Briefe an dich - Page 4

Bild von Giulia
Bibliothek

Seiten

Schoß gezogen, wolltest mich berühren, doch ich schob deine Hände energisch weg. Du hast protestiert, doch meine Finger bohrten sich in dein Kinn. Warnend habe ich dich angesehen und deinen überraschten Blick wohlwollend zur Kenntnis genommen. Es wurde Zeit dir deutlich zu beweisen um wie viel besser ich war als jede andere Frau, die auf den Straßen entlanglief.
Ich streckte mich, richtete mich ein Wenig auf. Sieh‘ hin, raunte ich leise und ließ meine Finger an meinem Bauch langsam abwärts wandern. Du hast jede Bewegung verfolgt und wurdest fahrig. Ich habe dich genau beobachtet wie deine Augen nicht wusste, wohin sie blicken sollten. Ich kann dir schwören, ich habe nur an uns gedacht, während ich an meinen Fingerspitzen meine eigene weiche Haut spürte. Stundenlang hätte ich dir zusehen können wie du dem Wahnsinn verfielst. Langsam lehnte ich mich nach hinten, stützte mich mit einer Hand auf deinem Bein ab. Deine Hand bewegte sich weiter bis sich unsere Waghalsigkeit an uns rächte und die Höhepunkte über uns zusammenschlugen. Seitdem haben wir uns immer wieder beobachtet. Fasziniert betrachtet und herausgefordert. Als wollten wir uns gegenseitig beweisen, dass wir uns nicht so sehr brauchten wie es sich Stunde um Stunde anfühlte.

6. Brief

Kannst du dir erklären, warum sich das Blatt derartig wendete wie es das tat? Wahrscheinlich passierte es nach dieser langen Zeit einfach. Honey, wir waren beide gleich verrückt. Ins uns loderte das gleiche Feuer und auf dem Versuch uns gegenseitig zu übertrumpfen, begannen wir immer weiter am Abgrund zu tanzen. Ich habe die Muscheln vom Strand noch. Unglaublich, nicht war? Sie lagen ganz lange gut verstaut in einer Kiste, dann packte ich sie zu den anderen Dingen. Warst du danach noch Mal an diesem Strand mit deiner Familie? Ich habe ihn gemieden, weil er uns gehörte und keine andere Erinnerungen sich über jene legen sollte, die wir gemeinsam teilten. Das Hotel gibt es nicht mehr, aber an diesem Abend bin ich nicht zu dir hochgekommen, sondern habe dir lediglich den Joint und meinen Slip vor die Tür gelegt. Ich wusste, wenn du aus dem Fenster blickst, siehst du mich am Strand. Hast du nachgesehen als du die Sachen gefunden hast? Ein Bisschen verschwommen sind die Erinnerungen, was vermutlich an dem ganzen Gras lag, das ich geraucht hatte an diesem Tag. Ich fühlte mich wie die seichten Wellen im Meer, die träge an das Ufer rollten. Über meine Lippen perlte der dichte Rauch, während ich der Sonne dabei zusah wie sie sich dem Horizont näherte. Die Umgebung wurde in ein wunderschönes Orange getaucht. Als ich dich hinter mir stehen spürte, da habe ich mich herumgedreht. Bei dieser Erinnerung muss ich noch immer lächeln. Du wolltest mich küssen, doch ich schob lediglich den Joint zwischen meine Lippen, schob dich von mir weg und ging rückwärts in das Wasser hinein. Wie leichtsinnig wir waren uns derartig in der Öffentlichkeit zu zeigen. Aber in dem Augenblick fühlte ich mich wie die Königin der Welt. Oh mein Gott, mir war es schrecklich egal, dass man uns erwischen konnte. Dein Kopfschütteln habe ich noch im Kopf als ich mich mit dem Rücken ins Nass fallen ließ und die Wellen über mir zusammenschlugen. Gefühlte Ewigkeiten verbrachte ich so schwebend unter Wasser bis du mein Fußgelenk gepackt und mich zu dir gezogen hast. Wie lange wir gebraucht haben, den Sand wieder von unserem Körper zu waschen. Ich glaube, ich hatte noch Tage später Körner in meinen Haaren gehabt.
Die Sonne war schon untergegangen, nur ein leichter funkelnder Schimmer am Horizont; der letzte Atemzug des vergangenen Tages. Ich hielt die Luft an, dann hast du den nächsten Joint zwischen meine Lippen geschoben. Ein leises Kichern entwich meiner Kehle und ich drehte mich auf den Bauch, ließ meine Haut vom Wasser streicheln. Ich glaube, zu erst saßt du nur neben mir bis du dich über mich gebeugt hast. Ich warf einen Blick über die Schulter zurück, sah in deine dunklen Augen. Ich liebte deinen Blick. Du hast mich jedes Mal angesehen als wären wir uns fremd und doch vertraut. Du hattest die gleiche Gleichgültigkeit in deinen Augen zu stehen, die ich in mir fühlte. Hätte uns der Schmerz tangiert, wir wären schneller daran zu Grunde gegangen. Du hast dich einige Tage nicht rasiert, deshalb kratzte dein Bart über meinen Rücken als deine Lippen hinab wanderten. Zentimeter um Zentimeter. Jede deiner Berührungen löste einen Sturm in mir aus, sodass mein Kopf auf meine Hände sank, ich die Augen schloss und begann mich dir entgegen zu strecken. Du hast zwar kurz mit der Zunge über die Haut gestrichen, schlussendlich waren es jedoch zwei deiner Finger in meinem Schoß als ich dir den Joint gegeben hatte. Mich brachte es, wie jedes Mal, völlig um den Verstand, aber gezeigt habe ich es dir diesmal nicht in den Ausmaßen und genoss es wie genau dieser Umstand dich in den Wahnsinn trieb. Du warst fast beleidigt gewesen; ich musste darüber innerlich lachen. Gott, ich habe diesen Moment mit einer perversen Zufriedenheit geliebt.

7. Brief

Es schmerzt noch immer dich dort sitzen zu sehen. Wenn ich jetzt anfange darüber zu schreiben wie dieser Nachmittag verlief, spüre ich sofort diesen Schmerz in mir. Und Dankbarkeit. Ich habe unsere gemeinsame Zeit genossen und wünschte mir nichts sehnlicher als das sie nie ein Ende finden würde. Ich vermisse auch nach diesen ganzen Jahren deine Stimme in meinem Ohr, deine Haut unter meinen Fingerspitzen; deine ganze Präsenz, die mich immer eingenommen hat, aber das Leben ging für uns damals weiter. Diese Zeiten können genauso wenig ewig bestehen wie die goldenen Sommertage, an denen wir sie erlebten. Tiefe Narben zieren seit unserem Abschied mein Herz. Es schlägt seither nicht mehr richtig und ein Psychologe meinte, es wäre sogar gebrochen. Ich habe mich nicht mehr erholt, habe mein ganzes Glück an dich verschwendet und nicht mehr wiedergefunden. Ich musste irgendwie weiter machen, sonst wäre ich vermutlich mit dir gesprungen. Warum nur habe ich es nicht getan? Wir hatten uns nichts zu sagen. Du musst schon gewusst haben als ich in den Raum trat, was uns erwartete. Ich trug nichts von dir. Nicht deinen Nagellack, nicht dein Lieblingskleid, nicht die Haare offen. Ich wollte dich auffangen, weil ich mich stärker fühlte als du. Ich habe dich immer wieder gefragt, was ich machen kann für dich und du sagtest, es gäbe nichts, was deine Welt jetzt noch retten könne. Minutenlang hielt ich dein Gesicht in meinen Händen; Stirn an Stirn saßen wir voreinander. Du hast keine Träne vergossen; ich auch nicht, obwohl ich die Angst in mir spürte, dass dein Lebenswille mit jedem Wort von mir, ausgesaugt werden würde. Deshalb habe ich nichts mehr gesagt. Schwieg mich aus. Wir mussten auch nicht miteinander reden. Das haben wir den gesamten Sommer kaum getan. Ein letztes Mal miteinander schlafen? Nein. Weder du, noch ich dachten daran als ich dir durch deine Haare strich, die Hand kurt in deinem Nacken ruhen ließ. Lebewohl zu sagen, brachte ich nicht übers Herz. Ich war wieder aufgestanden, hatte meine Hand an deine Wange gelegt. Weißt du noch wie ich mich zu dir hinabbeugte, meine Lippen an dein Ohr legte und flüsterte, dass das Leben trotzdem schön ist. Du hast begonnen alles schwarz zu malen. Wortlos. Baby, was kann ich für dich tun? Nichts. Und so glitten meine Finger über deine Lippen bis ich von dir ließ. Ich durfte nicht zurück blicken, sonst wäre ich vermutlich nicht gegangen. An der Tür stehend, hielt ich noch Mal inne, spürte den kalten Luftzug in meinem Nacken. Ich ging hinaus. Ohne mich umzusehen wusste ich, dass du nicht mehr dort gesessen hast; das das Fenster aus dem ich so häufig in den Himmel blickte, weit offen stand. Du hast mich in deinen Gedanken feige genannt. Wie ich mich selbst belog.

erotische Inhalte
inspiriert von der Musik zu Lana del Rey

Seiten

Interne Verweise

Kommentare

27. Jun 2016

Habe diese Briefe mit Faszination gelesen. Das zweite Mal in besserm Verstehen.

Liebe Grüße, Susanna

28. Jun 2016

Fühlen ist sowieso besser als Verstehen :-) Schön, dass ich dich faszinieren konnte

Liebe Grüße, Giulia

Seiten