Die fröhlichen Bräuche im Engelland

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von Alf Glocker

Bei uns, im Engelland ist alles schön. Niemand lebt! Denn das Engelland ist das Land der Roboter. Aber die Roboter sind fröhlich auf „Das Gute“ programmiert, denn das Gute ist auch gut genug für Roboter. Nachdem aber in Engelland alles gut genug sein soll, muss Engelland Ideale haben, die eigentlich einer ganz anderen Form aufrecht gehender Gestalten alle Ehre machen sollte, den Menschen. Mit denen aber kann Engelland nicht viel anfangen!

Trotzdem versucht man dort, sie (die Menschen) zu imitieren – man testet ihre bisherigen Verhaltensmuster und man versucht, genau wie die Menschen, einen Staat, auch wenn er nur aus Robotern besteht, am Laufen zu halten. Dazu ist eine geschickte und verantwortungsvolle Politik, vonseiten des Zentralcomputers vonnöten. Sie muss sich an gängigen Grundregeln orientieren! So betreibt man im Engelland auch zu allererst den Schutz der Familie!

Natürlich können vor allem Roboter intakte Familien bilden, das heißt, sie können sich zu Zweckgemeinschaften zusammenschließen, in denen ausnahmslos, rote und blaue Maschinenwesen Reproduktion betreiben. So jedenfalls lautet der Kernsatz unserer Doktrin, denn nur durch Reproduktion kann fortgeführt werden, was fortgeführt werden soll: Engelland als moderner Roboterstaat!

Um dies zu gewährleisten hat die hauseigene Herstellerfirma vorbildhafte Fantasien entwickelt, die dem Robot-Bürger die Reproduktion schmackhaft machen sollen: sie preist Gemeinschaften von Rot und Rot, sowie Blau und Blau, als die hochwertigsten an. Rot und Rot, respektive Blau und Blau können aber selbst keine Reproduktion betreiben, weil sie leider nur über die gleichen Werkzeug verfügen, wodurch wiederum ein Reproduktionsvorgang gar nicht eingeleitet werden kann.

Gleichfarbigen Gemeinschaften wird deshalb vom Zentralcomputer angeraten, sich eine Ersatz-Reproduktion aus einem anderen Land, oder einer nicht hauseigenen Herstellerfirma anzuschaffen. Man geht davon aus, daß kleine Roboter aus dem Oberrammelland-Reich, oder wie jetzt häufig erwünscht, aus Multi-Mumpfonien, geeignet sind, die Fließbänder in Engelland später einmal effizient weiter zu bedienen. Erprobt ist dieses Verfahren allerdings noch nicht ausreichend.

Fest steht nur, daß dort wo die fremden Einheiten gebaut werden, leider überhaupt nichts funktioniert – aber dort haben die Herstellerfirmen ja auch keine Engelländischen Zentralcomputer. Dies sei derzeit von enormem Vorteil für Engelland, sagt man, denn gerade WEIL in den Herkunftsländern, uns momentan noch mangelhaft erscheinender Kunst-Produkte, nichts funktioniert, kommen diese jetzt unaufgefordert, freiwillig zu uns, und zwar nicht nur, um gleichfarbige Robotergemeinschaften zu beglücken, sondern auch und vor allem, um sich rührend um unser Bruttosozialprodukt zu kümmern.

Das Problem besteht nur in der Integration der nun zur Verfügung stehenden Arbeitseinheiten, in unsere Systeme. Sie haben meistens den Stecker für ihre Ladegeräte an ganz anderen Stellen als die bisherigen Maloche-Teilnehmer. Auch Begriffe wie rechts und links, oder ja und nein, stimmen nicht mit den unseren überein. Aber werden sie deshalb gleich Engelland umkrempeln? Zentralcomputer aus neutralen Roboter-Ländern haben uns dafür noch eine Frist von eineinhalb Produktionsreihen gegeben, dann werden die Neuen in der Überzahl sein!

Ob das so ist, oder nicht, kann jedoch in Engelland nicht ohne weiteres ermittelt werden, denn da hier sämtliche Steuerimpulse auf „Gut“ geeicht sind, müssen sämtliche, in Engelland von Blauroten Einheiten gebaute Exemplare, immer dann schweigen, wenn die Qualität aus artfremden Herkunftsländern angezweifelt werden sollte. Dies ist und bleibt nun einmal das allerhöchste Ideal in Engelland und den umliegenden Ortschaften. Daran darf erst wieder gerüttelt werden, wenn es Engelland nicht mehr gibt und sogar seine, auf Gut geeichten Roboterwesen weitestgehend fröhlich verschwunden sind!

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