Narben von früher erinnern an all das, was er ertragen hatte müssen. Dicke Bände erzählt sein Blick über seine schrecklichen Erfahrungen. Dass er trotz allem noch am Leben ist, dafür bewundere ich ihn. Ich an seiner Stelle hätte bestimmt schon längst das Handtuch geworfen.
Obwohl er nie Liebe geschenkt bekommen hat, hat er davon mehr zu geben als jeder, den ich kenne. Umso stolzer macht es mich, die Frau an seiner Seite sein zu dürfen.
Als ob ihm das Schicksal nicht ohnehin bereits übel mitgespielt hätte, wird er eines Abends auf dem Heimweg von ein paar Verbrechern niedergeschlagen und beraubt. Das Schlimmste ahne ich, als eine Freundin ihn findet und mich verständigt.
Blut fließt aus seinem Mund; regungslos liegt er am Boden. Rettungsmänner knien um ihn herum und beleben ihn wieder. Ich bange um ihn, weine bittere Tränen. Mein Zorn auf die Täter ist grenzenlos. Immer zahlreicher werden die Schaulustigen, immer frecher noch dazu. Fotos schießen sie mit ihren Handys, sogar Videos drehen sie damit. Jeden einzelnen hasse ich dafür. Meine Freundin kümmert sich um mich, versucht vergebens, mich zu beruhigen. Nur mit Müh und Not können wir die Rettungsmänner davon überzeugen, dass ich meinen Freund ins Krankenhaus begleiten darf.
Nicht gut sieht es Stunden später für ihn aus, zu schwer sind seine Verletzungen. Trotzdem hoffe ich, dass er bald wieder gesund wird. Er ist ein lebensfroher Kämpfer – ein wesentlicher Vorteil, den er gegenüber anderen in Situationen wie diesen hat.
Nicht eine Sekunde weiche ich von ihm, um ihn mit meiner Nähe und durch gutes Zusprechen zu unterstützen. Dass er stirbt, erlaube ich ihm nicht, und wenn er es tut, werde ich ihm folgen, dieses Versprechen meine ich absolut ernst. Keinesfalls werde ich es mir gefallen lassen, dass er mir genommen wird, wo ich ihn doch so sehr liebe.