Wie viel Weisheit liegt in der Formulierung „kann man einen Menschen umstimmen?“? „Gar keine!“, werden jetzt die „Realisten“ sagen, also Leute, die sich einzig und allein mit dem beschäftigen, was ihre 5 Sinne hergeben ... und zwar ohne das Denken voll ausgeschöpft zu haben. Was haben diese Leute somit getan? Genau - sie haben sich nicht umstimmen lassen! Ihr Glaube hing also von ihrer Stimmung ab.
Wie aber lassen sich Stimmungen verändern? Wenn man sich einmal in einer festgefahren hat, dann möchte man sie beibehalten, denn sie ist zu einer „Überzeugung“ geworden. Zu der haben wir uns durchgerungen, irgend etwas hat uns über-zeugt und nun müssen wir das Kind austragen! Das heißt, wir haben etwas in uns aufgenommen, das wir so leicht nicht wieder loswerden. Oft bleibt es für immer!
Wir hegen und pflegen unsere Überzeugungen, als ginge es ums nackte Überleben, als würden wir zutiefst innerlich verletzt, wenn uns jemand beweisen würde, daß wir uns irren! Denn irrten wir, dann wären wir gezwungen, unser ganzes Denken zu revidieren – das „ganze Denken“ aber verwechseln viele mit ihrer Identität. Und wer möchte schon seine Identität verlieren?! Das kommt für die meisten dem Sterben gleich!
Wir können uns also gar nicht ändern? Wir suchen uns etwas aus, das zu unserer Grundstimmung passt, so primitiv sie auch sein mag, und bleiben dann dabei, außer ... ja, außer es führt uns jemand vor Augen, daß wir uns ändern MÜSSEN! Und das geschieht wie? Man verschafft uns hieb- und stichhaltige Ausreden, die uns helfen, eine neue Situation zu akzeptieren. Das macht „Stimmung“.
Stimmungsmacher können staatliche Zwänge sein, die einen in Angst und Schrecken versetzen, aber auch der Herdentrieb ist dafür bestens geeignet. Oder man bekommt ein Geschenk (Sex) nicht, weil man sich dafür vorher nicht geändert hat. Also ändern wir uns. Auch Naturkatastrophen sind in der Lage, Überzeugungen schlagartig ins Gegenteil zu verkehren, wenn man sich vorher nicht darauf einstellen konnte.
Dieses „Sich-vorher-darauf-Einstellen“ aber ist sehr schwierig, wenn eine Überzeugung längere Zeit dafür taugte, uns in zufriedene Sicherheit zu wiegen. Wir bräuchten somit einfach Fantasie und Logik. Aber reicht das? Am besten wir vergleichen uns mit einer Schafherde. Eine Schafherde hat einen Schäfer (Hirte) und einen Schäferhund (Polizei). Daneben gibt es aber auch Wölfe!
Der Schäfer hat jedoch (in unserem Beispiel), um die Disziplin zu gewährleisten, den Schafen gegenüber behauptet, es gäbe keine Wölfe, sondern nur Schafe – und alle Schafe seien gleich. Den Schäferhund hat er nun darauf trainiert, immer nur die Schafe zusammenzutreiben, da es aber offiziell keine Wölfe gibt, weiß er nicht, was zu tun ist, wenn doch welche auftauchen. Deshalb wird er seine eigentlichen Pflichten vernachlässigen.
Nun könnte man den Schafsköpfen versuchen beizubringen, einen Wolf zu erkennen, aber das ist nicht ganz einfach, weil es gegen die Stimmung verstößt ... und die besagt: Alle Schafe sind Schafe, auch wenn sie wie Wölfe aussehen! Die Logik kann dabei gar nichts ausrichten! Man könnte natürlich argumentieren, daß Wölfe an ihrem Verhalten, an ihrer „Stimmung“ zu erkennen sind, und, daß es Wölfen auch gefällt, wenn sie von Schafen nicht erkannt werden dürfen.
Was passiert dann? Klar – die Wölfe werden ein Schaf nach dem anderen reißen und die Schafe werden sagen: „Vorsicht, nur weil ein Wolf sich geoutet hat, sind nicht gleich alle, die wie er aussehen, auch Wölfe“. Und wenn der Schäfer jetzt zusätzlich propagiert „lasst uns um ein Schaf nach dem anderen trauern, uns aber nicht vor den Wölfen schützen“, dann ist es um die Herde geschehen. Dann wird sie der Herdentrieb ins Unglück führen!
So viel Weisheit liegt in dem Wort „Umstimmen“. Wir wissen jetzt, daß es nicht von einer logischen Beweisführung abhängt, nicht von Tatsachen, die wir täglich vor Augen haben, sondern davon, was wir am liebsten glauben oder nicht glauben, ob wir begreifen können. Alles ist in unseren Stimmungen fundamentiert, zementiert, die zu verändern schon einer Katastrophe oder brutaler Zwangsmaßnahmen bedarf. Von „selbst“, also durch individuelles Denken, ändern sie sich jedenfalls nicht.