Märchen aus 1000 und 2. Hand

Bild von Alf Glocker
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Die Geschichte vom Fischer aus dem Sumpf
(eine absolut schwarze Komödie)

Es lebte einmal ein einfacher Fischer, der war eitel und arm, aber er hatte 2 Weiber und 13 Kinder, dabei kein Geld. Es war seine Gewohnheit dreimal in der Woche eine Frau zu besteigen – mindestens dreimal, oder vielleicht mehr. Das war er sich und der Welt einfach schuldig. Und außerdem reichte es ihm! Der ganze Frust reichte ihm und er brauchte die ehelichen Pflichten als Ventil.
Eines Tages ging er völlig erschöpft von seinem langweiligen Lebenswandel vor die Stadt (um auf göttliche Eingebungen zu warten), und betrachtete deren Sumpf. Er setzte sich nieder, warf einen Blick auf sich selbst und hoffte auf DIE zündende Idee. Als er sich gerade wieder aufraffen wollte zu gehen, sah er einen klitschnassen Sack aus dem Sumpf auftauchen. Neugierig ging er hin und versuchte ihn an sich zu ziehen, aber er hatte nicht die Chutzpe ihn dazu.
Doch er versprach sich etwas von diesem alten Sack und ließ deshalb nicht nach in seinen Anstrengungen, bis er ihn schließlich herausgeschleppt und an sein festes Traumland gebracht hatte. Er fand darin einen großen irdenen Topf, der angefüllt war mit Sand und Schlamm, also mit nichts. Bei diesem Anblick wurde er jähzornig und sagte ärgerlich: „Gott, der uns erhält und nährt, ist ohne Zweifel groß. Aber dies hier ist wirklich ein sehr merkwürdiges Zeichen von ihm“.
Doch er hatte Geduld und er wartete von neuem auf eine göttliche Eingebung – solange, bis der halbe Mond aufgegangen war, dann entdeckte er einen zweiten alten Sack. Auch den versuchte er herauszuziehen, aber er stellte fest, daß der noch unbeweglicher als der erste war. So glaubte er denn, es seien viele schöne Ideen darin versteckt, und er zog und zog, bis er ihn endlich auf’s trockene Land brachte. Er fand darin einen toten Hammel, der erstickt war und mehr stank als er selbst. Als er das wahrnahm, war er sehr bekümmert, er packte den Sack, hob ihn gegen den Himmel und sprach: „Gott, du weißt, es ist heute schon der zweite Fehlgriff, den ich, anstelle von brauchbaren Ideen begangen habe, sehr viel öfter werde ich nicht auf deine Hilfe warten, denn ich bin praktisch talentfrei und mein Schädel ist armselig und leer!
Dann setzte er sich entnervt ein drittes Mal an den Sumpfrand der Stadt. Bald tauchte ein heiliger Strohsack zögerlich auf. Der Fischer ging bis zu den Knien in das abscheulich urbanen Schlammassel um den Fund herauszuziehen, doch diesmal gelang es ihm, trotz aller Anstrengungen nicht, die Beute zu bergen. Deshalb riss er von oben ein Loch in die Maschen des Gewebes und fand darin eine gurkenförmige Flasche aus gelbem Kupfer. Sie war mit einer Bleikapsel verschlossen, die das Siegel „Simsalbim“ trug. Und er war sehr erstaunt, doch noch etwas Interessantes gefunden zu haben.
Da war der Fischer froh und sagte sich: „Wenn ich sie auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten verkaufe, so bringt sie mir sicher mehr als 30 Silberlinge ein“. Er schüttelte sie, und da er sie schwer fand, fuhr er fort: „ich wüsste nur gern, was drin ist!“ Und er nahm sein Messer und schnitt neugierig an dem Blei herum, welches das Siegel Simsalabim trug, bis es sich von der Flasche gelöst hatte; dann stülpte er sie um. Doch es kam nichts zum Vorschein, und der Fischer war sehr erstaunt. Und er stand da und kratzte sich den Kopf. Wieder nichts?
Plötzlich drang starker Rauch aus der Flasche, der stieg bis zum Himmel empor. Und der Rauch verdichtete sich, sank etwas nieder und wurde zu einem schwerfälligen Ochsenfrosch; und der war riesenhaft von Gestalt! Seine Vorder- und Hinterbeine standen auf dem Sand wie die Säulen der Erde, und sein Scheitel streifte die Wolken. Sein Haupt schien wie eine Kuppel, seine Pfoten waren wie Mistgabeln und sein Maul glich einer Grotte im Gestein. Seine Augen aber glühten wie Kohlen im Feuer und sein Blick war ausdruckslos-aggressiv. „Das erinnert mich doch an jemanden“ murmelte der Fischer.
Beim Anblick dieses Ungetüms war der gute Mann natürlich sehr entsetzt und er wusste nicht, was er tun sollte. Als der Frosch den Fischer erblickte, rief er mit Quakestimme: „Sei tapfer, du kleiner eitler Fischer, verzage nicht, denn was du siehst ist der Grund deiner Seele!“
Und der gläubige Fischer rief: „So soll ich in Wahrheit aussehen?“ Und die Erscheinung erklärte: „Ja, da du auf ewig dumm bleiben wirst!“ „Was sagst du da? Wer soll dumm sein? Doch nicht ich, der heute so eindrucksvoll auf sich selbst hingewiesen wurde? Habe ich dich nicht aus dem Verlies einer miserablen Vergangenheit errettet?“ Da quakte der Frosch: „Schweig und überlege dir, wo du in Zukunft leben willst!“
„Da wüsste ich schon was!“ erwiderte der eitle Fischer. „In einem Land wo ich einfach mehr Geld bekomme. Doch was ist das für eine Art, seinen Entdecker anzuquaken?“ Der Riesenfrosch entgegnete: „Höre meine Geschichte, o Unwürdiger!“
Der gläubige Fischer aber rief: „Erzähle rasch, o du Ferner in meiner Nähe, denn siehe, mein Herz sank in den Bauch und der Atem stockt mir in der Nase, als sich dich sah und mich erkannte“. Und der Ochsenfrosch begann zu erzählen.
„Ich bin ein gefährliches Etwas, und der Sumpf ist mein Element. Einst habe ich mich aus ihm erhoben und zog gegen die Geisteskraft, denn ihr war Gewalt gegeben über das Reich der Frösche, gleich welcher Größe. Doch ich ließ mich bannen, ergreifen und in Fesseln schlagen. So führte man mich ad absurdum. Man forderte mich damals auf, von den Ländern des Fortschritts abzulassen, Frieden zu schließen mit der Weltordnung des Geistes, durch Demut und in die Dienste des Guten zu treten. Doch ich weigerte mich. Da ließ man dieses schändliche Gefäß herbeibringen, machte mich zu Schall und Rauch und setzte mich darin gefangen, so, wie du in deiner Stumpfheit gefangengesetzt bist. Dann versiegelte man es mit Blei und drückte das Siegel Simsalbim hinein. Daraufhin warf man mich in diese abscheuliche Vergessenheit.
Wohl hundert Jahre verbrachte ich in dem Morast, derweil ich in meinem Herzen sagte: `Wer immer mich wieder entdeckt, der soll mich küssen, lieben und mich zu seinem Fetisch machen`. Aber es vergingen weitere hundert Jahre, und niemand kam“.
Und als ich so in das 4. Jahrhundert trat, da sprach ich zu mir: `Ich werde wüten und mir alle Schätze der Erde zu eigen machen, wenn mich einer bei sich aufnimmt`. Aber auch dann kam niemand, der mich erduldete. Schließlich geriet ich in entsetzlichen Zorn und schwor in meiner Seele `Verschlucken will ich alle, die mir nicht gehorchen, doch damit ich mich nicht gänzlich undankbar zeige, will ich ihnen zeigen wie sie zu leben haben – tolerant wie ich bin! ` Da warst nun du es, o kleiner, eitler Fischer, der mich befreite, und so darfst du nun leben wie ich es möchte. Also küss mich zum gegenseitigen Einverständnis unserer Absichten! Liebe dich selbst, so bist du stark gegen andere!“
Nach diesen Worten des Frosches sagte der Fischer: „Was ist denn das für ein Schwur?! Habe ich denn eine Wahl, dich nicht zu küssen? Und selbstverständlich werde ich damit einverstanden sein, diesem unserem ekelhaften Weltbild den Vorrang zu verschaffen! O Frosch, ich wünsche mir eine sinnbefreite Zukunft und weitere 13 Kinder. Schenke mir deine Verschlagenheit und ich werde es dir vergelten“.
Da sagte der Frosch: „Das geschieht aber nur wenn du vom rechten Glauben an dich nicht abgehst! Begreifst du auch wirklich, daß man mich lieben muss, um nichts zu verstehen? Sag mir rasch, wie viel du von deinem bisherigen Leben anwenden willst, um mir zu dienen!“
Da dachte sich der Fischer: Ich bin zwar nur ein einfältiger Dummkopf, und der da, welcher der meiner Seele ist, sieht immerhin wie ein mächtiger Riese aus; aber schließlich hat mir die Natur, soviel ich weiß, ziemlich viel Bauernschläue verliehen, das genügt sicher, um Macht über neue Gebiete zu erlangen. Das wollen wir doch noch mal sehen, ob ich das Ruder nicht endlich herum reißen kann. Und so sagte er zu dem Frosch: „Beim sehr erhabenen Siegel Simsalabim beschwöre ich dich: antworte mir wahrheitsgetreu auf das was ich dich jetzt fragen werde! Denn er ahnte schon, wie man mit ihm, dem Frosch, also dem Fischer verfahren würde, wären sie erst erkannt.
Als der Frosch vom erhabenen Siegel Simsalabim hörte, war er sogleich ein wenig betroffen und log: „Ich werde die reine Wahrheit sagen!“
Da fragte der Fischer: „Wie konntest du in deiner ganzen Größe und Gestalt in so einem unbedeutend kleinen Gefäß stecken, das nicht größer ist als mein leerer Kopf, o ungeheuerliches Breitmaul, in welches doch nicht einmal ein einziger vernünftiger Gedanke hinein passt?“
„Das ist doch wohl Ansichtssache, erwiderte der monströse Riesenfrosch, „du wirst sehen, daß einem Breitmaul wie mir alles möglich ist? Du ewiger Narr, du sahst doch, wie ich herauskam! Bist du denn dümmer als die Polizei erlaubt?“
„So genau sah ich gerade nicht hin“, sagte der Fischer, „nein, weißt du, die Sache kann ich nicht glauben – es sei denn, ich sähe dich mit eigenen Augen wieder in dieses Gefäß hineinspazieren! Schließlich bist du doch jetzt auch nicht nur Schall und Rauch“.
Da rüttelte und schüttelte sich das eklige Monster und wurde wieder zu einer Rauchwolke, die stand zwischen Himmel und Erde. Und sie wurde dünner und kleiner und drang ein in die Flasche – bis endlich der ganze Unsinn wieder darinnen saß als kleines Wölkchen.
Da nahm der Fischer schnell den Deckel aus Blei, der mit dem Siegel Simsalabim versehen war, und verschloss die Öffnung des Gefäßes. Dann neigte er seinen Mund zu dem Verschluss und rief: „He, du da drin! Nun pflege du dort deine Lebensart, die eigentlich meine ist! Fürwahr, ich wusste zwar, daß es beindruckende und weniger beindruckende Frösche gibt, aber du gehörst zu denen, die sehr beindruckend, aber auch furchtbar verblendet sind! O du Unflat aus der Flasche und Vater der Großspurigkeit! Am besten ich werfe dich wohl in deinen angestammten Sumpf zurück, denn ein paar weitere Jahrhunderte voller Einfalt und Langeweile sind sicher der beste Lohn für so einen Trottel wie dich! Leb wohl, o Giergeist; ich wünsche dir ein geruhsames Jahrtausend!“
An dieser Stelle merkte der Fischer, daß er eingeschlafen und einen Alptraum gehabt hatte. Im Traum war er entlarvt worden und hatte Angst vor dem bekommen was er war, ohne gewusst zu haben was das ist. Dabei durfte das niemals passieren, denn wo er sich auch bald aufhalten würde: er musste jede Art von Bloßstellung tunlichst vermeiden. Und im Aufwachen hörte er noch den Breitmaulfrosch rufen: „Nicht doch, nicht doch!“ Aber der Fischer schüttelte sich ängstlich, im Angesicht der Wirklichkeit und er hatte einen Augenblick lang das Gefühl, er müsse nach Hause gehen und genau dort verweilen, um damit die übrige Welt mit Wohltaten zu überschütten. Zuhause konnte er immerhin unbehelligt der angewandten Nutzlosigkeit frönen.
Dann jedoch wurde ihm leider bewusst, daß er ja ohne fremde Hilfe völlig hilflos ist und er beschloss wieder einzuschlafen, denn nun sollten ihm bessere Träume einen geeigneten Weg aus dem Dilemma seiner selbstverschuldeten Mittellosigkeit zeigen…

©Alf Glocker

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Kommentare

09. Jan 2015

Ohne Kreide kannst du auf eine leeren Tafel nicht schreiben.
Die Geschichte gefällt mir, wenn sie auch - teilweise nur - ein aufbereitetes Märchen ist, aber immerhin mit DEINEN Mitteln und ausgearbeitet. Wenn Deine Migräne vorbei ist (was bald geschehen möge!), kannst Du die Geschichte ja nochmal auf Flüchtigkeitsfehler (!) überprüfen.

09. Jan 2015

Originell, kreativ und bunt, wie meist!
(Mit mehr Geist als der Flaschengeist...)
LG Axel

10. Jan 2015

Ich war gerne in den Zeilen, durfte Dank dir hier verweilen! LG!

10. Jan 2015

Mach ich!
Sie wird grade nochmal umgeschrieben. So manches kommt gar nicht rüber.
LGs an alle!

Alf

11. Jan 2015

Achtung, die Geschichte wurde rigoros neu bearbeitet!
LG Alf

13. Jan 2015

Nach der Bearbeitung gefällt mir die Geschichte mehr (oder besser), weil sie weniger verworren ist, ohne an Phantasie eingebüßt zu haben. Wenn du zu im Folgenden aufgeführten Fehlerchen noch die Interpunktionsfehler beseitigen würdest ...
Seite 1:
"...Chutzpe ihn dazu..."
"...in das abscheulich urbanen Schlammassel..." ???
hier und auf Seite 2 je ein "a" unterschlagen: 2...die das Siegel „Simsalbim“..."
Seite 2:
Vergangenheitsform: "...der Atem stockt mir..."
Seite 3:
hier fehlt ein "war": "...daß er eingeschlafen und ..."
(Das sind zumindest die, die mir spontan aufgefallen sind...)