RENNEN oder SCHWIMMEN ...?

Bild von Annelie Kelch
Bibliothek

Ein RENHAI einst sehr traurig war -
Was bin ich eigentlich?, so dachte es:
Ein RENtier oder gar ein böser HAI?
Das Leben schien ihm sehr verdrießlich, unbezwingbar;
kaum wüsst' es Antwort auf die Frage, wäre es vorbei.

Der HAI sehr viele spitze Zähne hat,
ein würdiges Geweih: das stolze REN.
Schwimm ich im Meer, so dachte es, lauf ich ins Watt?,
neck' ich den Jäger auf der Pirsch bei Solingen?

Das RENHAI lange nicht zur Ruhe kam:
Es dachte hin, es dachte her.
Sein Schädel brummte Tag und Nacht
und machte ihm das Leben wahrlich schwer.

Es ging zu einem REN-HAI-Spezialisten,
doch dieser fragte bloß: Was wollen S' denn gerne sein?
Wollen Sie schwimmen oder rennen auf den Pisten?,
ach, es war elendig zumute und es fühlte sich so klein.

Bis es ein Beilhieb traf – das arme RENHAI war geraten
ganz zufällig in einen Schuppen und auf einen schnöden Holzbock:
Das REN – es rannte nach der Bluttat unter Schock
gen Lappland, zu den eig'nen Rentierarten.
Doch auch der HAI entkam und schleppte sich zum Ozean ...
dort fraß er viel und wuchs heran zu einem HAItiermann -
und sehnte sich nach seinem RENtier - dann und wann.

Das Renhai gehört mit seinen drei Strophen (Versen) zu den kürzeren Renku-Dichtungen. Quelle: Haiku-Foyer-Claudia-Brefeldt.de
Darüber hinaus möchte ich auf einen Artikel von Alexandra Mankarios im Amnesty Journal 06/07/2017 hinweisen: Jedes Jahr landen in Deutschland intergeschlechtliche Kinder (!) auf dem OP-Tisch. Viele leiden ein Leben lang unter den Folgen der Behandlung, die vor allem ein Ziel hat: Die Operierten in eine Gesellschaft einzupassen, die nur männlich und weiblich kennt. Das ist der Vorspann. Der Artikel macht sehr betroffen.
Außerdem waren Vorbild für den Aufbau dieser Verse: die Gedichte von Axel Englert.

Interne Verweise

Kommentare

02. Jun 2017

Mir jefällt det Jedicht! Det Bild ooch! Nich zu knapp!
(Aba ENGLART als VORBILD?! Ick lach mir schlapp!)

jez. Bertha Krause!
(in die Pause von die Pause!)

02. Jun 2017

Dank Bertha, diar, für deenen duften Kommenta,
ick fühle miar wieda ma sehr jebumfidelt -
deen Scheff mir nuar für dit Jedicht een Vorbild wa:
schreibt der doch ständich solche Doppeldecker-Zeilen.
Dit muss man manchmal zweemal lesen und verweilen.
Ick hab mitunter schon jedacht bei manchem Text:
Mann, dit is heute aba wieda wie verhext.
Und nu se zu, dat du inne Pötte kommst, Bertha,
sonst kannste lange warten uff deene 100 Euros.

Freundliche Jrüße,
Annelie