Sieh nur, dieses Kind. Du kannst Dich nicht lösen von Deinem Kind.
Warte nur, es wird sich melden, auch wenn Du es beiseite schiebst, weil es Dir lästig ist, unreal und bisweilen dumm.
Oh, tue es nicht ab, sieh nicht darüber hinweg, bezeichne es nicht als unwichtigen Störenfried. Dieses Kind, das Dir die wesentlichen Fragen zur unrechten Zeit zu stellen pflegt. Das Dich aus Deiner geschäftigen Wichtigkeit herausreißt. Unbequem und scheinbar egoistisch.
Oh, schieb es nicht beiseite, dieses Kind.
Es ist dem so nahe, das Dir – in der Mitte Deines Lebens – fern und lästig ist. Du, auf dem Zenit.
Schau hin. Blicke tief hinein. Gewahr das Kind.
Es lächelt. Das ist wie ein Mondstrahl, der sich durch die Wolken schiebt. Vorwitzig und erhellend.
Es atmet, und Du hörst den Gesang des Waldes, dessen Bäume, Sträucher, Gräser, Farne sich vom Windhauch streifen lassen, hingegeben an die große Schöpfungskraft.
Es blickt Dich an und in dem frischen Glanz seiner Tautropfen findest Du alle Ozeane der Welt.
Tauch hinein, tauch ab, entdecke. Lass Dich vom Strömen des Wassers hinwegtragen.
Nach hier, nach dort, nach überall.
Von heute nach gestern nach morgen.
Stell die Fragen. Ungezählte Fragen. Unabhängig wie dies Kind.
Was kann ich wissen?
Was darf ich hoffen?
Was soll ich tun?
Was ist der Mensch?
Ach Immanuel, Immanuel, Immanuel K...
Gestorben, doch unsterblich. Schiebst Dich ins Bewusstsein.
Immanuel K.
deine freien Gedanken
sprengen die Fesseln
der engen Selbstherrlichkeit,
lassen Vernunft erblühen.
Du gibst den Weg frei,
West-Ost-Süd-Nord als Einheit
Gottes zu sehen.
Dein Kind, mein Kind, dieses Kind hat all das Wissen.
Und Du? Stell Deine Fragen.
Das Kind blickt Dich an, es lacht, es tanzt, es streichelt Deine Hand. Es breitet seine Flügel aus und fliegt. Es grüßt den Sonnenstrahl und lässt sich wärmen. Es singt im Rhythmus seines Herzschlags.
Ach sieh nur, all das kann dies Kind, dies wundersame Wesen.
Gib ihm Deine Hand, schenk ihm Deine Zeit, lass es zu Dir sprechen, hör ihm gut zu.
Du fragst, wo Du es finden kannst?
Ganz nah bei Dir!
Tief in Dir drin ist dieses Kind.
ES ist DU und DU bist ES.
Es ist dumm und klug – forsch und schüchtern – unwissend und weise – laut und leise – fort und zugegen. Ach, nimm es an. Wie gern es zu Dir spricht. Sei einfach still und lausche.
ES ist DU und DU bist ES.