Botschaften

von Hans-Walter Voigt

Mir träumte gar von jener Stunde:
des Abends, als die Sonne schwand,
kam oftmals eine stille Kunde
von weither übers Land.

Sie ließ sich nieder auf dem Baume,
dem keine Kunde je entgeht.
Die Botschaft stand im Raume
für den, der sie versteht.

Mir träumte von Bücherwänden,
halbdunkel, verstaubt und still,
und mit den Büchern, die da standen,
sprach ich, sprach ich so viel.

Sichtlich erregt aufgrund der Worte,
von denen jedes Botschaft war,
sah ich zum Vorhang mit der Silberborte,
fahlblau verblichen hing er da.

Und auch die Unbekannten,
nur kurz gesehen, so „déjà-vu“,
die irgendwann am Bahnsteig standen -
wie schnell vergisst man sie...

Dereinst gesehen, bald versunken,
in Paddington, am Gare du Nord,
ein kurzer Blick, noch kurz gewunken,
und alles ist vorbei und fort.

Kein Wimperzucken, keine Trauer,
denn was gewesen, ist getan.
Botschaften aber sind von Dauer
und rühren das, was war, noch an.

Veröffentlicht / Quelle: 
"Das entglittene Wort",www.phantasieraum.de, Deutsche Gedichtebibliothek, www.literaturpodium.de
Gedichtform: 
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