Er war ein Meister seiner Zeit
und zog umher im Bettelkleid
Des abends fand er einen Ort,
ein Bauernhaus, und blieb auch dort
Duchnässt und furchtbar müde zwar
nahm ihn die Frau doch, wie er war
Er durfte bleiben eine Nacht.
Zuerst hielt er am Schrein die Wacht,
sprach ein paar Verse ganz allein
Die Kinder sahen scheu herein.
Er spürte in dem Haus das Leid,
viel Schmerz und Kummer, Einsamkeit
"Was ist geschehen?" fragte er,
"was macht es Euch so furchtbar schwer?"
Die Mutter sprach: "Es ist mein Mann,
der von der Sucht nicht lassen kann
Er spielt, ist trunken noch dazu,
kommt spät nach Haus, ist völlig zu".
"Ich will Dir helfen", sagt der Mann
"so mache noch den kleinen Gang
und kaufe Fisch und guten Wein
Den Rest lass meine Sorge sein!"
Die Frau, sie ging, er blieb im Haus,
saß still mit Würde gradeaus
Der Gatte kam zu später Stund'
mit einer Fahne vor dem Mund
Er brüllte: "Frau, ich habe Durst!
Bring mir vom Fisch und etwas Wurst!"
Der Meister war noch wach und rief:
"Sie gab mir Obdach, schläft schon tief.
Als Dank hab i c h Euch Fisch und Wein
So tut Euch gütlich, schenkt Euch ein!"
Der aß und trank, war ganz entzückt
und schlief und schnarchte wie verrückt
Es saß bei ihm die ganze Nacht
der Meister und hielt still die Wacht
Am Morgen stand der Mann spät auf
Er wußte nichts mehr, fragte drauf,
wer er denn sei und was da war.
Der sagte es ihm ruhig und klar.
Der Mann, er schämte sich so sehr
Es war ihm eine schlimme Lehr',
wie er sich da benommen hat
Der Meister gab ihm einen Rat:
"Das Leben geht sehr schnell vorbei,
mit Geld und Spiel und Trinkerei
Die Zeit für Gutes wird Euch fehlen
und werdet die Familie quälen!"
Die Worte war'n noch kaum verhallt,
da überfiel es ihn ganz kalt
"Lasst mich Euch dienen eine Zeit,
Das Bündel trag ich gern und weit!"
Er trug die Sachen eine Meile,
dann fünf, dann zehn. "Ich teile
mein Leben mit Euch und mein Glück!"
Er kehrte niemals mehr zurück
2016-17 nach einer Geschichte des japanischen Zen-Meisters Gudo.