3 Lebenssplitter
Küche
Ein anderes Mal hingegen zweifelte die quecksilbrige Bäckersfrau, die bei ihrem Mann als Azubi im Verkauf angefangen hatte, an meiner geistigen Gesundheit und vollen Einsetzbarkeit:
Ich hatte die Küche auszufegen. Dafür hatte ich den großen Küchentisch beiseite gerückt, um auch unter die Küchenbank zu kommen mit dem überlangen Besen. Aber ich kam immer noch nicht bis ganz hinten. Pfusch zu machen, war ich nicht gewöhnt. Also versuchte ich den Winkel des Besens etwas zu optimieren, indem ich mich auf einen der Küchenstühle absenkte, um von weiter unten ansetzen und so den langen Besenstiel doch noch bis ganz nach hinten unter die Bank führen zu können.
In genau dem Moment sauste die Bäckersfrau auf ihrem Weg von der Backstube zum Verkaufsraum an der offenen Küchentür vorbei. Ich hörte, wie sie eine Vollbremsung machte und zurücksteuerte. Und dann brach das Donnerwetter über mich herein.
Also, in ihrem langen Wirken in diesem Haus – und sie habe selbst als Lehrling (veraltetes Wort für Azubi) hier angefangen, sei ihr SO ETWAS Stinkfaules wie ich ja noch niemals begegnet! Sich hinzusetzen beim Fegen!! Unglaublich! Vielleicht wolle ich ja gleich auch noch eine Bestellung aufgeben? Beim Fegen sitzen, eine unglaubliche Tatsache, nur gut, dass sie mich endlich entlarvt habe in meiner Faulheit und Bequemlichkeit!
Ihr (armer) Mann musste kommen (obwohl ihn das sowas von gar nicht interessierte) und sich das Gezeter noch einmal von Nahem anhören, was bestimmt schon vorher durch die offenstehenden Türen bis in seine Backstube gefegt war.
Sie hatte keinerlei Scheu – auch in der Zukunft nicht – mich vor jedem, der sich nicht dagegen wehren konnte – mit dieser Geschichte zu blamieren. Natürlich ließ sie auch keine Erklärung zu, denn was sie gesehen hatte, hatte sie gesehen!
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