Die Innerirdischen

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von Alf Glocker

Es trug sich zu, spielte sich ab, geschah aber nicht wirklich, denn selbst der größte Trottel kann nicht so dumm sein, daß sein Mangel-IQ dafür ausgereicht hätte, aber man erlebte es doch: daß der Tartarus seine Pforten öffnete und eine ungeheure Unzahl von Mischwesen aus ihm auf die Erde strömte, um sie unbrauchbar zu machen. Das waren die „Innerirdischen“! Und die Innerirdischen wussten wo’s langgeht!

Äußerlich wirkten die männlichen Exemplare wie der Teufel selbst, während die weiblichen einen arg zurückgebliebenen Eindruck machten, aber das störte niemanden, denn sie waren allesamt nackt! Darauf bestanden die innerirdischen Männer, denn sie behaupteten, Frauen bräuchten grundsätzlich keine Kleider, weil sie ohnehin andauernd in Gebrauch seien. Und dafür gäbe es keine Alternative … aber viel Nachwuchs.

Sie vermehrten sich, besonders seit sie die Erdoberfläche betreten hatten, rasend schnell, was allerdings wiederum keine Besorgnis erweckte, denn dies geschah ja nicht wirklich. Andererseits waren die Innerirdischen auf einmal nirgends mehr wegzudenken. Der Könich hatte Order erlassen, sie hätten aufzutauchen: in allen Werbesendungen, allen neuen Filmen, auf Plakaten und vor allem in sogenannten „toleranten“ Vorschriften.

Alle waren angewiesen worden, die Innerirdischen sehr bevorzugt zu behandeln. Sie sollten alles bekommen, wonach ihnen der Sinn stand – und der Sinn stand ihnen nach allem – und sie durften unter gar keinen Umständen für etwas bestraft werden, denn ihr Obergott Blahblah, der ein Gott war, an den sogar die Götter glaubten, schrieb ihnen jede Kleinigkeit im Leben vor … und die Kritik an diesem Gott war nun staatlich verboten!

Die Nicht-Innerirdischen, die Nicht-Raucher und die Nicht-Denker, sowie die Nicht-Wichtigen (= Leute, die vorher die Erde bewohnt hatten) waren angehalten, Innerirdische zu heiraten, für sie zu arbeiten und glücklich zu sein, wenn sie von einem Innerirdischen vermöbelt wurden … denn innerirdisch war oberste Mode, vor allen anderen Moden zusammengenommen. Innerirdisch war ganz einfach innerirdisch!

Die vorher auf der Erde Lebenden beachteten diese strengen Regeln gerne, denn sie hatten ja den Verstand verloren, weil real nichts mehr geschah, sondern sich alles nur in der Phantasie abspielte, wie ein komischer Film – und das genossen sie genüsslich. Sie scherten sich die Bärte, um auszusehen wie ein Innerirdischer, die Frauen zogen sich demonstrativ auf den Straßen nackt aus, um innerirdisches Aufsehen zu erregen.

Neuerdings betete man auch nicht mehr … nirgends! Kein Tempel war mehr erlaubt und die alten Monumente des demonstrativen Glaubens (gotische Kathedralen, barocke Scheinhimmel und schlicht moderne Verehrungsbunker) wurden abgerissen, denn man hatte jetzt nur noch Blahblah im Herzen zu tragen … und die nackten Frauen anzustarren. Das genügte als Dienst am Wunderbaren.

Und so füllten sich die Krippen wieder, die lange Zeit mehr und mehr verwaisten, weil die Menschen der Erde viel zu viel Spaß am Sex, aber viel zu wenig Lust auf dessen Folgen gehabt hatten – was den Könich so sehr erzürnte, daß er und seine Oligarchen beschlossen, die Innerirdischen zu Hilfe zu rufen, da die Arbeitskräfte vom Markt, der eigentlich keine mehr benötigte, verschwanden.

Aber, wie gesagt – bevor wir jetzt nach Zusammenhängen suchen – geschah das ja nicht wirklich, weil keiner blöd genug für dergleichen ist, aber es spielte sich ab! Und die Perfektion des sich Abspielenden wuchs! Denn der Könich befahl, das Loch zu vergrößern. Nein, nicht die Kluft zwischen Arm und Reich, das war nur eine erwünschte Nebenerscheinung, sondern das Loch in den Tartarus, auf daß immer mehr Innerirdische die Oberfläche oberflächlich erreichten und die Oberflächlichkeit zunahm … überall!

Und alles versuchte man umzugestalten. Das Jahr bestand deshalb nicht mehr aus 365 Ganztagen, sondern aus 666 Halbtagen und einem Rest von innerirdischen Feiertagen, an denen ausschließlich gegessen und getrunken werden musste. Und sämtliche Stunden wurden zu Kinderstunden gemacht. Das Betthupferl kam durchgehend im Fernsehen, wo man mitverfolgen konnte, wie sich die Inneririschen blahblahkonform „vergnügten“.

Und aus allen Ecken und Enden hörte man die Engelein singen: Blahblah ist Blahblah und wir preisen seinen Namen in den Höchstpreissegmenten! Das wirkte schließlich so einlullend, daß eine Auslullung völlich unmöglig scheinte, daß einerkeiner niemand erforschen tat und das Einbildungsnivea auf den Tiefststand, seit der letzten Speiseeiszeit aufstieg in die himmlischen Höchen der Höllele … und Herr Federle gar die Vögeln teerte …

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