Mittag auf dem Dorf

Bild zeigt Annelie Kelch
von Annelie Kelch

Still zog der Mittag auf - die hochherzige Stunde:
sehr schwül, fast ohne Wind und ohne Schatten.
Ich sank ins Kornfeld und betrachtete die Wunde,
die im Getreide rote Mohnblumen gerissen hatten.

Es war die erste Pause nach dem zweiten Wenden -
des Heus auf einer gutsherrlichen Grünlandwiese;
Im Stall, bei Wasser und bei Futterrüben: Grit und Lise.
Ich zählte meine Schwielen ab an beiden Händen,

und mir war heiß wie nie, mich schmerzten alle Glieder,
an körperliche Landarbeit bei Sommerhitze nicht gewöhnt.
Ein süßer Duft vom Feldrain her, darauf ein weißer Flieder,
hat mich mit meinem kleinen Schicksal schnell versöhnt.

Um mich herum war 's wundersam versonnen: ein Idyll,
und reife Weizenähren flüsterten die alte Mär vom Has';
ich lauschte andächtig, die Fabel brachte mir viel Spaß:
Der Igel, der sich mit dem schnellen Hasen messen will.

Ein Adler kreiste unbeirrt im Himmelsblau und sah auf mich hernieder.
Mit offnen Augen träumte ich von jenem Tag, als ich dir sagte: Geh!
Mein liebes Lieb', noch heute tut mir jenes Wörtchen in der Seele weh.
Ich seh' den weißen Wolken nach und weiß, du kommst nicht wieder.

heute, am 05.07.2017, geschrieben

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