Gedanken zum Totensonntag, aufgeschrieben am 26. November 2017 nach einem Vormittagsgang über den Hauptfriedhof mit seinen nun blattlosen dunklen Baumschönheiten - und nach der Begegnung mit Trauernden auf dem Weg zu den Gräbern ihrer Toten.
Tod, Du dunkler Begleiter, schwebst über uns vom ersten Atemzug an, begleitest uns ein Leben lang, unsichtbar stehst Du stets neben uns, bei jedem Schlaf in der Nacht bist Du der Schatten, Du machst alles Lebendige gleich im Sterben, verwandelst uns zurück in den Stoff, aus dem wir gemacht sind, Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub, ohne Dich keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen, kein Humus, kein Leben auf dieser Erde, deshalb bist Du nicht das nur Ende von allem, sondern immer auch ein Anfang, Du trägst uns davon nach dem letzten Atemzug, trennst uns immer wieder von geliebten Menschen, lässt uns in tiefste Trauer und Not und Angst stürzen und bist doch auch gerecht, denn kein Wesen kann Dir entkommen, unerforschlich, unbestechlich, unerbittlich bist Du und kannst dennoch ein Freund sein, der vor Schmerzen bewahrt, Du hast die Geschichte der Welt geschrieben, die eine Abfolge von mörderischen Kriegen, Geborenwerden und Sterben ist, wir fürchten nicht Dich, sondern die Vorstellung davon, wie Du sein könntest, denn niemand, der Dich beklagt, hat Dich je erfahren, also kennen wir Dich nicht und sollten Dich annehmen als den Vollstrecker des ewigen Gesetzes vom Werden und Vergehen, gleich, ob, wie und an was wir glauben, worum wir bitten und flehen in Not, worauf wir hoffen in Zeiten des Glücks, sollten wir uns bemühen, Dich mit offenen Augen in unseren Alltag einzuschließen, um mit Deiner Existenz versöhnt dankbar für das geliehene Geschenk des Lebens in Eintracht und Frieden miteinander zu leben - von einem Tag zum nächsten. Dir ausgeliefert sind wir nur, wenn wir Dich verleugnen.
Du bedeutest Abschied von allem, was wir lieben und mit unseren Sinnen wahrnehmen können, bist jedoch für Menschen, die an ein Weiterleben nach Dir glauben, auch mit Hoffnung auf Erlösung verbunden, „und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen“, so der wuchtige Vers aus dem 17. Kapitel der Johannes Offenbarung.
Nachdenken über Freund Hein
von Marie Mehrfeld
Prosa in Kategorie:
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