Ich frage mich nicht nach mir

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von Alf Glocker

Wie ich herausfinden kann wer „ICH“ bin, was „ICH“ möchte und ob das „legitim“ ist, ist eine beinahe gar nicht gestellte Frage, der wir nur deshalb nicht unterliegen, weil wir so großen Respekt vor uns haben. Wir stilisieren uns in eine Vormachtstellung hinein, die wir versuchen mit pseudopragmatischen Gründen vor uns selbst zu rechtfertigen, damit wir nicht vor uns als unangenehme Personen auffallen. Das würden wir keinesfalls aushalten! Deshalb sind wir klug genug zu sagen, daß die Liebe eine Himmelsmacht ist, usw.

In der Wirklichkeit, die wir, aus moralischen Gründen, abgeschafft haben, sehen wir das ein bisschen anders. Wie, das soll hier nur hinter der vorgehaltenen Hand beschrieben sein, denn es soll niemand eines Lebensmutes beraubt werden, der anscheinend sehr wichtig ist, damit wir vor uns bestehen können. Dabei wäre doch alles so einfach ... wir geben zu was wir denken, nicht womit wir unser Denken verkleiden, und versuchen, wie sonst auch, unser jeweiliges Handeln in die Tat umzusetzen, egal, was andere davon halten. So machen es neuerdings alle – sie haben nur immer größere Ausreden dafür ... die sie selbst in den Tiefen ihrer Seele nicht ernst nehmen.

Oder haben die am Ende gar keine nennenswerte Seelenfunktionen, die beispielsweise freimütig verkünden, Mord sei eine Option zur Durchsetzung ihrer Ambitionen? Deren Seelen könnten immerhin einfach nur „gefärbt“ sein ... von einem schlechten, oder nicht vorhandenen Charakter z.B. Doch damit verlassen wir vermutlich schon wieder den Bereich des Unter-den-Teppich-Gekehrten, zugunsten einer schonungslosen Wahrheit, die wiederum keiner aushalten würde. Dann sagen wir doch einfach frei heraus: Es ist verboten, die Wahrheit zu sagen!

Dann wollen wir gar nicht kopulieren um jeden Preis, sondern jemanden hingebungsvoll lieben, dann wollen wir auch keinen Ernährer und Beschützer unserer Brut, sondern einen sich aufopfernden Vater, wir wollen niemandes Hab und Gut, sondern einfach mehr Verantwortung übernehmen, wir wollen nicht herrschen, sondern andere tolerieren und wir wollen auch nicht, daß einer einen anderen Glauben, womöglich sogar Verstand besitzt, sondern einfach das Gute. Und was ist das Gute? Das, was wir wollen natürlich!

Und „WIR“, das sind selbstverständlich ausschließlich die Chaoten um uns, oder in uns, die nicht wissen, wie man sich am besten zusammennimmt und das auch gar nicht erst erfahren wollen. Denn die „Gefühle“ gehen über alles, nein, fast alles ... da wäre ja auch noch die Ehre, die Einbildung, die Bildung, der Glaube, die Pflicht, der Wahnsinn, der Trieb, ja, eigentlich die ganzen wichtigen Dinge im Leben, die geeignet sind, uns schadlos an demselben zu halten. Und gerade deshalb dürfen wir die Selbstbeherrschung auch nicht ausufern lassen, oder dieses „Ich“ in einen fantasievollen Rahmen zwängen.

*

Was sich zusammenbraut

Wir sind wohl in uns selbst verdreht,
verwirrt, verkorkst, vielleicht nur dumm?
„Kinder, wie die Zeit vergeht“ –
um sie kommt keiner wirklich rum.

Und dann, am Ende dieser Strecke,
wo man sich selber nicht mehr trifft,
steht wer als Esel in der Ecke –
und hat die Wirklichkeit umschifft!

Das macht, solang er lebt, nichts aus,
da kann er lachen, tollen, blödeln ...
Sein Geistchen ist der pure Graus -
der lässt sich leider nicht veredeln!

Doch eines wäre durchaus möglich:
daß man auch gelegentlich mal schaut,
was sich da präsentiert, wie kläglich
das ist, was sich zusammenbraut!

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