Ein Sonntagskind des Friedens

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von Hanna Conrad-Peters

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Warum schreibe ich?

Ich gehöre zu der glücklichen Generation, der ein persönliches Erleben eines Krieges erspart war.
Die Stadt in der ich aufgewachsen bin hieß vor meiner Geburt Stettin.
Ich bin aber aufgewachsen in Szczecin, einfach „Schtschezin“.
Als Kind erlebte ich mit meinen Eltern das Glück des frischen Friedens. Probleme habe ich kaum mitbekommen.
Meine Geschwister und ich wuchsen mit den Tugenden unserer Eltern und mit einer verständnisvollen Erziehung auf.
Die Beiden haben uns einfach das Leben vorgelebt und von uns nicht mehr gefordert, als sie selbst getan haben.
Das Buch ist deshalb auch ein Dankeschön für Vater und Mutter, Vaterlein und Munia.
Ich denke daran, wie gerne ich heute mehr über meine Eltern und Großeltern, über deren Leben bevor wir, Kinder, geboren waren, erfahren hätte.
Unsere Eltern haben nie über diese Zeit gesprochen!
Ich glaube, man denkt meistens erst dann darüber nach, wenn es bereits zu spät ist.
Vielleicht werden unsere Kinder auch die Erfahrung machen.
Ich habe beschlossen, die Erinnerungen und Erkenntnisse meines Lebens aufzuschreiben.
Vielleicht auch für einige Verwandte, Freunde und Bekannte oder für Menschen, die in diese Zeit zurück blicken möchten?

Das Elternhaus
Ich bin ein Sonntagskind.
Meine Eltern haben im Mai 1945, nachdem der schreckliche Krieg beendet war, in dem schönsten Frühling ihres Lebens geheiratet.
Die erste Sommerzeit des Friedens, den Juli 1945, haben sie an der Ostsee in den Flitterwochen erlebt.
Aus deren Berichten weiß ich:
Es war eine wunderbare Zeit.
An den Tagen triumphierte die Sonne, geregnet oder gewittert hat es ab und zu nur nachts.
Frieden, Freude, Sonne, Strand und das Baden in der Ostsee mit dem geliebten Menschen. Kann man glücklicher sein?
Dort, während dieser Zeit, wurde ich auf Stapel gelegt.
Geboren wurde ich neun Monate danach, an einem April-Sonntag 1946 (man möge nachrechnen) in der Stadt, aus welcher meine Eltern stammen, in dem Haus meiner Großeltern.
Meine Eltern lebten bereits in Szczecin (Stettin), die Unruhen und das schlechte Gesundheitssystem, die damals dort herrschten, haben sie dazu gebracht,
mich in Posen (Poznan) das Licht dieser Welt erblicken zu lassen.
Mein Vater war Betriebs- und Volkswirt, er liebte aber in der Tiefe seiner Seele die Natur und wäre am liebsten Förster geworden.
Er liebte die Wälder und die Gewässer. Ich habe erfahren, dass er in seiner Jugendzeit, vor dem Krieg, oft mit einem Kajak unterwegs gewesen.
Er hat auch gedichtet und gemalt.
Ein von seinen Bildern, eine Winterlandschaft mit Weiden, hat bei uns bis heute den Ehrenplatz im Haus.
Seine künstlerischen Gene hat er in uns, Kindern, verankert.
Als ich zwei Jahre alt wurde bekam ich einen Bruder.
Auch er ist ein Ostseekind…
Zum Einschlafen spielte Vaterlein uns auf seiner Geige ein Wiegenlied.
Manchmal sang er auch den Text, der war mir aber etwas unheimlich.
Ich habe vor kurzem die Ballade in Originalsprache gefunden:
Das Lied wurde in Amerika um das Jahr 1900 bekannt.
Der Titel: Ma Curly-Head Babby, es ist ein Plantation Song.
Manchmal hat er zu unserer Freude die Saiten des Geigenstockes unter die Geigensaiten geschoben und Volksmelodien der Bergleute gespielt, es klang wie eine ganze Musikkapelle.
Mit vier sollte ich einen Kindergarten besuchen. Die preußische Erziehung, verbunden mit der Pflicht zum Mittagsschlaf, lag mir nicht.
Nachdem ich mir einen Finger beim Ausklappen des Liegestuhls eingeklemmt habe, weigerte ich mich unter lautem Protest weiterhin unterzuordnen.
Damit war meine Kindergartenzeit zu meiner großen Erleichterung schnell abgeschlossen.
Die Neugier und Abenteuerlust waren aber kaum zu bremsen.
Wir wohnten zu der Zeit (bis 1954) in Zentrum der Stadt, ehemaliger Lindenallee, wo auch eine Straßenbahn fuhr und auch sonst ziemlich viel Verkehr war.
Kohle wurde damals noch teilweise mit den Pferdewagen geliefert.
Auch die Postpakete wurden mit besonderen Pferdekutschen befördert.
Ich bewunderte die Kinder, die auf die an der Rückseite der Kutsche vorhandene Treppenstufe aufgesprungen waren, um ein Stück mitzufahren.
Mit meinem kleinen Bruder habe ich mich, während unsere Munia sich wegen einer Erkrankung hingelegt und kurz eingeschlafen war, ohne sie zu stören, heimlich, auf den Weg zu einem Spielplatz gemacht. Interessanter als der Spielplatz war aber eine Baustelle auf die wir unterwegs gestoßen haben.
Ich habe meinen Finger abwechselnd in Löschkalk und Sand getaucht, solange, bis er richtig dick wie

Das geplante Buch soll mit schwarz-weiß Fotos aus der entsprechender Zeit versehen werden.
Darf über eine glückliche Kindheit berichtet werden?
Bringt eine schwere Kindheit Vorteile?

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