Sei's drum

Bild zeigt Alf Glocker
von Alf Glocker

Vom Abhärten würde ich gerne abweichen, mir ist so manches hart genug, und was zum Steinerweichen ist, das macht mich auch nicht härter. Ich lebe mehr in der Tiefe, einer Art Brunnen, der andauernd vor sich hin plätschert und mir dann murmelnd wie ein kleines Bächlein von den Dingen des Lebens erzählt, die gar keine Dinge sind. Denn ich bin ein Kind – äußerlich und innerlich! Niemand ist mir gleich, im Sinne von völlig egal, da bin ich extra ordinär: Ich prostituiere mich für den Optimismus und die Menschenfreundlichkeit – außer mir wird grade schlecht! Dann kann ich nicht anders, als mich übergeben – an die nächst operierende Verbrecherorganisation. Das macht mich hässlich und total verwerflich!

Wie der Glöckner von jedweder Kathedrale – solange sie nichts mit Glauben zu tun hat – tanze ich auf dem Dach meiner Möglichkeiten herum und singe: „Wer den Dingsbums nicht ehrt ist, des Bumsdings nicht wert“. Dann stürzt jeden Morgen die Welt über mir zusammen, anstatt ich über ihr. Denn meine Aufgabe als Phantom wäre es ja, mich in die Oper zu ergießen, wo ich sie treffe. Leider überschreitet das meine Komm-Potenzen immens. Denn ich bin kein Denkmal und auch kein Mahnmal – nur eine Farce, die sich selber durchschaut hat, um nicht an der Welt zu verzweifeln. So fließe ich jeden Morgen, über den Tag in den Abend hinein und in die Nacht hinaus, wie in ein Mehr aus begrenzten Möglichkeiten. Aber dazu verhilft mir nur die Angst. Sie sprengt nicht nur den Rasen meiner Fantasie, sondern auch alle Grenzen in mir.

Mein Kopf ist innerlich grenzenlos, äußerlich unscheinbar, aber dadurch, daß er praktisch hohl genug ist, um das Universum in sich aufzunehmen, schäme ich mich nur sporadisch ... und zwar immer dann, wenn mich einer in dem Bewusstsein angrinst, daß er so viel klüger als das Universum ist. Mir macht das viel aus, obwohl ich bei meinen Flügen zwischen den Galaxien eigentlich keine Zeit habe, mich über Plumpaquatsch zu ärgern ... ich verändere ja andauernd meine Gestalt. Manchmal habe ich eine durchaus sichtbare und manchmal bin ich aus weniger als Luft, aber facettenreicher als sämtliche Dummheiten zusammengenommen, denn zu meinem Glück weiß ich ja, daß nur die wenigsten gut sind – und wenn mal doch, dann sind es die nachvollziehbaren in Sachen Erotik.

Trotzdem bin ich irgendwie verliebt und irgendwie auch wieder nicht. Das kommt darauf an, ob ich bedenke, warum ich wozu etwas haben will. Zum Spielen reicht ein Objekt, das ich jederzeit, durch Zurufe, schöner machen kann ... also durch die Zurufe des Objekts aus seiner Dimension zu mir herüber. Natürlich weiß ich, daß man mir das regelmäßig übel nimmt, denn Gefühle sind ja so rein, solange ich sie nicht habe, sondern sie mir entgegengebracht werden. Dann muss ich sie anhimmeln und glauben, es sei an allem nicht nur viel Wahres dran, sondern auch ausschließlich was Wahres drin. Wegdiskutieren kann man solche unausgesprochenen Argumente jedoch nur, wenn man sich vor den Tränen nicht fürchtet, die öfter mal aus dem Wildbach der Ansprüche sprudeln, der am liebsten unerkannt bleiben möchte.

Sag mir nicht, wie du heißt und ich verschweige dir, wer ich bin! Das herauszufinden ist zwar möglich, aber eben nur neben der Spur. Und wo soll das sein, wenn jeder gerne mit den Augen einem Scheuklappenausschnitt folgt, der komischerweise von ganz, ganz oben (vom Gewissen) aufgeschnallt wurde. Das ist dann wieder zum Steinerweichen und zum Hartwerden gleichzeitig. Also aufgepasst: Alle steinernen Herzen müssen sofort weich werden, wenn ihnen der Weichmacher begegnet, aber - und dieses Aber ist groß zu schreiben – muss an anderer Stelle eine sofortige Verhärtung stattfinden ... ohne Ansehen der Verluste. Denn ab diesem Zeitpunkt bekommen bestimmte Leute von bestimmten Leuten baldmöglichst etwas Bestimmtes geschenkt, das sie vielleicht nicht unbedingt brauchen können. Sei's drum!

*

Umgenietet

Sei's doch drum, sei's doch drum,
sei's doch einfach drumherum!
Drumherum ist mittendrin,
wo ich grade bei dir bin –
denn da ist die ganze Welt,
die du immer für mich bist,
unterm, überm Sternenzelt,
das bei Nacht uns zärtlich küsst.
Und wenn wir's so weiter treiben,
dann erfüllt sich unser, unser, ja,
was erfüllt sich denn dann da?

Nun, der Augenblick ist schön!
Ich will nicht vorüber geh'n,
wenn er sich willig für mich bietet.
Schwupps, schon ist er umgenietet!

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