136. Schritt
„Wenn Du nach Kleinland kommst, dann vertraue unseren Wegweisern“, lese ich von einem Zettel, den ich in meinen zitternden Händen halte. Eines ist sicher, wenn ich jetzt nicht total aufpasse, dann werde ich mich verlaufen! Und niemand wird mir dabei helfen können!
Das vor mir stehende Schild, mit der Aufschrift „Staatsgrenze“ beruhigt mich auch nicht grade, denn ein weiteres, kleineres Schild ergänzt das große. Auf ihm steht: „Kleinland ist kein Land, aber es ist ausschließlich dein Land!“
Ich erinnere mich noch schwach, daß ich kürzlich schon einmal hier gewesen bin. Ich war hier und habe mich prompt verirrt!Aauf einem der mitgebrachten Zettel, die ich ständig in die Hosentaschen gesteckt bekomme, stand nämlich: „Wenn du vor dieser Abzweigung stehst, dann geh scharf links, oder rechts, so genau erinnere ich mich nun auch wieder nicht.
Ich befand mich damals auf dem Weg von Bornierthausen nach Mordsdorf und hätte nur geradeaus, über, Ihrkönntmichmal gehen müssen um nach Richtigstein zu gelangen. Manchmal, wenn der direkte Weg gesperrt ist, muss man vielleicht den Umweg über Gefahrenheim wählen. Der Weg führt durch einen Wald, in dem die Räuber ihr Unwesen betreiben.
Leider folgte ich damals nicht meinem Gefühl für richtig oder falsch, sondern hielt mich genau an die Anweisungen auf dem Zettel, den mir irgendein freundlicher Herr zugesteckt hatte, der für eine Organisation arbeitet, die auf Seelenfang ist – wenn ich das nicht falsch verstanden habe. Es könnte auch sein, daß er sich um sie Sorgen macht…
Es könnte aber auch sein, daß er sowas wie eine Amtskleidung trug, der man stets Achtung zollen muss, oder so. Hier in Kleinland gibt es nicht viele Möglichkeiten, vor allem nicht die Möglichkeit Verkleidungen zweifelsfrei als das zu erkennen was sie uns vorspiegeln wollen. Es ist schon irgendwie auch zum Auswachsen – man muss alles alleine machen. Einmal habe ich das nicht getan!
In Richtigstein bin ich dann auch gar nicht angekommen, ich sah nur einen Ort, der lichterloh brannte und man sagte mir damals, ich hätte brav mit gezündelt. Dabei hatte ich doch nur Anweisungen befolgt. Ich werde wohl lernen müssen, den Inhalt der Zettel zwar mal kurz zu überfliegen, damit ich weiß, mit wem ich es zu tun habe. Dann aber werde ich mich nicht an sie halten!
Ob mir nun irgendwer weismachen will, ich sei völlig verblödet, wenn ich nicht tue was alle zu tun geneigt sind, oder ob mich sogar jemand begleitet, weil er oder sie ebenfalls Zweifel an der Zettelwirtschaft sämtlicher Richtlinienhersteller hat, mir wird nichts anderes übrig bleiben, dorthin zu gehen, wo ich, meiner ehrlichen Meinung nach, trittsicher bin. Wenn ich dafür geschlagen werden sollte ist es nicht meine Schuld, sondern die derer, die mich nicht ausstehen können.
Daran lässt sich leider nichts ändern, denn als ich den brennenden Ort sah und erfuhr ich sei mit dran schuld, daß er abbrenne, da wurde mir fruchtbar schlecht. Und noch schlechter wurde mir, als ich noch einmal meinen Zettel studierte, auf dem stand, meine Entscheidung sei richtig gewesen. Hatte ich einem Arschloch vertraut?
Heute ist mir klar: Es gibt immer einen besseren Weg, als den der allgemeinen Verdammnis, auch wenn man dafür in seine ganz private Verdammnis gerät. Fast nie ist es leicht diesen besseren Weg zu finden, denn manchmal sieht der vorgeschlagene aus, als wäre er wirklich gewissenhaft ausgewählt worden.
Aber, wie gesagt, im Land des Gewissens, das kein Land, aber ausschließlich dein Land ist, sollte es keine offiziell verordneten Landkarten geben, denn, so klein es auch ist, dieses Land – hier darf man keinesfalls Ratgebern folgen, sonst vermurkst man sich und überhaupt alles – und das wäre doch der reine Wahnsinn!
Kommentare
Es gibt kein Navi fürs Gewissen -
Wir werden weiter suchen müssen...
LG Axel