Wenn zwei Menschen in einer Beziehung nicht mehr weiter wissen, können sie eine „Paarberatung“ in Anspruch nehmen. Wenn aber einer davon schon eine ganz bestimmte Lösung anstrebt, dann hat der ein schweres Los! Was aber war los gewesen? Der Teufel! Und wen hatte er geritten? Stein natürlich – wen sonst?!
Die größte aller denkbarer Katastrophen war eingetreten, die man sich überhaupt nur vorstellen konnte: Nach der jahrelangen Sexverweigerung bzw. der Erschwerung für Stein, Satisfaktion zu erlangen, war er fremdgegangen! Ein schier unglaublicher Vorgang! Zu allen seinen Schwächen und schlechten Charaktereigenschaften war nun auch noch die Untreue hinzugekommen. Miss Mutig war außer sich …
Wie aber hatte es jemals so weit kommen können? Nun, es hing natürlich damit zusammen, daß sich Sohwass von Schlapp einbildete, ein Künstler sein zu müssen, obwohl er doch in allem, was er tat, eine glatte Null (0) war. Was aber zeichnet einen Künstler aus? Sohwass war natürlich der Meinung, daß ein Künstler auch ein Modell haben müsse. Aber er hatte doch Miss Mutig! Nein, Miss Mutig „hatte“ er nicht!
Sie verabscheute es, ihm einen oder mehrere Gefallen zu erweisen – und wenn, dann höchstens vielleicht, was und wann SIE wollte. Das Modellstehen sah Stein, der Mann ohne Herz, jedoch stets als erotischen Akt an, also als einen Vorgang, der auch ein bisschen mit seiner sexuellen Befriedigung verbunden war, denn er hielt sich für einen „Augenmenschen“,
für jemanden also, der bereits durch das bloße Anschauen von Attraktionen schon zufriedenzustellen war. Miss Mutig wusste das natürlich.
Und darauf baute sie ihren Herrschaftsanspruch auf. Wenn Stein schon etwas wollte, dann sollte er sich gefälligst dafür auch dankbar erweisen … am besten damit, daß er seinen Anspruch, Künstler zu sein, sofort aufgab. Erotik konnte es geben, aber halt als „Erotik“ und nicht als Kunst. Und wenn es sie gab, dann genau zu dem Zweck, den Miss Mutig sich ausgedacht hatte. Stein befriedigte das jedoch leider nicht wirklich …
Die fatale Folge daraus gipfelte in Steins fortwährender Suche nach Ersatz! Und die Umsetzung dieser bösen Absicht war für ihn nicht unbedingt schwer zu verwirklichen, denn es gab tatsächlich Mädchen und Frauen, die seinem Ansinnen aufgeschlossen entgegenkamen. Zu Miss Mutigs Leidwesen sprach ihn sogar immer wieder ein hübsches „Kind“ ganz von selbst darauf an.
Teils gefielen einigen anderen Frauen Steins Bilder, teils gefiel ihnen Stein selbst – und aus dieser fruchtbaren Mischung entstand dann der Hexenkessel der Verzweiflung Miss Mutigs und der üblen Nachrede ihrer Freundinnen. Man munkelte nicht nur, daß Sohwass mit allen Modellen „was hatte“, man wusste es einfach! „Man muss ihn sich doch bloß einmal ansehen“, munkelten sie, oder „dem ist alles zuzutrauen!“
Den Tatsachen entsprach allerdings, daß der schüchterne Stein sich kaum traute, mit einem der schönen Geschöpfe dieser Erde etwas direkt Erotisches anzufangen. Er dachte sich nur immer ansprechendere Posen aus und er verfiel geradezu in rauschähnliche Zustände, wenn er solche Kreationen begeistert betrachten konnte. Das verschaffte ihm die Sicherheit, annehmen zu dürfen, daß daraus keine Schwangerschaften entstehen können.
Die ungeheure Lebenskraft Miss Mutigs vor Augen versuchte er allen Anfechtungen dieser Art tunlichst aus dem Weg zu gehen, weshalb er auch sämtliche strahlenden Blicke und selbst die Präsentationen ansehnlichster Fleischteile scheinbar übersah, obwohl er „innerlich“ (wenn es so etwas überhaupt bei ihm gab) schier vor Leidenschaft platzte! Aber sicher ist sicher, dachte er bei sich und irrte sich trotzdem!
Denn EIN schönes Model ließ nicht locker! Sie sprach ihn quasi von der Seite an und meinte: „Sag einmal, merkst du denn gar nicht, daß ich dich mag?“ Daraufhin streckte sie sich und küsste sie ihn einfach, worauf er sofort „umfiel“ und einem, lange nicht mehr empfundenen, Gefühl unterlag! Die ihn in Besitz nehmende Faszination, diesem Geschöpf gegenüber, ließ ihn Dinge tun, die er ewig nicht mehr getan hatte und Gedanken denken, die so hirnverbrannt waren wie hemmungslos … in der Selbstvergessenheit liegt das Glück!
Miss Mutig aber hatte Lunte gerochen und ließ den Stein überwachen, damit er nicht ins Rollen kam. Zum nächsten Model-Termin beauftragte sie eine Freundin, den Eingang zum Atelier Steins, das in einem öffentlichen Gebäude in der Altstadt lag, zu beobachten! Sie schlenderte wie zufällig vorbei, als Stein und sein Mitarbeiter R.W. aus dem Auto ausstiegen und gerade die Foto-Utensilien nach oben brachten, denn es sollte eine Fotosession zur späteren Bearbeitung und Erstellung auch digitaler Kunstwerke geben.
Sohwass von Schlapp versuchte sie anzusprechen, aber die Freundin der Miss reagierte nicht. Sie machte sich schleunigst aus dem Staub! Da lag eine Menge Stunk in der Luft. Das war sogar für Stein leicht vorauszusehen, doch seine Moral war wieder einmal sowas von schlapp, wobei seine Lebenslust sich auf einem unmoralischen Höhenpfad bewegte, der einen Absturz geradezu herauszufordern schien. Sein Leben steuerte auf einen jener Kulminationspunkte zu wo ihm deutlich klargemacht wurde, daß er von ihm (dem Leben) einfach nichts Definitives zu erwarten hatte. Das kannte er schon gut aus Erfahrung, aber diesmal machte es ihm nichts aus. Im Gegenteil: Er setzte R.W., den Freund und Mitarbeiter, sachlich davon in Kenntnis, daß heute noch etwas Schlimmes passieren würde.
Dann passierte es tatsächlich! Mitten in der reizenden Session – R.W. posierte gerade nackt mit dem ebenfalls nackten Model, eine Teufel-Engel-Szene darstellend, als Miss Mutig die Ateliertüre aufriss und mit weit aufgerissenen Augen schrie: „Was ist denn das hier für eine Schweinerei?!“ Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und fuhr nach Hause, wo sie sofort die Türen verschloss.
Sohwass, der Stein, brach die Session entnervt ab – auch auf Anraten des niedlichen Models, das er heute tatsächlich noch zu verführen gedacht, oder sich verführen zu lassen geplant hatte, und ging ebenfalls „heim“. Als er ankam, stellte er jedoch fest, daß dieses „Heim“, jedenfalls für den Augenblick, gar nicht mehr existierte: Miss Mutig hatte ihn missmutig ausgesperrt! „Du kommst mir hier nicht mehr rein!“, tönte sie entschlossen. Doch der Stein ließ sich nicht abwimmeln. Er rollte vor der Türe des Wintergartens herum und meinte: „Mach doch keinen Blödsinn, du hast doch auch deine Eigenheiten!“
Das war nun wieder typisch Sowass von Schlapp: Kein Gefühl, kein Einfühlungsvermögen und Mitgefühl schon gar nicht. Aber Miss Mutig wäre nicht Miss Mutig gewesen, wenn sie nicht großzügig eingelenkt hätte. „Gut, von mir aus kannst du bleiben“, sagte sie trocken, „aber du musst dich mit mir einer Paarberatung unterziehen, mir schwören, daß du das Model niemals wiedersiehst und dich in Zukunft überhaupt besser und rücksichtsvoller benimmst!“ Stein wurde weich und willigte ein …
„Merk dir eines“, drohte Miss Mutig, „den Berater suche ICH aus und er darf auf keinen Fall eine Frau sein, der du dann heimtückisch den Kopf verdrehen kannst!“ Stein war das völlig egal, denn er sollte jetzt endlich eine Gelegenheit bekommen, sich auch einmal beklagen zu dürfen … dachte er jedenfalls.
Dann kam der Tag der Entscheidung! Stein und die Miss saßen, Auge in Auge, einem durchaus stattlichen Mann gegenüber, der beide eingehend musterte und sich, nach ein paar kleineren psychologisch klugen Vorbereitungsritualen, wie lautem Schreien, die Standpunkte der beiden erklären ließ.
Miss Mutig forderte den Beistand des Beraters, indem sie Stein anklagte, ihn der Untreue beschuldigte und sie erwartete nun umgehend auch eine Maßregelung des Verbrechers. Der stattliche Mann betrachtete sie wohlwollend. Dann erwähnte von Schlapp, was die Miss, seiner unmaßgeblichen Meinung, nach alles versäumt habe: „Sie macht sich für mich nicht schön – weder äußerlich noch innerlich, sie weiß, daß ich langes Frauenhaar liebe, deshalb trägt sie es so kurz wie möglich, sie weiß, daß ich es liebe, wenn sie kommt, deshalb vermeidet sie es, einen Orgasmus zu haben! Auch hätte ich gerne gelegentlich ein Lob von ihr, aber sie tut alles, um mich kleinzumachen, wenn wir unter uns sind und vor anderen sowieso. Sie gibt allen recht, die über mich herfallen!“
„Und was habt ihr denn nun, Sie und das Model getan, als ihr im Atelier gewesen seid, und warum nehmen Sie kein anderes Model – Ihre Frau zum Beispiel?“ Stein antwortete nach besten Wissen, aber mit schlechtem Gewissen: „Wir, das Model und ich, haben alles getan, was man Erotisches tun kann, außer dem richtigen Geschlechtsverkehr, das war mir zu gefährlich. Ein anderes nehme ich deshalb nicht, weil diese kleine Frau so überaus nett zu mir ist und so offen für alles. Meine Frau will kein Model sein – das hat sie früher ein paarmal gemacht, aber sie fand es jedes Mal abstoßend!“
Der gute Mann, seines Zeichens Paarberater, bekam große Augen, die vom Stein zu Miss Mutig, hin und her wanderten, dann beging er einen Kardinalfehler. „Ja, warum haben Sie denn den Geschlechtsverkehr mit dem Model vermieden?“, entfuhr es ihm. Miss Mutig erschrak! Sie fühlte sich zurecht verraten von dem unverschämten Berater und überhaupt von der ganzen Welt! Und diese Einstellung änderte sich auch nicht mehr, als der Mensch nun zwischen den beiden Parteien zu vermitteln versuchte … die Paarberatung wurde abgebrochen! Der Miss blieb nichts anderes übrig, als sich einem neuen Liebhaber zuzuwenden … Stein durfte bleiben.
Kommentare
Heftig! Da geht ja echt der Punk ab!!
Ja, die Story scheint schon heftig -
Grade darum wirkt sie - kräftig!
LG Axel
Vielen Dank liebe Freunde
Gruß
Alf