Als die Götter noch vierbeinige Ameisen waren – 4. Der Aufstieg

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von Alf Glocker

4. – Der Aufstieg

Nach einigen hunderttausend Jahren der kulturellen Entwicklung war es dann geschafft: Der Zugang zum Universum stand offen! Nach einer schier endlosen Zeit der Kunst und Kultur, in Musik und Literatur, wie auch der Bildenden Kunst, besonders auch des technischen Fortschritts, sowie der Medizin, auf der Basis kompromissloser Zusammenarbeit, war es gelungen, andere Himmelskörper zu besiedeln.

Gleichzeitig befand sich die Philosophie auf einem vorläufigen Höchststand, den niemand mehr aufgeben wollte – koste es, was es wolle. Alle waren sich völlig im Klaren darüber, daß die Erforschung der Vergangenheit, ein, vermutlich stark, von dem bisher überlieferten Ergebnis der Geschichtsschreibung abweichendes Bild ergeben würde. Und alle wussten: Dieses letztendliche Bild ultimativer Klarheit konnte man nur durch Zeitreisen erstellen.

Die hierfür notwendige Überschreitung der Lichtgeschwindigkeit sollte die Lösung bringen. Doch das Mittel eines „Quantensprungs“ in die Scheinwelt des Gewesenen war bald gefunden. Es hieß „zunächst, mithilfe von Sonnenwinden, in die Nähe der absoluten Beschleunigung zu kommen, um dann ein Magnetfeld zu erzeugen, das der augenblicklichen Realität nicht mehr entsprach, sondern identisch war mit Zuständen davor."

Beispiel: Man bewegt sich, mit annähernder Lichtgeschwindigkeit, auf den Arc de Triomphe zu, und als man seine Rückseite sieht, findet der „Umpolungseffet“ des Koordinators statt: die Vergangenheit ist erreicht! Die Raumfahrer der ehemals vierbeinigen Ameisen staunten nicht schlecht, als sie sich mit dem Zeitpfeil wieder aufwärts treiben ließen – das Leben spielte sich wie ein Film ab! Aber niemand konnte darin angesprochen werden!

Sie fuhren immer weiter zurück, wobei sie natürlich leider auch immer wieder die Grausamkeiten des Überlebenskampfes mitansehen mussten. Selbstverständlich schauderten sie, angeekelt, zurück … sollten das wirklich ihre Vorfahren gewesen sein?! Aber bei genauer Prüfung erkannten sie auch die Unausweichlichkeiten universeller Prozesse: Niemand wird in Ruhe gelassen, außer er bezeichnet die ganze Welt stur als einen Ort des Friedens und möchte aussterben!

Wohin würde sie ihre Reise führen? Die ersten Temponauten kehrten erschöpft und beinahe gebrochen an Geist und Seele zurück. Manche von ihnen rieten von weiteren Zeitreisen in die Vergangenheit ab und viele versuchten sich auf paradiesische Landgüter zurückzuziehen (zu retten), um zu vergessen, wer sie waren und wer sie sind, woher sie kamen – und sie wollten auch gar nicht mehr darüber nachdenken, wohin sie gehen würden.

Was die Zukunft bringen würde, wurde für sie zu einem Spiel ohne Anstandsgrenzen. Davor scheuten sie zurück. Da jedoch ihre Lebenserwartung bereits durchschnittlich 5000 Jahre betrug, hielten sie es nicht allzu lange in der Isolation aus. Die Ersten interessierten sich, angestachelt durch die mithörbaren Gedankengänge der Super-Forscher-Teams, schon nach ein paar Jahren wieder für die Wahrheiten des Seins (und was man eventuell daraus machen konnte), andere kehrten spätestens nach 300 Jahren in die Reihen der Wissenschaftler zurück, die sich bald als Vollstrecker einer neuen Strömung ansahen.

Konnte, oder sollte man die Vergangenheit verändern? Das hieße aber den „Intuitionen“ ins Handwerk pfuschen, die sie bisher intervallmäßig aus dem „Nichts“ erhalten hatten. Ihre „Religion“ war es schließlich immer gewesen, dieses tiefste Sein zu entschlüsseln: der Herkunft der Ideen auf den Grund zu gehen … und so fuhren sie immer weiter zurück.

Schließlich deckten sie Folgendes auf: Die Evolution auf ihrem Planeten war in sich tatsächlich schlüssig gewesen und „man“ hatte den erfolgversprechendsten Weg genommen. Im Vordergrund hatte grundsätzlich der angewandte Versuch gestanden, sich so (wir würden sagen) „human“ wie möglich durch die Zeiten zu bewegen. So wurden sowohl wundervolle Melodien, wie auch selbstfahrende Fortbewegungsmaschinen erfunden und darüber hinaus eben alles, was ein Volk braucht, um sich nach und nach zu zivilisieren.

Wer das nicht, aus sich heraus, mitmachen konnte, wer zu wenig kreativ gewesen war oder zu dogmatische Rituale verfolgte, der wurde verdrängt und starb schließlich gänzlich aus. Dieser eindrucksvolle Prozess zog sich über schier unendliche Zeiträume hin, schlug aber durchaus logische Richtungen ein. Immer erhalten blieb die Umwelt insgesamt, da Wesen, die auf eine absolute Zusammenarbeit angewiesen sind, ganz automatisch einsehen, daß es ohne eine intakte Natur für niemanden, der darin enthalten ist, eine Zukunft geben kann!

Die Zukunft wurde also stets als allumfassendes Ziel angesehen – und dies gab schließlich den Ausschlag für ein neues, ganz anderes Praxisdenken, dem alles Übrige untergeordnet werden musste! Wem es gelang, den Raum vor seiner Zeit (die Virtualität = Zukunft) zu erreichen, der würde die Vergangenheit zu ändern imstande sein! Damit wäre ein gottähnlicher Zustand für lebendiges Fleisch geboren. Dafür würde die Aufbietung einer Kraft erforderlich werden, die praktisch des Gesamt-Energie-Volumens des Kosmos gleichkommt. Ein schier unerreichbares Ziel? Wie sollte man also verfahren?

Es galt, die Existierenden der Vergangenheit nicht nur zu beobachten, sondern sie aktiv anzusprechen. Dabei war nicht nur höchste Vorsicht geboten, sondern eine Macht heraufzubeschwören, die einen zweiten Zeitpfeil (eine Parallel-Realität) entstehen lassen würde … und dagegen nahmen sich alle bisher entwickelten Vernichtungswaffen wie Spielzeuge aus. Stand der Suizid des Universums (Gottes) bevor?

Noch war der Durchbruch zur Beherrschung der Zeit und damit aller in ihr enthaltenen Räume, nicht erreicht. Man musste aufpassen, daß dies nicht „versehentlich“ geschah und sich damit ein unumkehrbarer Prozess in Gang setzen würde, den niemand mehr aufhalten konnte. Also: Zunächst den „Antrieb“ dafür entwickeln und dann vielleicht erst einmal ein Testprojekt aufbauen, welches einen Ausblick auf das Machbare und einen Einblick in das Notwendige eröffnen würde.

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