musste nur ein Schalter umgestellt werden. Ich ging also mit kurzen, kräftigen Schritten (Schlangenbissverhütungsmittel) in den Schuppen, um dies zu tun. Das war so einfach, dass ich bei der Instruktion im Schuppen, die auch die wesentlich kompliziertere Vorführung der Erhöhung des Luftdruckes in der Pumpe mit Hilfe einer handbetriebenen Luftpumpe beinhaltete, offensichtlich nicht aufmerksam genug war. Ich entdeckte jedenfalls keinen Schalter an der Pumpe. Ich habe viele Pumpenschalter in meinem Leben betätigt, alle befanden sich an der Pumpe. Ich war erstaunt und verzweifelt und dachte an Zauberei. Dann besann ich mich an die Tatsache, dass in Australien ja (fast) alles anders ist.

Ich folgte dem Kabel, bis es in einer Dose an der Wand verschwand. An dieser Dose war ein Schalter. Das wäre die Lösung gewesen. Ich traute mich aber nicht, diesen Schalter zu betätigen, weil da noch ein anderes Kabel von irgendwoher in dieser verdammten Dose steckte. Ich verlor die Geduld und wollte schon aufgeben und in Hobart anrufen. Es stand ja noch das Essenmachen an und der Umbau der Betten. Da entdeckte ich an der weißen Dose ein weißes Klebeband. Dieses verdeckte einen zweiten Schalter, damit dieser nicht von einem vergesslichen Gast mit dem Pumpenschalter verwechselt wird. Beruhigt betätigte ich nun den sichtbaren Schalter.
(Solche Schalter befinden sich übrigens auch an allen Steckdosen in Australien.)

Das Essen nach dem Duschen war einfach aber ausreichend. Fernsehen war heute nicht vorgesehen, getrennte Schlafzimmer nicht erforderlich. Im zweiten Schlafzimmer gab es zwei Betten, die man auseinander schieben konnte. Ich tat dies, wobei ein Fuß abbrach und ich acht Nächte in leichter Schräglage lag. Ich schlief aber gut, trotz eines leicht muffigen Geruchs. Gut möglich, dass auf meiner Matratze schon Bobs Großvater geschlafen hat.

Der nächste Tag war der 15. Februar, die Enkeltochter wurde 1 Jahr alt. Sie befanden sich jetzt im Haus des Sohnes. Dieser war gleichzeitig mit seiner Familie auf dem Weg nach Tasmanien (und für zwei zu uns). Während Gullan das Frühstück vorbereitete, machte ich meinen kleinen Morgenspaziergang. Ich inspizierte den Sandstrand und fand ihn schön, das heißt er hat feinen Sand und eine elegante Krümmung.
Das Frühstück bestand, wie die ersten zwei Wochen (und wahrscheinlich alle weiteren) aus Weißbrot, Käse, Salami, Marmelade und zum Abschluss etwas Süßes. Dazu Nescafé Gold, Premium Selection. Wir wollten wie gewohnt auf der Terrasse essen. Einen Tisch gab es dort nicht, wir nahmen zwei von den braunen Barhockern in der Küche. Da die Sonne zu stark brannte und ein Sonnenschutz nicht vorhanden war, flüchteten wir aber bald hinunter in den Schatten einer Hecke.

Gegen 14 Uhr beschlossen wir, den Nationalpark gleich "hinter dem Haus" einen Besuch abzustatten. Unser Waldweg endet an einer Steilküste, an der ein bequemer Pfad entlangführt. Alle paar hundert Meter ist der schmale Waldstreifen unterbrochen, um freie Sicht auf besonders attraktive Felsformationen zu geben. Eine der ersten war etwas Besonderes.
Die Spitze dieses Felskeils war von der Sonne beleuchtet, der Rest lag im Schatten. Es sah aus wie eine riesige, brennende Kerze. Gullan meinte: „Das ist die Kerze in der Geburtstagstorte der Enkeltochter“. Ein guter Gedanke. Wir schickten einen Brief mit diesen Bildern später von Hobart an sie.

Wieder zu Hause verspürten wir Hunger und ich ging ich daran, den ersten Satz meiner Pastasoße in dem kleinen Topf zu kochen, der dann anschließend auch für die Spaghetti herhalten musste. Morgen Nachmittag kommen Axel mit Familie. Zeit genug für drei weitere Sätze.
Ich legte mich früh auf mein schiefes Bett, schaute ein bisschen skeptisch an die Decke, von der sich die Platten begannen zu lösen, und las dann weiter in meinem Buch „Chuck Yeager“, das mir ungemein gefiel. Dieser tolle Typ hat als erster die Schallmauer durchbrochen. Gullan guckte noch etwas Fernsehen. Es gab nur eine Leselampe im Haus und die gehörte heute Abend mir.

Der erste Tag in Eaglehaw Neck war ein guter Tag, das Wetter war gut, wir konnten uns im Freien bewegen und haben naturschöne Dinge gesehen. Wir hofften, dass das so weiter geht, dann spielt der Komfort der Unterkunft eine untergeordnete Rolle.

Es ging gut weiter, sehr gut!

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(Fortsetzung siehe AU 2013 03 Eaglehawk Neck, Teil 2)

© Willi Grigor, 2013 (rev. 2016)

Gedichte und Prosa:
https://www.literatpro.de/willi-grigor

Interne Verweise